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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch] den, allein dieses entstehet nirgend an-
ders her, als daß ihm falsche Namen ge-
geben worden, oder weil man sie ver-
fälschet hat, wie ich gleich ietzo berichten
werde.

Terpentin
von Chio.

Der erste und auch der theuerste Ter-
pentin
ist der aus Chio: rinnet aus
dem Stamm und starcken Aesten eines
Baumes von mittelmäßiger Höhe, der
Terpentinbaum genannt, welcher
häuffig in der Jnsel Chio/ Cypern/
Spanien,
und auch in Franckreich
wächst. Diese Bäume treiben grüne
Blätter; Blüte und Früchte sehen wie
Siehe Fig. 307.die Figurweiset. Der Früchte giebt es
zweyerley: die einen sind so dicke, wie
die Haselnüsse, und sehen wie die Pista-
zien; die andern sehen den Wachhol-
derbeeren gleich. Allein, weil wir we-
der mit diesen noch mit jenen zu handeln
pflegen, derohalben will ich den Leser
zu denenjenigen Büchern weisen,, wel-
che deren Meldung thun. Was nun
den Terpentin von Chio betrift, der-
selbe soll eine dichte Consistentz haben,
bey nahe weder Geschmack noch Ge-
ruch, eine weisse Farbe, die sich doch aufs
grüne ziehet, und so wenig als möglich,
an den Händen und Fingern kleben
bleibt. Dabey soll man Achtung ge-
ben, daß es kein Terpentin aus dem
Holtze bey Pilatre
sey, den man prä-
pariret, das ist, kochen und bis zur Helf-
te eintrucknen läßt; denn diesen ver-
kauffen ihrer etliche, wiewohl fälschlich,
für den aufrechten Terpentin aus Chio.
Jedoch ist solches ohnschwer aus dem
starcken Geruch zu mercken, und daß er
an den Zähnen behangen bleibt, dane-
ben bitter schmeckt, und wohlfeil ist, da
wir dagegen das Pfund des rechten
Terpentins aus Chio unter 6. bis 7.
Francken aufs mindeste, nicht schaffen
können.

Darum auch, und weil dieser Ter-
pentin so gar theuer ist, wird er wenig
zur Artzney gebrauchet, und das weni-
ge, das davon verthan wird, verdient
kaum, daß man davon rede. Ja wenn
nicht annoch einige curieuse Leute und
rechtschaffene Apothecker wären, wel-
che den Theriac machen, oder ihn auch
andere Privatpersonen nicht gebrauche-
ten, so glaube ich, daß man die Mühe
nicht mehr nehme, und ihn bringen lies-
se. Doch rühret dieses zum Theil da-
[Spaltenumbruch] her, weil es Leute giebet, die den Ter-
pentin aus dem Holtze bey Pilatre

und Forest an dieses Stelle verkauffen,
dafür man sich also zu hüten hat.

Die andere Gattung des Terpentins
ist der de bois de Pilatre, aus dem Hol-
tze bey Pilatre/
welchen wir unter dem
falschen Namen des Venedischen Ter-
pentins
verkauffen, und absonderlich
bey grosser Hitze aus den Lerchen-Fich-Siehe Fig. 308.
und 309.

ten- und Tannenbäumen, ohne daß sie
aufgeritzet worden, rinnet. Dieser
Terpentin, oder vielmehr, natürliche
Balsam, wird von den Leuten im Lyo-
nischen
Gebiete Bijon genennet: Wie-Bijon.
wohl das wenige, das sie uns davon
übersenden, kaum der Rede werth ist.
Allein daran ist unsere Unwissenheit
Schuld und Ursache, indem sie ihn uns
für weissen Peruvianischen Balsam
verkauffen. Jedoch, was die Kraft
und Tugend betrifft, da wird einer wohl
nicht betrogen, denn ich versichern kan,
daß der wahrhafte Bijon oder Terpen-
rin,
der ohne Schnitt herausgelauffen,
eben soviel Kraft habe, als der weisse
Peruvianische Balsam. Welches denn
des Herrn Furetiere Berichte schnur-
stracks entgegen läuft, als welcher ge-
meldet, der Bijon sey eine Waare, wel-
che die Apothecker an statt des Terpen-
tins einzuschieben pflegten; so aber ein
ziemlicher Schnitzer. Sie habens bes-
ser gelernet: denn erstlich koster ein
Pfund des rechten Bijon mehr als sechs
Untzen Terpentin: zum andern bin ich
sicher, daß sehr wenig Apothecker, ja
wohl gar Spezereyhändler in Paris
wissen, was es ist. Drittens halte ich
dafür, daß wenn iemand zehen Pfund
Bijon nöthig hätte, er Mühe genug ha-
ben dürfte, bis er sie gefunden, da er
hingegen wohl 5000. Pfund Terpentin
antreffen solte.

