Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_355.001
Schaut Vater Zeus mit stiller Lust ppo_355.002
Jn dieses Heiligthum der Liebe. ppo_355.003
Er weint. Der göttlichste der Triebe, ppo_355.004
Das Mitleid, schwellt des Rächers Brust; ppo_355.005
Er wischt den Tod vom Augenliede ppo_355.006
Des Martyrers. Der Pelikan ppo_355.007
Wacht glänzend auf, und der Chronide ppo_355.008
Nimmt ihn zum zweiten Vogel an; ppo_355.009
Doch nicht als Diener seines Zornes, ppo_355.010
Der mit dem Blitz bewaffnet ist; ppo_355.011
Als Träger jenes Segenshornes, ppo_355.012
Das er auf fromme Kinder gießt.
ppo_355.013

12) von Gleim (+ 1803).

ppo_355.014
Zum Löwen sprach der Fuchs: Jch muß ppo_355.015
Dir's endlich nur gestehen, mein Verdruß ppo_355.016
Hat sonst kein Ende; ppo_355.017
Der Esel spricht von dir nicht gut; ppo_355.018
Er sagt: was ich an dir zu loben fände, ppo_355.019
Das wiss' er nicht; dein Heldenmuth ppo_355.020
Sey zweifelhaft; du gäbst ihm keine Proben ppo_355.021
Von Großmuth und Gerechtigkeit; ppo_355.022
Du würgetest die Unschuld, suchtest Streit; ppo_355.023
Er könne dich nicht lieben und nicht loben.
ppo_355.024
Ein Weilchen schwieg der Löwe still; ppo_355.025
Dann aber sprach er: Fuchs, er spreche, was er will; ppo_355.026
Denn was von mir ein Esel spricht, ppo_355.027
Das acht' ich nicht.
ppo_355.028

13) von Ewald Christian v. Kleist (+ 1759).

ppo_355.029

Der gelähmte Kranich.

ppo_355.030
Der Herbst entlaubte schon den bunten Hain ppo_355.031
Und streut' aus kalter Luft Reif auf die Flur;
ppo_355.001
Schaut Vater Zeus mit stiller Lust ppo_355.002
Jn dieses Heiligthum der Liebe. ppo_355.003
Er weint. Der göttlichste der Triebe, ppo_355.004
Das Mitleid, schwellt des Rächers Brust; ppo_355.005
Er wischt den Tod vom Augenliede ppo_355.006
Des Martyrers. Der Pelikan ppo_355.007
Wacht glänzend auf, und der Chronide ppo_355.008
Nimmt ihn zum zweiten Vogel an; ppo_355.009
Doch nicht als Diener seines Zornes, ppo_355.010
Der mit dem Blitz bewaffnet ist; ppo_355.011
Als Träger jenes Segenshornes, ppo_355.012
Das er auf fromme Kinder gießt.
ppo_355.013

12) von Gleim († 1803).

ppo_355.014
Zum Löwen sprach der Fuchs: Jch muß ppo_355.015
Dir's endlich nur gestehen, mein Verdruß ppo_355.016
Hat sonst kein Ende; ppo_355.017
Der Esel spricht von dir nicht gut; ppo_355.018
Er sagt: was ich an dir zu loben fände, ppo_355.019
Das wiss' er nicht; dein Heldenmuth ppo_355.020
Sey zweifelhaft; du gäbst ihm keine Proben ppo_355.021
Von Großmuth und Gerechtigkeit; ppo_355.022
Du würgetest die Unschuld, suchtest Streit; ppo_355.023
Er könne dich nicht lieben und nicht loben.
ppo_355.024
Ein Weilchen schwieg der Löwe still; ppo_355.025
Dann aber sprach er: Fuchs, er spreche, was er will; ppo_355.026
Denn was von mir ein Esel spricht, ppo_355.027
Das acht' ich nicht.
ppo_355.028

13) von Ewald Christian v. Kleist († 1759).

ppo_355.029

Der gelähmte Kranich.

