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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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5) Carl IV. -- Sigism. 1376-1414.
eine solche Aufkündigung (im Jul. 1398.) Allein
Bonifaz der IX. wußte es vielmehr dahin zu brin-
gen, daß der Churfürst von Mainz nebst einigen
seiner Mitchurfürsten selbst dem damaligen Kaiser
Wenzel den Gehorsam aufkündigte, und der Chur-
fürst Ruprecht von der Pfalz an dessen Stelle
zum Kaiser erkläret wurde. Also war nunmehr
über beide sichtbare Oberhäupter der Christenheit,
sowohl das weltliche als das geistliche, ein so ge-
nanntes Schisma, wovon eines dem andern die
Hand zu bieten schien.

Nun blieb nichts übrig, als die Zuflucht zuVIII.
einem Mittel, das schon viele Jahrhunderte hin-
durch nicht mehr im Gange gewesen war, jetzt aber
von vielen für das einzige gehalten wurde, wo-
durch der Sache noch geholfen, und zugleich zu
Abthuung jener Beschwerden, die über Mißbräuche
des päbstlichen Stuhls und der Kirche überhaupt
so laut und allgemein zu werden anfiengen, viel-
leicht noch Rath geschafft werden könnte. Man
dachte nehmlich auf eine Kirchenversammlung, wo-
von man glaubte, daß bey der gegenwärtigen Lage
der Sache eine Anzahl vereinigter Cardinäle von
beiden Obedienzen die nöthige Anstalt dazu machen
könnte.

Die Rirchenversammlung kam glücklichIX.
(1409.) zu Pisa zu Stande, entsetzte auch beide
Päbste, sowohl Gregor den XII. als Benedict den
XIII., ihrer päbstlichen Würde, und ernannte
(1409. Jun. 26.) Alexander den V. (+ 1410. Apr.),
hernach Johann den XXIII. zum neuen Pabste.
Allein jene beide Päbste wollten sich nicht dazu ver-

stehen,

5) Carl IV. — Sigism. 1376-1414.
eine ſolche Aufkuͤndigung (im Jul. 1398.) Allein
Bonifaz der IX. wußte es vielmehr dahin zu brin-
gen, daß der Churfuͤrſt von Mainz nebſt einigen
ſeiner Mitchurfuͤrſten ſelbſt dem damaligen Kaiſer
Wenzel den Gehorſam aufkuͤndigte, und der Chur-
fuͤrſt Ruprecht von der Pfalz an deſſen Stelle
zum Kaiſer erklaͤret wurde. Alſo war nunmehr
uͤber beide ſichtbare Oberhaͤupter der Chriſtenheit,
ſowohl das weltliche als das geiſtliche, ein ſo ge-
nanntes Schisma, wovon eines dem andern die
Hand zu bieten ſchien.

Nun blieb nichts uͤbrig, als die Zuflucht zuVIII.
einem Mittel, das ſchon viele Jahrhunderte hin-
durch nicht mehr im Gange geweſen war, jetzt aber
von vielen fuͤr das einzige gehalten wurde, wo-
durch der Sache noch geholfen, und zugleich zu
Abthuung jener Beſchwerden, die uͤber Mißbraͤuche
des paͤbſtlichen Stuhls und der Kirche uͤberhaupt
ſo laut und allgemein zu werden anfiengen, viel-
leicht noch Rath geſchafft werden koͤnnte. Man
dachte nehmlich auf eine Kirchenverſammlung, wo-
von man glaubte, daß bey der gegenwaͤrtigen Lage
der Sache eine Anzahl vereinigter Cardinaͤle von
beiden Obedienzen die noͤthige Anſtalt dazu machen
koͤnnte.

Die Rirchenverſammlung kam gluͤcklichIX.
(1409.) zu Piſa zu Stande, entſetzte auch beide
Paͤbſte, ſowohl Gregor den XII. als Benedict den
XIII., ihrer paͤbſtlichen Wuͤrde, und ernannte
(1409. Jun. 26.) Alexander den V. († 1410. Apr.),
hernach Johann den XXIII. zum neuen Pabſte.
Allein jene beide Paͤbſte wollten ſich nicht dazu ver-

ſtehen,
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[285/0319] 5) Carl IV. — Sigism. 1376-1414. eine ſolche Aufkuͤndigung (im Jul. 1398.) Allein Bonifaz der IX. wußte es vielmehr dahin zu brin- gen, daß der Churfuͤrſt von Mainz nebſt einigen ſeiner Mitchurfuͤrſten ſelbſt dem damaligen Kaiſer Wenzel den Gehorſam aufkuͤndigte, und der Chur- fuͤrſt Ruprecht von der Pfalz an deſſen Stelle zum Kaiſer erklaͤret wurde. Alſo war nunmehr uͤber beide ſichtbare Oberhaͤupter der Chriſtenheit, ſowohl das weltliche als das geiſtliche, ein ſo ge- nanntes Schisma, wovon eines dem andern die Hand zu bieten ſchien. Nun blieb nichts uͤbrig, als die Zuflucht zu einem Mittel, das ſchon viele Jahrhunderte hin- durch nicht mehr im Gange geweſen war, jetzt aber von vielen fuͤr das einzige gehalten wurde, wo- durch der Sache noch geholfen, und zugleich zu Abthuung jener Beſchwerden, die uͤber Mißbraͤuche des paͤbſtlichen Stuhls und der Kirche uͤberhaupt ſo laut und allgemein zu werden anfiengen, viel- leicht noch Rath geſchafft werden koͤnnte. Man dachte nehmlich auf eine Kirchenverſammlung, wo- von man glaubte, daß bey der gegenwaͤrtigen Lage der Sache eine Anzahl vereinigter Cardinaͤle von beiden Obedienzen die noͤthige Anſtalt dazu machen koͤnnte. VIII. Die Rirchenverſammlung kam gluͤcklich (1409.) zu Piſa zu Stande, entſetzte auch beide Paͤbſte, ſowohl Gregor den XII. als Benedict den XIII., ihrer paͤbſtlichen Wuͤrde, und ernannte (1409. Jun. 26.) Alexander den V. († 1410. Apr.), hernach Johann den XXIII. zum neuen Pabſte. Allein jene beide Paͤbſte wollten ſich nicht dazu ver- ſtehen, IX.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/319>, abgerufen am 30.04.2024.