Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

noch gänzlich unbekannt. Doch findet man in
den großen morgenländischen Städten einige,
die eine Sonnenfinsterniß nach des Ulugh Beighs
Tabellen berechnen können. Die Parsi oder
Feueranbeter, gebrauchen auch die Tabellen des
Ulugh Beigh. Die Bramanen sollen es noch
weiter in der Sternkunde gebracht haben, als
die Parsi und Mohammedaner.

Es ist nicht nur den morgenländischen Stern-
kundigen, sondern auch allen vernünftigen Mo-
hammedanern sehr wohl bekannt, daß der Erd-
schatten eine Mondfinsterniß, und der Mond
in seinen Stande zwischen der Sonne und der
Erde, eine Sonnenfinsterniß verursacht. Un-
ter dem Pöbel hört man noch die Fabel, daß
die Himmelskörper bey ihrer Verfinsterung von
einem großen Fisch verfolgt werden. Die Wei-
ber und Kinder bringen alsdann geschwinde ih-
re metallene Becken und Kessel auf ihre Häuser,
und machen ein großes Getöse, um den Fisch
zu verjagen. Unser Verfasser hat sie dabey so
vergnügt gesehen, daß er glaubt, sie thäten es,
um sich an dieser einfältigen Musik zu vergnü-
gen, oder welches noch wahrscheinlicher sey, um
ihre Nachbarn aufmersam zu machen, damit
auch sie die Finsterniß beobachten sollen. Von
dem Ursprunge dieser Gewohnheit, erzählt man
folgende Geschichte:

Ein arabischer Sternkundiger, Namens
Naser et tausi, hatte eine Mondfinsterniß be-
rechnet, und hofte gut belohnt zu werden, wenn

er

noch gaͤnzlich unbekannt. Doch findet man in
den großen morgenlaͤndiſchen Staͤdten einige,
die eine Sonnenfinſterniß nach des Ulugh Beighs
Tabellen berechnen koͤnnen. Die Parſi oder
Feueranbeter, gebrauchen auch die Tabellen des
Ulugh Beigh. Die Bramânen ſollen es noch
weiter in der Sternkunde gebracht haben, als
die Parſi und Mohammedaner.

Es iſt nicht nur den morgenlaͤndiſchen Stern-
kundigen, ſondern auch allen vernuͤnftigen Mo-
hammedanern ſehr wohl bekannt, daß der Erd-
ſchatten eine Mondfinſterniß, und der Mond
in ſeinen Stande zwiſchen der Sonne und der
Erde, eine Sonnenfinſterniß verurſacht. Un-
ter dem Poͤbel hoͤrt man noch die Fabel, daß
die Himmelskoͤrper bey ihrer Verfinſterung von
einem großen Fiſch verfolgt werden. Die Wei-
ber und Kinder bringen alsdann geſchwinde ih-
re metallene Becken und Keſſel auf ihre Haͤuſer,
und machen ein großes Getoͤſe, um den Fiſch
zu verjagen. Unſer Verfaſſer hat ſie dabey ſo
vergnuͤgt geſehen, daß er glaubt, ſie thaͤten es,
um ſich an dieſer einfaͤltigen Muſik zu vergnuͤ-
gen, oder welches noch wahrſcheinlicher ſey, um
ihre Nachbarn aufmerſam zu machen, damit
auch ſie die Finſterniß beobachten ſollen. Von
dem Urſprunge dieſer Gewohnheit, erzaͤhlt man
folgende Geſchichte:

Ein arabiſcher Sternkundiger, Namens
Naſer et tûſi, hatte eine Mondfinſterniß be-
rechnet, und hofte gut belohnt zu werden, wenn

