Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

Haupttreffen, die Hauptbefriedigung des täglichen
Nahrungsbedürfnisses "gedeckt" zu werden.

"Endlich doch einmal ein Mensch, der ein vor-
gesetztes Ziel erreicht hat, ohne daß es ihn nach dem
Anlangen enttäuscht hat!" sagte und seufzte ich, in
die nochmals dargereichte Cigarrenkiste greifend.

"Ein bischen viel Uebergewicht," brummte Stopf-
kuchen. "An heißen Tagen etwas beschwerlich, lieber
Eduard. Vorzüglich bei den doch immer nothwendigen
Geschäftsgängen."

"Ja, hast Du denn wirklich noch solche noth-
wendige Gänge zu machen, lieber Heinrich? Hast
Du wahrhaftig noch nicht mit Allem was für Unser-
einen so draußen herum liegt und besorgt werden muß,
abgeschlossen? Liegt nicht alles das draußen vor
Deinen wundervollen Wällen des Prinzen Xaver
von Sachsen?"

"Was wohl soviel heißen soll als: bist Du nur
dazu da, auf der rothen Schanze nach dem Lebens-
unbehagen des Vaters Quakatz die Behaglichkeit des
Daseins in Deiner feisten Person zur Darstellung zu
bringen? Jetzt leihe mir mal gütigst Deinen Arm,
Eduard. Eine Weile dauert es wohl, ehe wir zu
Tisch gerufen werden; also kann ich Dir, wenn es Dir
gefällig ist, vorher noch Festung, Haus und Hof --
my house and my castle -- wie das Alles unter
meiner und Tinchens Herrschaft geworden ist, etwas
genauer zeigen. Uf! -- langsam! nur nicht zu hastig.
Weshalb sollen wir uns nicht Zeit nehmen? Was
könnte ich Hinhocker einem Weltwanderer gleich Dir

Haupttreffen, die Hauptbefriedigung des täglichen
Nahrungsbedürfniſſes „gedeckt“ zu werden.

„Endlich doch einmal ein Menſch, der ein vor-
geſetztes Ziel erreicht hat, ohne daß es ihn nach dem
Anlangen enttäuſcht hat!“ ſagte und ſeufzte ich, in
die nochmals dargereichte Cigarrenkiſte greifend.

„Ein bischen viel Uebergewicht,“ brummte Stopf-
kuchen. „An heißen Tagen etwas beſchwerlich, lieber
Eduard. Vorzüglich bei den doch immer nothwendigen
Geſchäftsgängen.“

„Ja, haſt Du denn wirklich noch ſolche noth-
wendige Gänge zu machen, lieber Heinrich? Haſt
Du wahrhaftig noch nicht mit Allem was für Unſer-
einen ſo draußen herum liegt und beſorgt werden muß,
abgeſchloſſen? Liegt nicht alles das draußen vor
Deinen wundervollen Wällen des Prinzen Xaver
von Sachſen?“