Allein, wieder auf unsern also ge-
nannten Venedischen Terpentin zu
kommen; von dem will ich annoch ver-
melden, daß die Bizeards, welches ar-
me Leute sind, die sich in dem Holtze
bey Pilatre und in den Gebirgen auf-
halten, und die Bäume, wenn sie sehen,
daß sie nichts mehr geben, aufreissen,
da dann ein Saft, wie klar Wasser her-
aus laufft, welcher gelblicht weiß siehet,
und wenn er älter worden, dicke wird,
und eine Citronenfarbe überkommt.

Wann
D d 2

Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch] den, allein dieſes entſtehet nirgend an-
ders her, als daß ihm falſche Namen ge-
geben worden, oder weil man ſie ver-
faͤlſchet hat, wie ich gleich ietzo berichten
werde.

Terpentin
von Chio.

Der erſte und auch der theuerſte Ter-
pentin
iſt der aus Chio: rinnet aus
dem Stamm und ſtarcken Aeſten eines
Baumes von mittelmaͤßiger Hoͤhe, der
Terpentinbaum genannt, welcher
haͤuffig in der Jnſel Chio/ Cypern/
Spanien,
und auch in Franckreich
waͤchſt. Dieſe Baͤume treiben gruͤne
Blaͤtter; Bluͤte und Fruͤchte ſehen wie
Siehe Fig. 307.die Figurweiſet. Der Fruͤchte giebt es
zweyerley: die einen ſind ſo dicke, wie
die Haſelnuͤſſe, und ſehen wie die Piſta-
zien; die andern ſehen den Wachhol-
derbeeren gleich. Allein, weil wir we-
der mit dieſen noch mit jenen zu handeln
pflegen, derohalben will ich den Leſer
zu denenjenigen Buͤchern weiſen,, wel-
che deren Meldung thun. Was nun
den Terpentin von Chio betrift, der-
ſelbe ſoll eine dichte Conſiſtentz haben,
bey nahe weder Geſchmack noch Ge-
ruch, eine weiſſe Farbe, die ſich doch aufs
gruͤne ziehet, und ſo wenig als moͤglich,
an den Haͤnden und Fingern kleben
bleibt. Dabey ſoll man Achtung ge-
ben, daß es kein Terpentin aus dem
Holtze bey Pilatre
ſey, den man praͤ-
pariret, das iſt, kochen und bis zur Helf-
te eintrucknen laͤßt; denn dieſen ver-
kauffen ihrer etliche, wiewohl faͤlſchlich,
fuͤr den aufrechten Terpentin aus Chio.
Jedoch iſt ſolches ohnſchwer aus dem
ſtarcken Geruch zu mercken, und daß er
an den Zaͤhnen behangen bleibt, dane-
ben bitter ſchmeckt, und wohlfeil iſt, da
wir dagegen das Pfund des rechten
Terpentins aus Chio unter 6. bis 7.
Francken aufs mindeſte, nicht ſchaffen
koͤnnen.

Darum auch, und weil dieſer Ter-
pentin ſo gar theuer iſt, wird er wenig
zur Artzney gebrauchet, und das weni-
ge, das davon verthan wird, verdient
kaum, daß man davon rede. Ja wenn
nicht annoch einige curieuſe Leute und
rechtſchaffene Apothecker waͤren, wel-
che den Theriac machen, oder ihn auch
andere Privatperſonen nicht gebrauche-
ten, ſo glaube ich, daß man die Muͤhe
nicht mehr nehme, und ihn bringen lieſ-
ſe. Doch ruͤhret dieſes zum Theil da-
[Spaltenumbruch] her, weil es Leute giebet, die den Ter-
pentin aus dem Holtze bey Pilatre

und Foreſt an dieſes Stelle verkauffen,
dafuͤr man ſich alſo zu huͤten hat.