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0266" n="240"/>
noch ga&#x0364;nzlich unbekannt. Doch findet man in<lb/>
den großen morgenla&#x0364;ndi&#x017F;chen Sta&#x0364;dten einige,<lb/>
die eine Sonnenfin&#x017F;terniß nach des Ulugh Beighs<lb/>
Tabellen berechnen ko&#x0364;nnen. Die Par&#x017F;i oder<lb/>
Feueranbeter, gebrauchen auch die Tabellen des<lb/>
Ulugh Beigh. Die <hi rendition="#fr">Bram</hi><hi rendition="#aq">â</hi><hi rendition="#fr">nen</hi> &#x017F;ollen es noch<lb/>
weiter in der Sternkunde gebracht haben, als<lb/>
die Par&#x017F;i und Mohammedaner.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t nicht nur den morgenla&#x0364;ndi&#x017F;chen Stern-<lb/>
kundigen, &#x017F;ondern auch allen vernu&#x0364;nftigen Mo-<lb/>
hammedanern &#x017F;ehr wohl bekannt, daß der Erd-<lb/>
&#x017F;chatten eine Mondfin&#x017F;terniß, und der Mond<lb/>
in &#x017F;einen Stande zwi&#x017F;chen der Sonne und der<lb/>
Erde, eine Sonnenfin&#x017F;terniß verur&#x017F;acht. Un-<lb/>
ter dem Po&#x0364;bel ho&#x0364;rt man noch die Fabel, daß<lb/>
die Himmelsko&#x0364;rper bey ihrer Verfin&#x017F;terung von<lb/>
einem großen Fi&#x017F;ch verfolgt werden. Die Wei-<lb/>
ber und Kinder bringen alsdann ge&#x017F;chwinde ih-<lb/>
re metallene Becken und Ke&#x017F;&#x017F;el auf ihre Ha&#x0364;u&#x017F;er,<lb/>
und machen ein großes Geto&#x0364;&#x017F;e, um den Fi&#x017F;ch<lb/>
zu verjagen. Un&#x017F;er Verfa&#x017F;&#x017F;er hat &#x017F;ie dabey &#x017F;o<lb/>
vergnu&#x0364;gt ge&#x017F;ehen, daß er glaubt, &#x017F;ie tha&#x0364;ten es,<lb/>
um &#x017F;ich an die&#x017F;er einfa&#x0364;ltigen Mu&#x017F;ik zu vergnu&#x0364;-<lb/>
gen, oder welches noch wahr&#x017F;cheinlicher &#x017F;ey, um<lb/>
ihre Nachbarn aufmer&#x017F;am zu machen, damit<lb/>
auch &#x017F;ie die Fin&#x017F;terniß beobachten &#x017F;ollen. Von<lb/>
dem Ur&#x017F;prunge die&#x017F;er Gewohnheit, erza&#x0364;hlt man<lb/>
folgende Ge&#x017F;chichte:</p><lb/>
          <p>Ein arabi&#x017F;cher Sternkundiger, Namens<lb/><hi rendition="#fr">Na&#x017F;er et t</hi><hi rendition="#aq">û</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;i,</hi> hatte eine Mondfin&#x017F;terniß be-<lb/>
rechnet, und hofte gut belohnt zu werden, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0266] noch gaͤnzlich unbekannt. Doch findet man in den großen morgenlaͤndiſchen Staͤdten einige, die eine Sonnenfinſterniß nach des Ulugh Beighs Tabellen berechnen koͤnnen. Die Parſi oder Feueranbeter, gebrauchen auch die Tabellen des Ulugh Beigh. Die Bramânen ſollen es noch weiter in der Sternkunde gebracht haben, als die Parſi und Mohammedaner. Es iſt nicht nur den morgenlaͤndiſchen Stern- kundigen, ſondern auch allen vernuͤnftigen Mo- hammedanern ſehr wohl bekannt, daß der Erd- ſchatten eine Mondfinſterniß, und der Mond in ſeinen Stande zwiſchen der Sonne und der Erde, eine Sonnenfinſterniß verurſacht. Un- ter dem Poͤbel hoͤrt man noch die Fabel, daß die Himmelskoͤrper bey ihrer Verfinſterung von einem großen Fiſch verfolgt werden. Die Wei- ber und Kinder bringen alsdann geſchwinde ih- re metallene Becken und Keſſel auf ihre Haͤuſer, und machen ein großes Getoͤſe, um den Fiſch zu verjagen. Unſer Verfaſſer hat ſie dabey ſo vergnuͤgt geſehen, daß er glaubt, ſie thaͤten es, um ſich an dieſer einfaͤltigen Muſik zu vergnuͤ- gen, oder welches noch wahrſcheinlicher ſey, um ihre Nachbarn aufmerſam zu machen, damit auch ſie die Finſterniß beobachten ſollen. Von dem Urſprunge dieſer Gewohnheit, erzaͤhlt man folgende Geſchichte: Ein arabiſcher Sternkundiger, Namens Naſer et tûſi, hatte eine Mondfinſterniß be- rechnet, und hofte gut belohnt zu werden, wenn er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/266
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/266>, abgerufen am 14.06.2024.