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Pischel, Richard: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Berlin, 1903.

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Gedächtnisrede auf Albrecht Weber.

mit dem er sein ganzes Leben hindurch verbunden blieb. 1856 wurde er
hier außerordentlicher, 1867 ordentlicher Professor für altindische Sprache
und Literatur. Seit1857 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften.
Ohne Verzug ging er nach seiner Habilitation an die Verwertung sei-
nes Materials. Von 1849--1859 erschien, zum Teil auf Kosten der East
India Company, seine große, jetzt längst vergriffene Ausgabe des weißen
Yajurveda in den drei Teilen: Vanjasaneyisamhitan, Satapathabranhmana und
Kantyanyanas Srautasutra mit reichlichen Auszügen aus einheimischen Kom-
mentatoren. Bereits in das Jahr 1849 fällt auch die Gründung der Indi-
schen Studien, von denen bis 1898 im ganzen 18 Bände erschienen sind.
Sie waren als eine Zeitschrift für die Kunde des indischen Altertums ge-
plant. Abgesehen von Band 6 und 7, die Aufrechts Ausgabe des Rgveda
enthalten, ist kein Band erschienen, der nicht zum größten Teile von
Weber selbst herrührt. Manche sind sein ausschließliches Eigentum, wie
der 8., der die Metrik der Inder behandelt, der 11. und 12., die die erste
vollständige Ausgabe des schwarzen Yajus in der Rezension der Taittiriyans
enthalten, der 13., der 16. bis auf 6 von 479 Seiten, der 18. mit Ausnahme
des Index. In diesen Indischen Studien steckt eine Fülle von Arbeit,
Gelehrsamkeit und Scharfsinn, die uneingeschränkte Bewunderung verdient.
Weber scheute keine Mühe, um sich in Gebiete einzuarbeiten, die ihm
seiner ganzen Natur nach fernlagen, wie die Metrik, und durch Indices,
die an Genauigkeit und Vollständigkeit unübertrefflich sind, sorgte er da-
für, daß jeder sich leicht über den Inhalt einer Abhandlung vergewissern
und die darin niedergelegten Anschauungen schnell überblicken und wieder-
auffinden konnte.

Von größter Wichtigkeit für Webers literarische Tätigkeit war, daß
durch die Liberalität Friedrich Wilhelm IV. von der Berliner König-
lichen Bibliothek die Handschriftensammlung des Sir Robert Chambers
angekauft wurde. Weber wurde die Katalogisierung übertragen. Bereits
1853 erschien sein Verzeichnis, das im Gegensatz zu den späteren Bänden
(1886, 1888, 1892), in denen er die Neuerwerbungen behandelte, eine
maßvolle Beschränkung in Auszügen aufweist und vorbildlich für ähnliche
Arbeiten geworden ist.

Die Durcharbeitung der Handschriften legte Weber den Gedanken
an eine indische Literaturgeschichte nahe. Noch vor der Veröffentlichung
seines Kataloges erschienen 1852 seine "Akademische Vorlesungen über


Gedächtnisrede auf Albrecht Weber.

mit dem er sein ganzes Leben hindurch verbunden blieb. 1856 wurde er
hier außerordentlicher, 1867 ordentlicher Professor für altindische Sprache
und Literatur. Seit1857 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften.
Ohne Verzug ging er nach seiner Habilitation an die Verwertung sei-
nes Materials. Von 1849—1859 erschien, zum Teil auf Kosten der East
India Company, seine große, jetzt längst vergriffene Ausgabe des weißen
Yajurveda in den drei Teilen: Vājasaneyisamhitā, Satapathabrāhmana und
Kātyāyanas Śrautasūtra mit reichlichen Auszügen aus einheimischen Kom-
mentatoren. Bereits in das Jahr 1849 fällt auch die Gründung der Indi-
schen Studien, von denen bis 1898 im ganzen 18 Bände erschienen sind.
Sie waren als eine Zeitschrift für die Kunde des indischen Altertums ge-
plant. Abgesehen von Band 6 und 7, die Aufrechts Ausgabe des Ṛgveda
enthalten, ist kein Band erschienen, der nicht zum größten Teile von
Weber selbst herrührt. Manche sind sein ausschließliches Eigentum, wie
der 8., der die Metrik der Inder behandelt, der 11. und 12., die die erste
vollständige Ausgabe des schwarzen Yajus in der Rezension der Taittirīyās
enthalten, der 13., der 16. bis auf 6 von 479 Seiten, der 18. mit Ausnahme
des Index. In diesen Indischen Studien steckt eine Fülle von Arbeit,
Gelehrsamkeit und Scharfsinn, die uneingeschränkte Bewunderung verdient.
Weber scheute keine Mühe, um sich in Gebiete einzuarbeiten, die ihm
seiner ganzen Natur nach fernlagen, wie die Metrik, und durch Indices,
die an Genauigkeit und Vollständigkeit unübertrefflich sind, sorgte er da-
für, daß jeder sich leicht über den Inhalt einer Abhandlung vergewissern
und die darin niedergelegten Anschauungen schnell überblicken und wieder-
auffinden konnte.

