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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Ein alter Bauer den Rath gab: ppo_335.002
Jch rath', wir ziehen wieder ab, ppo_335.003
Und fristen vor dem Kalb unser Leben. ppo_335.004
Wir wollen eine g'meine Steuer geben ppo_335.005
Jn dem ganzen Dorfe durchaus, ppo_335.006
Dem guten Mann bezahlen sein Haus, ppo_335.007
Und wollen darein stoßen ein Feuer, ppo_335.008
Verbrennen sammt dem Kalbungeheuer. ppo_335.009
Die Bauern schrien: fürwahr, jo, jo, ppo_335.010
Das ist der beste Rath also! ppo_335.011
So zündten an das Haus die Bauern, ppo_335.012
Mit gewohnter Hand stunden die Lauern ppo_335.013
Darum fürchten, das Kalb möcht' entrinnen, ppo_335.014
Und in dem Feuer nicht verbrinnen. ppo_335.015
Doch lag das Kalb, konnt noch nicht gehn; ppo_335.016
Das wollt kein närrischer Bauer verstehn. ppo_335.017
Jetzt nahm das Feuer überhand, ppo_335.018
Daß ihm das ganze Dorf abbrannt; ppo_335.019
Deß kamen die Bauern zu großem Schaden. ppo_335.020
Haben seit die Lanzknecht kein Gnaden, ppo_335.021
Und vermeinen des Tages noch heut: ppo_335.022
Lanzknecht sind unglückliche Leut. ppo_335.023
Deshalb herbergens die Bauern nicht gern, ppo_335.024
Thun ihr Beiwohnung sich beschwern, ppo_335.025
Daß ihnen nicht weiter Schaden wachs; ppo_335.026
Von solchen Gästen spricht Hans Sachs.
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3) von Tscherning (+ 1659).

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Ein junger Hirte war zu schreien oft beflissen: ppo_335.029
Kommt, Brüder, helft! Der Wolf hat mir ein Schaf ppo_335.030
erbissen. ppo_335.031
Wenn nun das Hirtenvolk gesammt zur Stelle war; ppo_335.032
Da sprach er: seyd zur Ruh, es hat noch nicht Gefahr, ppo_335.033
Jch habe nur versucht, ob ihr auch wachsam wäret.
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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/347>, abgerufen am 15.05.2024.