Die andere Gattung des Terpentins
iſt der de bois de Pilatre, aus dem Hol-
tze bey Pilatre/
welchen wir unter dem
falſchen Namen des Venediſchen Ter-
pentins
verkauffen, und abſonderlich
bey groſſer Hitze aus den Lerchen-Fich-Siehe Fig. 308.
und 309.

ten- und Tannenbaͤumen, ohne daß ſie
aufgeritzet worden, rinnet. Dieſer
Terpentin, oder vielmehr, natuͤrliche
Balſam, wird von den Leuten im Lyo-
niſchen
Gebiete Bijon genennet: Wie-Bijon.
wohl das wenige, das ſie uns davon
uͤberſenden, kaum der Rede werth iſt.
Allein daran iſt unſere Unwiſſenheit
Schuld und Urſache, indem ſie ihn uns
fuͤr weiſſen Peruvianiſchen Balſam
verkauffen. Jedoch, was die Kraft
und Tugend betrifft, da wird einer wohl
nicht betrogen, denn ich verſichern kan,
daß der wahrhafte Bijon oder Terpen-
rin,
der ohne Schnitt herausgelauffen,
eben ſoviel Kraft habe, als der weiſſe
Peruvianiſche Balſam. Welches denn
des Herrn Furetiere Berichte ſchnur-
ſtracks entgegen laͤuft, als welcher ge-
meldet, der Bijon ſey eine Waare, wel-
che die Apothecker an ſtatt des Terpen-
tins einzuſchieben pflegten; ſo aber ein
ziemlicher Schnitzer. Sie habens beſ-
ſer gelernet: denn erſtlich koſter ein
Pfund des rechten Bijon mehr als ſechs
Untzen Terpentin: zum andern bin ich
ſicher, daß ſehr wenig Apothecker, ja
wohl gar Spezereyhaͤndler in Paris
wiſſen, was es iſt. Drittens halte ich
dafuͤr, daß wenn iemand zehen Pfund
Bijon noͤthig haͤtte, er Muͤhe genug ha-
ben duͤrfte, bis er ſie gefunden, da er
hingegen wohl 5000. Pfund Terpentin
antreffen ſolte.

Allein, wieder auf unſern alſo ge-
nannten Venediſchen Terpentin zu
kommen; von dem will ich annoch ver-
melden, daß die Bizeards, welches ar-
me Leute ſind, die ſich in dem Holtze
bey Pilatre und in den Gebirgen auf-
halten, und die Baͤume, wenn ſie ſehen,
daß ſie nichts mehr geben, aufreiſſen,
da dann ein Saft, wie klar Waſſer her-
aus laufft, welcher gelblicht weiß ſiehet,
und wenn er aͤlter worden, dicke wird,
und eine Citronenfarbe uͤberkommt.