„Was wohl ſoviel heißen ſoll als: biſt Du nur
dazu da, auf der rothen Schanze nach dem Lebens-
unbehagen des Vaters Quakatz die Behaglichkeit des
Daſeins in Deiner feiſten Perſon zur Darſtellung zu
bringen? Jetzt leihe mir mal gütigſt Deinen Arm,
Eduard. Eine Weile dauert es wohl, ehe wir zu
Tiſch gerufen werden; alſo kann ich Dir, wenn es Dir
gefällig iſt, vorher noch Feſtung, Haus und Hof —
my house and my castle — wie das Alles unter
meiner und Tinchens Herrſchaft geworden iſt, etwas
genauer zeigen. Uf! — langſam! nur nicht zu haſtig.
Weshalb ſollen wir uns nicht Zeit nehmen? Was
könnte ich Hinhocker einem Weltwanderer gleich Dir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0086" n="76"/>
Haupttreffen, die Hauptbefriedigung des täglichen<lb/>
Nahrungsbedürfni&#x017F;&#x017F;es &#x201E;gedeckt&#x201C; zu werden.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Endlich doch einmal ein Men&#x017F;ch, der ein vor-<lb/>
ge&#x017F;etztes Ziel erreicht hat, ohne daß es ihn nach dem<lb/>
Anlangen enttäu&#x017F;cht hat!&#x201C; &#x017F;agte und &#x017F;eufzte ich, in<lb/>
die nochmals dargereichte Cigarrenki&#x017F;te greifend.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein bischen viel Uebergewicht,&#x201C; brummte Stopf-<lb/>
kuchen. &#x201E;An heißen Tagen etwas be&#x017F;chwerlich, lieber<lb/>
Eduard. Vorzüglich bei den doch immer nothwendigen<lb/>
Ge&#x017F;chäftsgängen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, ha&#x017F;t Du denn wirklich noch &#x017F;olche noth-<lb/>
wendige Gänge zu machen, lieber Heinrich? Ha&#x017F;t<lb/>
Du wahrhaftig noch nicht mit Allem was für Un&#x017F;er-<lb/>
einen &#x017F;o draußen herum liegt und be&#x017F;orgt werden muß,<lb/>
abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en? Liegt nicht alles das draußen vor<lb/>
Deinen wundervollen Wällen des Prinzen Xaver<lb/>
von Sach&#x017F;en?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was wohl &#x017F;oviel heißen &#x017F;oll als: bi&#x017F;t Du nur<lb/>
dazu da, auf der rothen Schanze nach dem Lebens-<lb/>
unbehagen des Vaters Quakatz die Behaglichkeit des<lb/>
Da&#x017F;eins in Deiner fei&#x017F;ten Per&#x017F;on zur Dar&#x017F;tellung zu<lb/>
bringen? Jetzt leihe mir mal gütig&#x017F;t Deinen Arm,<lb/>
Eduard. Eine Weile dauert es wohl, ehe wir zu<lb/>
Ti&#x017F;ch gerufen werden; al&#x017F;o kann ich Dir, wenn es Dir<lb/>
gefällig i&#x017F;t, vorher noch Fe&#x017F;tung, Haus und Hof &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">my house and my castle</hi> &#x2014; wie das Alles unter<lb/>
meiner und Tinchens Herr&#x017F;chaft geworden i&#x017F;t, etwas<lb/>
genauer zeigen. Uf! &#x2014; lang&#x017F;am! nur nicht zu ha&#x017F;tig.<lb/>
Weshalb &#x017F;ollen wir uns nicht Zeit nehmen? Was<lb/>
könnte ich Hinhocker einem Weltwanderer gleich Dir<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0086] Haupttreffen, die Hauptbefriedigung des täglichen Nahrungsbedürfniſſes „gedeckt“ zu werden. „Endlich doch einmal ein Menſch, der ein vor- geſetztes Ziel erreicht hat, ohne daß es ihn nach dem Anlangen enttäuſcht hat!“ ſagte und ſeufzte ich, in die nochmals dargereichte Cigarrenkiſte greifend. „Ein bischen viel Uebergewicht,“ brummte Stopf- kuchen. „An heißen Tagen etwas beſchwerlich, lieber Eduard. Vorzüglich bei den doch immer nothwendigen Geſchäftsgängen.“ „Ja, haſt Du denn wirklich noch ſolche noth- wendige Gänge zu machen, lieber Heinrich? Haſt Du wahrhaftig noch nicht mit Allem was für Unſer- einen ſo draußen herum liegt und beſorgt werden muß, abgeſchloſſen? Liegt nicht alles das draußen vor Deinen wundervollen Wällen des Prinzen Xaver von Sachſen?“ „Was wohl ſoviel heißen ſoll als: biſt Du nur dazu da, auf der rothen Schanze nach dem Lebens- unbehagen des Vaters Quakatz die Behaglichkeit des Daſeins in Deiner feiſten Perſon zur Darſtellung zu bringen? Jetzt leihe mir mal gütigſt Deinen Arm, Eduard. Eine Weile dauert es wohl, ehe wir zu Tiſch gerufen werden; alſo kann ich Dir, wenn es Dir gefällig iſt, vorher noch Feſtung, Haus und Hof — my house and my castle — wie das Alles unter meiner und Tinchens Herrſchaft geworden iſt, etwas genauer zeigen. Uf! — langſam! nur nicht zu haſtig. Weshalb ſollen wir uns nicht Zeit nehmen? Was könnte ich Hinhocker einem Weltwanderer gleich Dir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/86
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/86>, abgerufen am 28.04.2024.