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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Der Mensch, Heinrich Schaumann genannt Stopf-
kuchen redete einen solchen Haufen von Gegensätzen
zusammen, daß ich garnicht mehr im Stande war,
zu seufzen: "Nun, das soll mich doch weiter wundern,
worauf dieses hinauslaufen kann."

"Setzen wir uns doch lieber," meinte Heinrich.
"Ich sehe es Dir an, daß ich Dir noch ein wenig
konfus erscheine. Vielleicht kommt das noch besser;
aber ich kann es nicht ändern. Diese Bank hier
habe ich übrigens nur aufstellen lassen, um dann
und wann nicht selber meinen historischen Boden
unter den Füßen weg zu verlieren. Wenn ich Dir
aber langweilig werde, höre ich auf der Stelle auf,
Interessantester aller Afrikaner und Bester aller alten
Freunde."

"Ich bitte Dich, Stopf-- bester Freund!"

"Sage dreist, Stopfkuchen, Eduard. Ich höre
gern auch heute noch auf das alte liebe Wort; und
von den alten Freunden, die es mir in schönern
Jahren so sehr scherzhaft aufhingen, muß ich Dir
doch zuerst reden, um meinem seligen Schwieger-
papa von Kienbaums Angedenken allmählich näher
zu kommen. Also -- dieses war der Anfang der
Historie von Heinrich und Valentine, von Kienbaum,
vom Meister Andreas Quakatz und von der rothen
Schanze. Du sitzest doch gemüthlich, Eduard?"

"Ich habe selten in meinem Leben gemüthlicher
gesessen. Aber unterbrich Dich doch nicht immer
selbst, alter, wunderlicher Freund! Mir scheint es
jetzt wahrlich, ich sei nur deshalb einzig und allein

Der Menſch, Heinrich Schaumann genannt Stopf-
kuchen redete einen ſolchen Haufen von Gegenſätzen
zuſammen, daß ich garnicht mehr im Stande war,
zu ſeufzen: „Nun, das ſoll mich doch weiter wundern,
worauf dieſes hinauslaufen kann.“

„Setzen wir uns doch lieber,“ meinte Heinrich.
„Ich ſehe es Dir an, daß ich Dir noch ein wenig
konfus erſcheine. Vielleicht kommt das noch beſſer;
aber ich kann es nicht ändern. Dieſe Bank hier
habe ich übrigens nur aufſtellen laſſen, um dann
und wann nicht ſelber meinen hiſtoriſchen Boden
unter den Füßen weg zu verlieren. Wenn ich Dir
aber langweilig werde, höre ich auf der Stelle auf,
Intereſſanteſter aller Afrikaner und Beſter aller alten
Freunde.“

„Ich bitte Dich, Stopf— beſter Freund!“

„Sage dreiſt, Stopfkuchen, Eduard. Ich höre
gern auch heute noch auf das alte liebe Wort; und
von den alten Freunden, die es mir in ſchönern
Jahren ſo ſehr ſcherzhaft aufhingen, muß ich Dir
doch zuerſt reden, um meinem ſeligen Schwieger-
papa von Kienbaums Angedenken allmählich näher
zu kommen. Alſo — dieſes war der Anfang der
Hiſtorie von Heinrich und Valentine, von Kienbaum,
vom Meiſter Andreas Quakatz und von der rothen
Schanze. Du ſitzeſt doch gemüthlich, Eduard?“

„Ich habe ſelten in meinem Leben gemüthlicher
geſeſſen. Aber unterbrich Dich doch nicht immer
ſelbſt, alter, wunderlicher Freund! Mir ſcheint es
jetzt wahrlich, ich ſei nur deshalb einzig und allein

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[82/0092] Der Menſch, Heinrich Schaumann genannt Stopf- kuchen redete einen ſolchen Haufen von Gegenſätzen zuſammen, daß ich garnicht mehr im Stande war, zu ſeufzen: „Nun, das ſoll mich doch weiter wundern, worauf dieſes hinauslaufen kann.“ „Setzen wir uns doch lieber,“ meinte Heinrich. „Ich ſehe es Dir an, daß ich Dir noch ein wenig konfus erſcheine. Vielleicht kommt das noch beſſer; aber ich kann es nicht ändern. Dieſe Bank hier habe ich übrigens nur aufſtellen laſſen, um dann und wann nicht ſelber meinen hiſtoriſchen Boden unter den Füßen weg zu verlieren. Wenn ich Dir aber langweilig werde, höre ich auf der Stelle auf, Intereſſanteſter aller Afrikaner und Beſter aller alten Freunde.“ „Ich bitte Dich, Stopf— beſter Freund!“ „Sage dreiſt, Stopfkuchen, Eduard. Ich höre gern auch heute noch auf das alte liebe Wort; und von den alten Freunden, die es mir in ſchönern Jahren ſo ſehr ſcherzhaft aufhingen, muß ich Dir doch zuerſt reden, um meinem ſeligen Schwieger- papa von Kienbaums Angedenken allmählich näher zu kommen. Alſo — dieſes war der Anfang der Hiſtorie von Heinrich und Valentine, von Kienbaum, vom Meiſter Andreas Quakatz und von der rothen Schanze. Du ſitzeſt doch gemüthlich, Eduard?“ „Ich habe ſelten in meinem Leben gemüthlicher geſeſſen. Aber unterbrich Dich doch nicht immer ſelbſt, alter, wunderlicher Freund! Mir ſcheint es jetzt wahrlich, ich ſei nur deshalb einzig und allein

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/92>, abgerufen am 29.04.2024.