Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
Curieuse Reise-Beschreibung. I. Cap.

Jch überlegte meinen itzigen Zustand sehr offt,
daß ich keine Freunde hatte, und sahe, daß ich
nicht durch Gunst meines Capitains (ob sie auch
noch so groß wäre) zum Sergeanten-Dienst gelan-
gen konte. Weil ich auch anitzo wenig zu thun
hatte, so gieng ich erst zum Zeit-Vertaeib, her-
nach aus Lust und Eyfer allzeit in die Kirche.
Dis wurde ich zuletzt gewohnt, so daß ich keine
einige Messe und Predigt versäumte. Das ge-
fiel meinem Capitain ungemein wohl, der auch
deßhalb meinen Sold auf 1 1/2 Rthlr. erhöhete.
Jch konte von einem Thaler leben, schickte da-
her meinen Eltern alle Monat 2. Rthlr. dis
gefiel und belohnete GOtt und Menschen,
denn GOtt segnete mich auf eine besondere
Weise, wie es das vierdte Gebot verspricht.

Mein Capitain, der nicht sehr geitzig war, gab
mir seine etwas abgetragene Kleider; Jch führte
mich nunmehr als ein Cadet auf, und bekam auch
dadurch, so wol als durch mein fleißig Kirchen-
Gehen
die Bekanntschafft mit einem Priester,
der ein sehr frommer, gelehrter und alter
Mann
war. Als er meinen Lebenslauff ange-
höret, bat er mich, daß ich alle Montage und
Freytag des Mittags bey ihm zum Essen kommen
solte, so ich auch annahm, worauf mir mein Capi-
tain
noch mehr gewogen wurde, als vor diesem.

Jch hatte mein Quartier bey einem Böttcher,
der ein alter ehrlicher Bürger war, da ich vor
Zeit-Vertreib ihm halff die Reiffe scheelen und
weiß machen. Jch machte mir aus Zeit-Vertreib
ein Schurtz-Fell vor, und kriegte solche Lust zum

bött-
Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. I. Cap.

Jch uͤberlegte meinen itzigen Zuſtand ſehr offt,
daß ich keine Freunde hatte, und ſahe, daß ich
nicht durch Gunſt meines Capitains (ob ſie auch
noch ſo groß waͤre) zum Sergeanten-Dienſt gelan-
gen konte. Weil ich auch anitzo wenig zu thun
hatte, ſo gieng ich erſt zum Zeit-Vertaeib, her-
nach aus Luſt und Eyfer allzeit in die Kirche.
Dis wurde ich zuletzt gewohnt, ſo daß ich keine
einige Meſſe und Predigt verſaͤumte. Das ge-
fiel meinem Capitain ungemein wohl, der auch
deßhalb meinen Sold auf 1 ½ Rthlr. erhoͤhete.
Jch konte von einem Thaler leben, ſchickte da-
her meinen Eltern alle Monat 2. Rthlr. dis
gefiel und belohnete GOtt und Menſchen,
denn GOtt ſegnete mich auf eine beſondere
Weiſe, wie es das vierdte Gebot verſpricht.

Mein Capitain, der nicht ſehr geitzig war, gab
mir ſeine etwas abgetragene Kleider; Jch fuͤhrte
mich nunmehr als ein Cadet auf, und bekam auch
dadurch, ſo wol als durch mein fleißig Kirchen-
Gehen
die Bekanntſchafft mit einem Prieſter,
der ein ſehr frommer, gelehrter und alter
Mann
war. Als er meinen Lebenslauff ange-
hoͤret, bat er mich, daß ich alle Montage und
Freytag des Mittags bey ihm zum Eſſen kommen
ſolte, ſo ich auch annahm, worauf mir mein Capi-
tain
noch mehr gewogen wurde, als vor dieſem.

Jch hatte mein Quartier bey einem Boͤttcher,
der ein alter ehrlicher Buͤrger war, da ich vor
Zeit-Vertreib ihm halff die Reiffe ſcheelen und
weiß machen. Jch machte mir aus Zeit-Vertreib
ein Schurtz-Fell vor, und kriegte ſolche Luſt zum

