Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_228.001
Ha, daß vom Schlummer, welcher dich fesselte, ppo_228.002
Da du begannest, durch der Erwachungen ppo_228.003
Zahllose Grade, bis zum hellen ppo_228.004
Traumlosen Mittage deines Daseyns,
ppo_228.005
O Selbstbewußtseyn, ich dich verfolgte, daß ppo_228.006
Von irgend einem schwindelnden Hügel her ppo_228.007
Mein Blick ihn schaute, deinen Lichtstrom, ppo_228.008
Wie er allmählig begann zu wogen,
ppo_228.009
Jetzt dunkel dämmernd sich durch die Nächte wand, ppo_228.010
Jetzt immer heller, heller sich breitete, ppo_228.011
Und jetzt, zu vollem Glanz ergossen, ppo_228.012
Hell, wie der Mittag, sich auf mich senkte!
ppo_228.013
Dich gab der Vater, da er mich wandern hieß, ppo_228.014
Mir zum Geleiter meiner Unsterblichkeit; ppo_228.015
Dich mit dem Staube nicht verwandten ppo_228.016
Kann die Zerstörung mir nicht entreißen.
ppo_228.017
Von Jahr zu Jahr wandelt die Hülle sich, ppo_228.018
Staub mit dem Staube, wechselt und wechselt stets, ppo_228.019
Und doch im Wandeln meiner Hülle ppo_228.020
Stehst du mir fest, wie im Sturm die Eiche.
ppo_228.021
Und o Triumph, Triumph! Wann die morsche fällt, ppo_228.022
Dann folgst du sicher deiner Unsterblichen; ppo_228.023
Wann ihre Trümmer Sturm verwehet, ppo_228.024
Folgst du ihr traulich in ferne Welten.
ppo_228.025
O Selbstbewußtseyn, meiner Unsterblichkeit ppo_228.026
Trugloser Bürge, Urquell der Hoffnungen, ppo_228.027
Die durch des Staubes Moderhülle ppo_228.028
Jn die umdämmerte Seele leuchten!
ppo_228.029
Du bist mir heilig, weil noch wie Epheu sich ppo_228.030
Um meine Glieder Leben und Jugend schlingt; ppo_228.031
Dich werd' ich einst im Todeskampfe ppo_228.032
Noch mit den starrenden Lippen segnen.
ppo_228.001
Ha, daß vom Schlummer, welcher dich fesselte, ppo_228.002
Da du begannest, durch der Erwachungen ppo_228.003
Zahllose Grade, bis zum hellen ppo_228.004
Traumlosen Mittage deines Daseyns,
ppo_228.005
O Selbstbewußtseyn, ich dich verfolgte, daß ppo_228.006
Von irgend einem schwindelnden Hügel her ppo_228.007
Mein Blick ihn schaute, deinen Lichtstrom, ppo_228.008
Wie er allmählig begann zu wogen,
ppo_228.009
Jetzt dunkel dämmernd sich durch die Nächte wand, ppo_228.010
Jetzt immer heller, heller sich breitete, ppo_228.011
Und jetzt, zu vollem Glanz ergossen, ppo_228.012
Hell, wie der Mittag, sich auf mich senkte!
ppo_228.013
Dich gab der Vater, da er mich wandern hieß, ppo_228.014
Mir zum Geleiter meiner Unsterblichkeit; ppo_228.015
Dich mit dem Staube nicht verwandten ppo_228.016
Kann die Zerstörung mir nicht entreißen.
ppo_228.017
Von Jahr zu Jahr wandelt die Hülle sich, ppo_228.018
Staub mit dem Staube, wechselt und wechselt stets, ppo_228.019
Und doch im Wandeln meiner Hülle ppo_228.020
Stehst du mir fest, wie im Sturm die Eiche.
ppo_228.021
Und o Triumph, Triumph! Wann die morsche fällt, ppo_228.022
Dann folgst du sicher deiner Unsterblichen; ppo_228.023
Wann ihre Trümmer Sturm verwehet, ppo_228.024
Folgst du ihr traulich in ferne Welten.
ppo_228.025
O Selbstbewußtseyn, meiner Unsterblichkeit ppo_228.026
Trugloser Bürge, Urquell der Hoffnungen, ppo_228.027
Die durch des Staubes Moderhülle ppo_228.028
Jn die umdämmerte Seele leuchten!