Wann
D d 2
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[0331] Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch. den, allein dieſes entſtehet nirgend an- ders her, als daß ihm falſche Namen ge- geben worden, oder weil man ſie ver- faͤlſchet hat, wie ich gleich ietzo berichten werde. Der erſte und auch der theuerſte Ter- pentin iſt der aus Chio: rinnet aus dem Stamm und ſtarcken Aeſten eines Baumes von mittelmaͤßiger Hoͤhe, der Terpentinbaum genannt, welcher haͤuffig in der Jnſel Chio/ Cypern/ Spanien, und auch in Franckreich waͤchſt. Dieſe Baͤume treiben gruͤne Blaͤtter; Bluͤte und Fruͤchte ſehen wie die Figurweiſet. Der Fruͤchte giebt es zweyerley: die einen ſind ſo dicke, wie die Haſelnuͤſſe, und ſehen wie die Piſta- zien; die andern ſehen den Wachhol- derbeeren gleich. Allein, weil wir we- der mit dieſen noch mit jenen zu handeln pflegen, derohalben will ich den Leſer zu denenjenigen Buͤchern weiſen,, wel- che deren Meldung thun. Was nun den Terpentin von Chio betrift, der- ſelbe ſoll eine dichte Conſiſtentz haben, bey nahe weder Geſchmack noch Ge- ruch, eine weiſſe Farbe, die ſich doch aufs gruͤne ziehet, und ſo wenig als moͤglich, an den Haͤnden und Fingern kleben bleibt. Dabey ſoll man Achtung ge- ben, daß es kein Terpentin aus dem Holtze bey Pilatre ſey, den man praͤ- pariret, das iſt, kochen und bis zur Helf- te eintrucknen laͤßt; denn dieſen ver- kauffen ihrer etliche, wiewohl faͤlſchlich, fuͤr den aufrechten Terpentin aus Chio. Jedoch iſt ſolches ohnſchwer aus dem ſtarcken Geruch zu mercken, und daß er an den Zaͤhnen behangen bleibt, dane- ben bitter ſchmeckt, und wohlfeil iſt, da wir dagegen das Pfund des rechten Terpentins aus Chio unter 6. bis 7. Francken aufs mindeſte, nicht ſchaffen koͤnnen. Siehe Fig. 307. Darum auch, und weil dieſer Ter- pentin ſo gar theuer iſt, wird er wenig zur Artzney gebrauchet, und das weni- ge, das davon verthan wird, verdient kaum, daß man davon rede. Ja wenn nicht annoch einige curieuſe Leute und rechtſchaffene Apothecker waͤren, wel- che den Theriac machen, oder ihn auch andere Privatperſonen nicht gebrauche- ten, ſo glaube ich, daß man die Muͤhe nicht mehr nehme, und ihn bringen lieſ- ſe. Doch ruͤhret dieſes zum Theil da- her, weil es Leute giebet, die den Ter- pentin aus dem Holtze bey Pilatre und Foreſt an dieſes Stelle verkauffen, dafuͤr man ſich alſo zu huͤten hat. Die andere Gattung des Terpentins iſt der de bois de Pilatre, aus dem Hol- tze bey Pilatre/ welchen wir unter dem falſchen Namen des Venediſchen Ter- pentins verkauffen, und abſonderlich bey groſſer Hitze aus den Lerchen-Fich- ten- und Tannenbaͤumen, ohne daß ſie aufgeritzet worden, rinnet. Dieſer Terpentin, oder vielmehr, natuͤrliche Balſam, wird von den Leuten im Lyo- niſchen Gebiete Bijon genennet: Wie- wohl das wenige, das ſie uns davon uͤberſenden, kaum der Rede werth iſt. Allein daran iſt unſere Unwiſſenheit Schuld und Urſache, indem ſie ihn uns fuͤr weiſſen Peruvianiſchen Balſam verkauffen. Jedoch, was die Kraft und Tugend betrifft, da wird einer wohl nicht betrogen, denn ich verſichern kan, daß der wahrhafte Bijon oder Terpen- rin, der ohne Schnitt herausgelauffen, eben ſoviel Kraft habe, als der weiſſe Peruvianiſche Balſam. Welches denn des Herrn Furetiere Berichte ſchnur- ſtracks entgegen laͤuft, als welcher ge- meldet, der Bijon ſey eine Waare, wel- che die Apothecker an ſtatt des Terpen- tins einzuſchieben pflegten; ſo aber ein ziemlicher Schnitzer. Sie habens beſ- ſer gelernet: denn erſtlich koſter ein Pfund des rechten Bijon mehr als ſechs Untzen Terpentin: zum andern bin ich ſicher, daß ſehr wenig Apothecker, ja wohl gar Spezereyhaͤndler in Paris wiſſen, was es iſt. Drittens halte ich dafuͤr, daß wenn iemand zehen Pfund Bijon noͤthig haͤtte, er Muͤhe genug ha- ben duͤrfte, bis er ſie gefunden, da er hingegen wohl 5000. Pfund Terpentin antreffen ſolte. Siehe Fig. 308. und 309. Bijon. Allein, wieder auf unſern alſo ge- nannten Venediſchen Terpentin zu kommen; von dem will ich annoch ver- melden, daß die Bizeards, welches ar- me Leute ſind, die ſich in dem Holtze bey Pilatre und in den Gebirgen auf- halten, und die Baͤume, wenn ſie ſehen, daß ſie nichts mehr geben, aufreiſſen, da dann ein Saft, wie klar Waſſer her- aus laufft, welcher gelblicht weiß ſiehet, und wenn er aͤlter worden, dicke wird, und eine Citronenfarbe uͤberkommt. Wann D d 2

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/331>, abgerufen am 28.04.2024.