boͤtt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0026" n="6"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Curieu&#x017F;e</hi> Rei&#x017F;e-Be&#x017F;chreibung. <hi rendition="#aq">I. Cap.</hi></hi> </fw><lb/>
          <p>Jch u&#x0364;berlegte meinen itzigen Zu&#x017F;tand &#x017F;ehr offt,<lb/>
daß ich keine Freunde hatte, und &#x017F;ahe, daß ich<lb/>
nicht durch Gun&#x017F;t meines <hi rendition="#aq">Capitains</hi> (ob &#x017F;ie auch<lb/>
noch &#x017F;o groß wa&#x0364;re) zum <hi rendition="#aq">Sergeant</hi>en-Dien&#x017F;t gelan-<lb/>
gen konte. Weil ich auch anitzo wenig zu thun<lb/>
hatte, &#x017F;o gieng ich er&#x017F;t zum Zeit-Vertaeib, her-<lb/>
nach aus Lu&#x017F;t und <hi rendition="#fr">Eyfer allzeit in die Kirche.</hi><lb/>
Dis wurde ich zuletzt gewohnt, &#x017F;o daß ich keine<lb/>
einige Me&#x017F;&#x017F;e und Predigt ver&#x017F;a&#x0364;umte. Das ge-<lb/>
fiel meinem <hi rendition="#aq">Capitain</hi> ungemein wohl, der auch<lb/>
deßhalb meinen Sold auf 1 ½ Rthlr. erho&#x0364;hete.<lb/>
Jch konte von einem Thaler leben, <hi rendition="#fr">&#x017F;chickte</hi> da-<lb/>
her <hi rendition="#fr">meinen Eltern alle Monat 2. Rthlr. dis<lb/>
gefiel und belohnete GOtt und Men&#x017F;chen,<lb/>
denn GOtt &#x017F;egnete mich auf eine be&#x017F;ondere<lb/>
Wei&#x017F;e, wie es das vierdte Gebot ver&#x017F;pricht.</hi></p><lb/>
          <p>Mein <hi rendition="#aq">Capitain,</hi> der nicht &#x017F;ehr geitzig war, gab<lb/>
mir &#x017F;eine etwas abgetragene Kleider; Jch fu&#x0364;hrte<lb/>
mich nunmehr als ein <hi rendition="#aq">Cadet</hi> auf, und bekam auch<lb/>
dadurch, &#x017F;o wol als durch mein <hi rendition="#fr">fleißig Kirchen-<lb/>
Gehen</hi> die <hi rendition="#fr">Bekannt&#x017F;chafft</hi> mit einem <hi rendition="#fr">Prie&#x017F;ter,</hi><lb/>
der ein &#x017F;ehr <hi rendition="#fr">frommer, gelehrter</hi> und <hi rendition="#fr">alter<lb/>
Mann</hi> war. Als er meinen Lebenslauff ange-<lb/>
ho&#x0364;ret, bat er mich, daß ich alle Montage und<lb/>
Freytag des Mittags bey ihm zum E&#x017F;&#x017F;en kommen<lb/>
&#x017F;olte, &#x017F;o ich auch annahm, worauf mir mein <hi rendition="#aq">Capi-<lb/>
tain</hi> noch mehr gewogen wurde, als vor die&#x017F;em.</p><lb/>
          <p>Jch hatte mein <hi rendition="#aq">Quartier</hi> bey einem Bo&#x0364;ttcher,<lb/>
der ein <hi rendition="#fr">alter ehrlicher</hi> Bu&#x0364;rger war, da ich vor<lb/>
Zeit-Vertreib ihm halff die Reiffe &#x017F;cheelen und<lb/>
weiß machen. Jch machte mir aus Zeit-Vertreib<lb/>
ein Schurtz-Fell vor, und kriegte &#x017F;olche Lu&#x017F;t zum<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bo&#x0364;tt-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0026] Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. I. Cap. Jch uͤberlegte meinen itzigen Zuſtand ſehr offt, daß ich keine Freunde hatte, und ſahe, daß ich nicht durch Gunſt meines Capitains (ob ſie auch noch ſo groß waͤre) zum Sergeanten-Dienſt gelan- gen konte. Weil ich auch anitzo wenig zu thun hatte, ſo gieng ich erſt zum Zeit-Vertaeib, her- nach aus Luſt und Eyfer allzeit in die Kirche. Dis wurde ich zuletzt gewohnt, ſo daß ich keine einige Meſſe und Predigt verſaͤumte. Das ge- fiel meinem Capitain ungemein wohl, der auch deßhalb meinen Sold auf 1 ½ Rthlr. erhoͤhete. Jch konte von einem Thaler leben, ſchickte da- her meinen Eltern alle Monat 2. Rthlr. dis gefiel und belohnete GOtt und Menſchen, denn GOtt ſegnete mich auf eine beſondere Weiſe, wie es das vierdte Gebot verſpricht. Mein Capitain, der nicht ſehr geitzig war, gab mir ſeine etwas abgetragene Kleider; Jch fuͤhrte mich nunmehr als ein Cadet auf, und bekam auch dadurch, ſo wol als durch mein fleißig Kirchen- Gehen die Bekanntſchafft mit einem Prieſter, der ein ſehr frommer, gelehrter und alter Mann war. Als er meinen Lebenslauff ange- hoͤret, bat er mich, daß ich alle Montage und Freytag des Mittags bey ihm zum Eſſen kommen ſolte, ſo ich auch annahm, worauf mir mein Capi- tain noch mehr gewogen wurde, als vor dieſem. Jch hatte mein Quartier bey einem Boͤttcher, der ein alter ehrlicher Buͤrger war, da ich vor Zeit-Vertreib ihm halff die Reiffe ſcheelen und weiß machen. Jch machte mir aus Zeit-Vertreib ein Schurtz-Fell vor, und kriegte ſolche Luſt zum boͤtt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/26
Zitationshilfe: Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/26>, abgerufen am 29.04.2024.