ppo_355.030
Der Herbst entlaubte schon den bunten Hain ppo_355.031
Und streut' aus kalter Luft Reif auf die Flur;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0367" n="355"/>
          <lb n="ppo_355.001"/>
          <lg>
            <l>Schaut Vater Zeus mit stiller Lust</l>
            <lb n="ppo_355.002"/>
            <l>Jn dieses Heiligthum der Liebe.</l>
            <lb n="ppo_355.003"/>
            <l>Er weint. Der göttlichste der Triebe,</l>
            <lb n="ppo_355.004"/>
            <l>Das Mitleid, schwellt des Rächers Brust;</l>
            <lb n="ppo_355.005"/>
            <l>Er wischt den Tod vom Augenliede</l>
            <lb n="ppo_355.006"/>
            <l>Des Martyrers. Der Pelikan</l>
            <lb n="ppo_355.007"/>
            <l>Wacht glänzend auf, und der Chronide</l>
            <lb n="ppo_355.008"/>
            <l>Nimmt ihn zum zweiten Vogel an;</l>
            <lb n="ppo_355.009"/>
            <l>Doch nicht als Diener seines Zornes,</l>
            <lb n="ppo_355.010"/>
            <l>Der mit dem Blitz bewaffnet ist;</l>
            <lb n="ppo_355.011"/>
            <l>Als Träger jenes Segenshornes,</l>
            <lb n="ppo_355.012"/>
            <l>Das er auf fromme Kinder gießt.</l>
          </lg>
          <lb n="ppo_355.013"/>
          <p> <hi rendition="#et">  12) von <hi rendition="#g">Gleim</hi> (&#x2020; 1803).</hi> </p>
          <lb n="ppo_355.014"/>
          <lg>
            <l>  Zum Löwen sprach der Fuchs: Jch muß</l>
            <lb n="ppo_355.015"/>
            <l>Dir's endlich nur gestehen, mein Verdruß</l>
            <lb n="ppo_355.016"/>
            <l>Hat sonst kein Ende;</l>
            <lb n="ppo_355.017"/>
            <l>Der Esel spricht von dir nicht gut;</l>
            <lb n="ppo_355.018"/>
            <l>Er sagt: was ich an dir zu loben fände,</l>
            <lb n="ppo_355.019"/>
            <l>Das wiss' er nicht; dein Heldenmuth</l>
            <lb n="ppo_355.020"/>
            <l>Sey zweifelhaft; du gäbst ihm keine Proben</l>
            <lb n="ppo_355.021"/>
            <l>Von Großmuth und Gerechtigkeit;</l>
            <lb n="ppo_355.022"/>
            <l>Du würgetest die Unschuld, suchtest Streit;</l>
            <lb n="ppo_355.023"/>
            <l>Er könne dich nicht lieben und nicht loben. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_355.024"/>
          <lg>
            <l>  Ein Weilchen schwieg der Löwe still;</l>
            <lb n="ppo_355.025"/>
            <l>Dann aber sprach er: Fuchs, er spreche, was er will;</l>
            <lb n="ppo_355.026"/>
            <l>Denn was von mir ein Esel spricht,</l>
            <lb n="ppo_355.027"/>
            <l>Das acht' ich nicht.</l>
          </lg>
          <lb n="ppo_355.028"/>
          <p> <hi rendition="#et">  13) von Ewald Christian v. <hi rendition="#g">Kleist</hi> (&#x2020; 1759).</hi> </p>
          <lb n="ppo_355.029"/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der gelähmte Kranich.</hi> </hi> </p>
          <lb n="ppo_355.030"/>
          <lg>
            <l>  Der Herbst entlaubte schon den bunten Hain</l>
            <lb n="ppo_355.031"/>
            <l>Und streut' aus kalter Luft Reif auf die Flur;</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0367] ppo_355.001 Schaut Vater Zeus mit stiller Lust ppo_355.002 Jn dieses Heiligthum der Liebe. ppo_355.003 Er weint. Der göttlichste der Triebe, ppo_355.004 Das Mitleid, schwellt des Rächers Brust; ppo_355.005 Er wischt den Tod vom Augenliede ppo_355.006 Des Martyrers. Der Pelikan ppo_355.007 Wacht glänzend auf, und der Chronide ppo_355.008 Nimmt ihn zum zweiten Vogel an; ppo_355.009 Doch nicht als Diener seines Zornes, ppo_355.010 Der mit dem Blitz bewaffnet ist; ppo_355.011 Als Träger jenes Segenshornes, ppo_355.012 Das er auf fromme Kinder gießt. ppo_355.013 12) von Gleim († 1803). ppo_355.014 Zum Löwen sprach der Fuchs: Jch muß ppo_355.015 Dir's endlich nur gestehen, mein Verdruß ppo_355.016 Hat sonst kein Ende; ppo_355.017 Der Esel spricht von dir nicht gut; ppo_355.018 Er sagt: was ich an dir zu loben fände, ppo_355.019 Das wiss' er nicht; dein Heldenmuth ppo_355.020 Sey zweifelhaft; du gäbst ihm keine Proben ppo_355.021 Von Großmuth und Gerechtigkeit; ppo_355.022 Du würgetest die Unschuld, suchtest Streit; ppo_355.023 Er könne dich nicht lieben und nicht loben. ppo_355.024 Ein Weilchen schwieg der Löwe still; ppo_355.025 Dann aber sprach er: Fuchs, er spreche, was er will; ppo_355.026 Denn was von mir ein Esel spricht, ppo_355.027 Das acht' ich nicht. ppo_355.028 13) von Ewald Christian v. Kleist († 1759). ppo_355.029 Der gelähmte Kranich. ppo_355.030 Der Herbst entlaubte schon den bunten Hain ppo_355.031 Und streut' aus kalter Luft Reif auf die Flur;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/367
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/367>, abgerufen am 15.05.2024.