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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Sein Carl machte ihn ihre Unart vergessen.
Er stuhnd, den Baum auf der Achsel, und die
Geiß an der Hand, die Beine wie ein Bauer-
bub verspreitend vor ihm, und sagte: --

Aber du Papa! Die andern Aettj sezen
morn alle ihren Buben die Bäume, willst du
mir meinen auch sezen?

Ja freylich, sagte der Junker.

Aber kannst du es auch? sagte der Bub --
und, ich wills dann probieren, der Junker. --
Siehest du, man muß ein Loch in Boden ma-
chen, aber ein grosses und tiefes, und Schor-
herd drein thun, aber faulen alten, der nicht
brennt, und denn erst den Baum darauf,
nicht tief, und die Grasmotten, die man dazu
legt, muß man umkehren, daß sie nicht an-
wachsen, denn brauchts noch viel viel, bis er
recht stehet, und verdörnt ist.

Junker. Wer hat dir das alles gesagt?

Carl. Meynst du Papa! Die Buben reden
jezt nichts als vom Baumsezen? Sie haben
geglaubt, ich wisse nichts von diesem, aber
meyn, -- ich habe mehr gewußt als sie, und
sie sind doch Baurenbuben.

Junker. Wer hat dirs gesagt?

Carl. Der Herr Rollenberger, der weiß
mehr als alle Bauren -- aber ich muß jezt
gehen, die andern Buben gehen auch mit ih-
ren Geissen. Jezt stand Arner mit seinem

Sein Carl machte ihn ihre Unart vergeſſen.
Er ſtuhnd, den Baum auf der Achſel, und die
Geiß an der Hand, die Beine wie ein Bauer-
bub verſpreitend vor ihm, und ſagte: —

Aber du Papa! Die andern Aettj ſezen
morn alle ihren Buben die Baͤume, willſt du
mir meinen auch ſezen?

Ja freylich, ſagte der Junker.

Aber kannſt du es auch? ſagte der Bub —
und, ich wills dann probieren, der Junker. —
Sieheſt du, man muß ein Loch in Boden ma-
chen, aber ein groſſes und tiefes, und Schor-
herd drein thun, aber faulen alten, der nicht
brennt, und denn erſt den Baum darauf,
nicht tief, und die Grasmotten, die man dazu
legt, muß man umkehren, daß ſie nicht an-
wachſen, denn brauchts noch viel viel, bis er
recht ſtehet, und verdoͤrnt iſt.

Junker. Wer hat dir das alles geſagt?

Carl. Meynſt du Papa! Die Buben reden
jezt nichts als vom Baumſezen? Sie haben
geglaubt, ich wiſſe nichts von dieſem, aber
meyn, — ich habe mehr gewußt als ſie, und
ſie ſind doch Baurenbuben.

Junker. Wer hat dirs geſagt?

Carl. Der Herr Rollenberger, der weiß
mehr als alle Bauren — aber ich muß jezt
gehen, die andern Buben gehen auch mit ih-
ren Geiſſen. Jezt ſtand Arner mit ſeinem

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[121/0143] Sein Carl machte ihn ihre Unart vergeſſen. Er ſtuhnd, den Baum auf der Achſel, und die Geiß an der Hand, die Beine wie ein Bauer- bub verſpreitend vor ihm, und ſagte: — Aber du Papa! Die andern Aettj ſezen morn alle ihren Buben die Baͤume, willſt du mir meinen auch ſezen? Ja freylich, ſagte der Junker. Aber kannſt du es auch? ſagte der Bub — und, ich wills dann probieren, der Junker. — Sieheſt du, man muß ein Loch in Boden ma- chen, aber ein groſſes und tiefes, und Schor- herd drein thun, aber faulen alten, der nicht brennt, und denn erſt den Baum darauf, nicht tief, und die Grasmotten, die man dazu legt, muß man umkehren, daß ſie nicht an- wachſen, denn brauchts noch viel viel, bis er recht ſtehet, und verdoͤrnt iſt. Junker. Wer hat dir das alles geſagt? Carl. Meynſt du Papa! Die Buben reden jezt nichts als vom Baumſezen? Sie haben geglaubt, ich wiſſe nichts von dieſem, aber meyn, — ich habe mehr gewußt als ſie, und ſie ſind doch Baurenbuben. Junker. Wer hat dirs geſagt? Carl. Der Herr Rollenberger, der weiß mehr als alle Bauren — aber ich muß jezt gehen, die andern Buben gehen auch mit ih- ren Geiſſen. Jezt ſtand Arner mit ſeinem

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/143>, abgerufen am 26.04.2024.