ppo_228.029
Du bist mir heilig, weil noch wie Epheu sich ppo_228.030
Um meine Glieder Leben und Jugend schlingt; ppo_228.031
Dich werd' ich einst im Todeskampfe ppo_228.032
Noch mit den starrenden Lippen segnen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0240" n="228"/>
          <lb n="ppo_228.001"/>
          <lg>
            <l>Ha, daß vom Schlummer, welcher dich fesselte,</l>
            <lb n="ppo_228.002"/>
            <l>Da du begannest, durch der Erwachungen</l>
            <lb n="ppo_228.003"/>
            <l>  Zahllose Grade, bis zum hellen</l>
            <lb n="ppo_228.004"/>
            <l>    Traumlosen Mittage deines Daseyns, </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.005"/>
          <lg>
            <l>O Selbstbewußtseyn, ich dich verfolgte, daß</l>
            <lb n="ppo_228.006"/>
            <l>Von irgend einem schwindelnden Hügel her</l>
            <lb n="ppo_228.007"/>
            <l>  Mein Blick ihn schaute, deinen Lichtstrom,</l>
            <lb n="ppo_228.008"/>
            <l>    Wie er allmählig begann zu wogen, </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.009"/>
          <lg>
            <l>Jetzt dunkel dämmernd sich durch die Nächte wand,</l>
            <lb n="ppo_228.010"/>
            <l>Jetzt immer heller, heller sich breitete,</l>
            <lb n="ppo_228.011"/>
            <l>  Und jetzt, zu vollem Glanz ergossen,</l>
            <lb n="ppo_228.012"/>
            <l>    Hell, wie der Mittag, sich auf mich senkte! </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.013"/>
          <lg>
            <l>Dich gab der Vater, da er mich wandern hieß,</l>
            <lb n="ppo_228.014"/>
            <l>Mir zum Geleiter meiner Unsterblichkeit;</l>
            <lb n="ppo_228.015"/>
            <l>  Dich mit dem Staube nicht verwandten</l>
            <lb n="ppo_228.016"/>
            <l>    Kann die Zerstörung mir nicht entreißen. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.017"/>
          <lg>
            <l>Von Jahr zu Jahr wandelt die Hülle sich,</l>
            <lb n="ppo_228.018"/>
            <l>Staub mit dem Staube, wechselt und wechselt stets,</l>
            <lb n="ppo_228.019"/>
            <l>  Und doch im Wandeln meiner Hülle</l>
            <lb n="ppo_228.020"/>
            <l>    Stehst du mir fest, wie im Sturm die Eiche. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.021"/>
          <lg>
            <l>Und o Triumph, Triumph! Wann die morsche fällt,</l>
            <lb n="ppo_228.022"/>
            <l>Dann folgst du sicher deiner Unsterblichen;</l>
            <lb n="ppo_228.023"/>
            <l>  Wann ihre Trümmer Sturm verwehet,</l>
            <lb n="ppo_228.024"/>
            <l>    Folgst du ihr traulich in ferne Welten. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.025"/>
          <lg>
            <l>O Selbstbewußtseyn, meiner Unsterblichkeit</l>
            <lb n="ppo_228.026"/>
            <l>Trugloser Bürge, Urquell der Hoffnungen,</l>
            <lb n="ppo_228.027"/>
            <l>  Die durch des Staubes Moderhülle</l>
            <lb n="ppo_228.028"/>
            <l>    Jn die umdämmerte Seele leuchten! </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_228.029"/>
          <lg>
            <l>Du bist mir heilig, weil noch wie Epheu sich</l>
            <lb n="ppo_228.030"/>
            <l>Um meine Glieder Leben und Jugend schlingt;</l>
            <lb n="ppo_228.031"/>
            <l>  Dich werd' ich einst im Todeskampfe</l>
            <lb n="ppo_228.032"/>
            <l>    Noch mit den starrenden Lippen segnen.</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0240] ppo_228.001 Ha, daß vom Schlummer, welcher dich fesselte, ppo_228.002 Da du begannest, durch der Erwachungen ppo_228.003 Zahllose Grade, bis zum hellen ppo_228.004 Traumlosen Mittage deines Daseyns, ppo_228.005 O Selbstbewußtseyn, ich dich verfolgte, daß ppo_228.006 Von irgend einem schwindelnden Hügel her ppo_228.007 Mein Blick ihn schaute, deinen Lichtstrom, ppo_228.008 Wie er allmählig begann zu wogen, ppo_228.009 Jetzt dunkel dämmernd sich durch die Nächte wand, ppo_228.010 Jetzt immer heller, heller sich breitete, ppo_228.011 Und jetzt, zu vollem Glanz ergossen, ppo_228.012 Hell, wie der Mittag, sich auf mich senkte! ppo_228.013 Dich gab der Vater, da er mich wandern hieß, ppo_228.014 Mir zum Geleiter meiner Unsterblichkeit; ppo_228.015 Dich mit dem Staube nicht verwandten ppo_228.016 Kann die Zerstörung mir nicht entreißen. ppo_228.017 Von Jahr zu Jahr wandelt die Hülle sich, ppo_228.018 Staub mit dem Staube, wechselt und wechselt stets, ppo_228.019 Und doch im Wandeln meiner Hülle ppo_228.020 Stehst du mir fest, wie im Sturm die Eiche. ppo_228.021 Und o Triumph, Triumph! Wann die morsche fällt, ppo_228.022 Dann folgst du sicher deiner Unsterblichen; ppo_228.023 Wann ihre Trümmer Sturm verwehet, ppo_228.024 Folgst du ihr traulich in ferne Welten. ppo_228.025 O Selbstbewußtseyn, meiner Unsterblichkeit ppo_228.026 Trugloser Bürge, Urquell der Hoffnungen, ppo_228.027 Die durch des Staubes Moderhülle ppo_228.028 Jn die umdämmerte Seele leuchten! ppo_228.029 Du bist mir heilig, weil noch wie Epheu sich ppo_228.030 Um meine Glieder Leben und Jugend schlingt; ppo_228.031 Dich werd' ich einst im Todeskampfe ppo_228.032 Noch mit den starrenden Lippen segnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/240
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/240>, abgerufen am 29.04.2024.