Von größter Wichtigkeit für Webers literarische Tätigkeit war, daß
durch die Liberalität Friedrich Wilhelm IV. von der Berliner König-
lichen Bibliothek die Handschriftensammlung des Sir Robert Chambers
angekauft wurde. Weber wurde die Katalogisierung übertragen. Bereits
1853 erschien sein Verzeichnis, das im Gegensatz zu den späteren Bänden
(1886, 1888, 1892), in denen er die Neuerwerbungen behandelte, eine
maßvolle Beschränkung in Auszügen aufweist und vorbildlich für ähnliche
Arbeiten geworden ist.

Die Durcharbeitung der Handschriften legte Weber den Gedanken
an eine indische Literaturgeschichte nahe. Noch vor der Veröffentlichung
seines Kataloges erschienen 1852 seine »Akademische Vorlesungen über

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[5/0007] Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. 5 mit dem er sein ganzes Leben hindurch verbunden blieb. 1856 wurde er hier außerordentlicher, 1867 ordentlicher Professor für altindische Sprache und Literatur. Seit1857 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Ohne Verzug ging er nach seiner Habilitation an die Verwertung sei- nes Materials. Von 1849—1859 erschien, zum Teil auf Kosten der East India Company, seine große, jetzt längst vergriffene Ausgabe des weißen Yajurveda in den drei Teilen: Vājasaneyisamhitā, Satapathabrāhmana und Kātyāyanas Śrautasūtra mit reichlichen Auszügen aus einheimischen Kom- mentatoren. Bereits in das Jahr 1849 fällt auch die Gründung der Indi- schen Studien, von denen bis 1898 im ganzen 18 Bände erschienen sind. Sie waren als eine Zeitschrift für die Kunde des indischen Altertums ge- plant. Abgesehen von Band 6 und 7, die Aufrechts Ausgabe des Ṛgveda enthalten, ist kein Band erschienen, der nicht zum größten Teile von Weber selbst herrührt. Manche sind sein ausschließliches Eigentum, wie der 8., der die Metrik der Inder behandelt, der 11. und 12., die die erste vollständige Ausgabe des schwarzen Yajus in der Rezension der Taittirīyās enthalten, der 13., der 16. bis auf 6 von 479 Seiten, der 18. mit Ausnahme des Index. In diesen Indischen Studien steckt eine Fülle von Arbeit, Gelehrsamkeit und Scharfsinn, die uneingeschränkte Bewunderung verdient. Weber scheute keine Mühe, um sich in Gebiete einzuarbeiten, die ihm seiner ganzen Natur nach fernlagen, wie die Metrik, und durch Indices, die an Genauigkeit und Vollständigkeit unübertrefflich sind, sorgte er da- für, daß jeder sich leicht über den Inhalt einer Abhandlung vergewissern und die darin niedergelegten Anschauungen schnell überblicken und wieder- auffinden konnte. Von größter Wichtigkeit für Webers literarische Tätigkeit war, daß durch die Liberalität Friedrich Wilhelm IV. von der Berliner König- lichen Bibliothek die Handschriftensammlung des Sir Robert Chambers angekauft wurde. Weber wurde die Katalogisierung übertragen. Bereits 1853 erschien sein Verzeichnis, das im Gegensatz zu den späteren Bänden (1886, 1888, 1892), in denen er die Neuerwerbungen behandelte, eine maßvolle Beschränkung in Auszügen aufweist und vorbildlich für ähnliche Arbeiten geworden ist. Die Durcharbeitung der Handschriften legte Weber den Gedanken an eine indische Literaturgeschichte nahe. Noch vor der Veröffentlichung seines Kataloges erschienen 1852 seine »Akademische Vorlesungen über

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Zitationshilfe: Pischel, Richard: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Berlin, 1903, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pischel_weber_1903/7>, abgerufen am 30.04.2024.