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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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Man wird nicht leicht im ganzen Oriente
ein Land finden, das mit einer größern Menge
Tempel oder Klöster angefüllt ist, als dieses.
Alle Klöster und Ordenshäuser von allen Se-
cten, flndet man in den fruchtbarsten und ange-
nehmsten Gegenden des Landes, und gewöhnlich
in großen Städten und an solchen Orten, wo
viele Menschen wohnen, angelegt *). Eine
breite und geräumige Alee, die auf beyden Sei-
ten mit hohen Cypressenbäumen besetzt ist, führt
gerade auf einen Tempelhof oder Mia zu.
Die meisten solcher Tempel findet man in einem
angenehmen Gehölze, oder an einem abhängi-
gen und grün bewachsenen Hügel, zu welchem
man durch wohlangelegte steinerne Stufen in
die Höhe steigt. -- Die Bauart der Tempel-
pforten sieht ganz einfältig aus. Ueber der

Pforte
*) Ich finde in diesem Stücke die Reisebeschreiber
in ihren Erzählungen ganz verschieden. Vare-
nins
uud andre berichten, daß dergleichen präch-
tige Tempel nicht nur in den Städten, sondern
auch auf dem platten Lande und auf Bergen,
ja so gar in den Wüsteneien häufig zu finden
sind. Er sagt weiter, daß diejenigen Tempel,
die am weitesten und einsamsten liegen, an
Pracht und Reichthum die andern überträfen,
auch von dem Volke am meisten besucht wür-
den. -- Ich kann mich von der Wahrheit dieser
Behauptung nicht überzeigen, und stimme der
Erzählung des Kämpfers bey, der als der Haupt-
mann, in allem was Japan betrifft, angesehen
werden muß.

Man wird nicht leicht im ganzen Oriente
ein Land finden, das mit einer groͤßern Menge
Tempel oder Kloͤſter angefuͤllt iſt, als dieſes.
Alle Kloͤſter und Ordenshaͤuſer von allen Se-
cten, flndet man in den fruchtbarſten und ange-
nehmſten Gegenden des Landes, und gewoͤhnlich
in großen Staͤdten und an ſolchen Orten, wo
viele Menſchen wohnen, angelegt *). Eine
breite und geraͤumige Alee, die auf beyden Sei-
ten mit hohen Cypreſſenbaͤumen beſetzt iſt, fuͤhrt
gerade auf einen Tempelhof oder Mia zu.
Die meiſten ſolcher Tempel findet man in einem
angenehmen Gehoͤlze, oder an einem abhaͤngi-
gen und gruͤn bewachſenen Huͤgel, zu welchem
man durch wohlangelegte ſteinerne Stufen in
die Hoͤhe ſteigt. — Die Bauart der Tempel-
pforten ſieht ganz einfaͤltig aus. Ueber der

Pforte
*) Ich finde in dieſem Stuͤcke die Reiſebeſchreiber
in ihren Erzaͤhlungen ganz verſchieden. Vare-
nins
uud andre berichten, daß dergleichen praͤch-
tige Tempel nicht nur in den Staͤdten, ſondern
auch auf dem platten Lande und auf Bergen,
ja ſo gar in den Wuͤſteneien haͤufig zu finden
ſind. Er ſagt weiter, daß diejenigen Tempel,
die am weiteſten und einſamſten liegen, an
Pracht und Reichthum die andern uͤbertraͤfen,
auch von dem Volke am meiſten beſucht wuͤr-
den. — Ich kann mich von der Wahrheit dieſer
Behauptung nicht uͤberzeigen, und ſtimme der
Erzaͤhlung des Kaͤmpfers bey, der als der Haupt-
mann, in allem was Japan betrifft, angeſehen
werden muß.
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[15/0041] Man wird nicht leicht im ganzen Oriente ein Land finden, das mit einer groͤßern Menge Tempel oder Kloͤſter angefuͤllt iſt, als dieſes. Alle Kloͤſter und Ordenshaͤuſer von allen Se- cten, flndet man in den fruchtbarſten und ange- nehmſten Gegenden des Landes, und gewoͤhnlich in großen Staͤdten und an ſolchen Orten, wo viele Menſchen wohnen, angelegt *). Eine breite und geraͤumige Alee, die auf beyden Sei- ten mit hohen Cypreſſenbaͤumen beſetzt iſt, fuͤhrt gerade auf einen Tempelhof oder Mia zu. Die meiſten ſolcher Tempel findet man in einem angenehmen Gehoͤlze, oder an einem abhaͤngi- gen und gruͤn bewachſenen Huͤgel, zu welchem man durch wohlangelegte ſteinerne Stufen in die Hoͤhe ſteigt. — Die Bauart der Tempel- pforten ſieht ganz einfaͤltig aus. Ueber der Pforte *) Ich finde in dieſem Stuͤcke die Reiſebeſchreiber in ihren Erzaͤhlungen ganz verſchieden. Vare- nins uud andre berichten, daß dergleichen praͤch- tige Tempel nicht nur in den Staͤdten, ſondern auch auf dem platten Lande und auf Bergen, ja ſo gar in den Wuͤſteneien haͤufig zu finden ſind. Er ſagt weiter, daß diejenigen Tempel, die am weiteſten und einſamſten liegen, an Pracht und Reichthum die andern uͤbertraͤfen, auch von dem Volke am meiſten beſucht wuͤr- den. — Ich kann mich von der Wahrheit dieſer Behauptung nicht uͤberzeigen, und ſtimme der Erzaͤhlung des Kaͤmpfers bey, der als der Haupt- mann, in allem was Japan betrifft, angeſehen werden muß.

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/41>, abgerufen am 01.05.2024.