Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

eines deutschen Wörterbuchs.
nöthig hätte, durch mehrere Exempel zu beweisen,
daß man ein Menschenfeind werde, so bald man
die Wahrheit sagt.

Und wie froh wäre ich, wenn meine Lehren eini-
gen Eindruck bey den boshaften, gefährlichen, un-
bedachtsamen, verstockten (ich weis bey nahe nicht,
wie ich sie arg genug schimpfen soll!) mit einem
Worte, bey den verhaßten Satyrenschreibern fände,
welche einen rechten Beruf daraus machen, Erb-
feinde der Menschen
zu seyn, und welche so un-
besonnen sind, zu glauben, daß man Tartüffen einen
Heuchler, und einen Narren einen Narren nennen
dürfe! So lange die weltliche Obrigkeit nicht An-
stalt macht, die Menschenfeinde auszurotten: So
lange wird ein Betrüger nicht eine Stunde sicher
seyn können, den angemaaßten Titel eines ehrlichen
Mannes zu behaupten, und, was das erschrecklichste
ist, so gar Leute, welche sich durch den Bannstral,
den sie in ihren drohenden Händen führen, beym
Pöbel ansehnlich und furchtbar machen, werden den-
noch diesen verwegnen Menschenfeinden nicht fürch-
terlich genug aussehen. Jch kann nicht ohne Zit-
tern daran gedenken, wenn ich mir vorstelle, daß viel-
leicht morgen derjenige lächerlich seyn wird, den man
heute für ehrwürdig gehalten hat.

Unter diesen satyrischen Menschenfeinden halte ich
diejenigen für die unerträglichsten, welche mit lachen-

dem
N 3

eines deutſchen Woͤrterbuchs.
noͤthig haͤtte, durch mehrere Exempel zu beweiſen,
daß man ein Menſchenfeind werde, ſo bald man
die Wahrheit ſagt.

Und wie froh waͤre ich, wenn meine Lehren eini-
gen Eindruck bey den boshaften, gefaͤhrlichen, un-
bedachtſamen, verſtockten (ich weis bey nahe nicht,
wie ich ſie arg genug ſchimpfen ſoll!) mit einem
Worte, bey den verhaßten Satyrenſchreibern faͤnde,
welche einen rechten Beruf daraus machen, Erb-
feinde der Menſchen
zu ſeyn, und welche ſo un-
beſonnen ſind, zu glauben, daß man Tartuͤffen einen
Heuchler, und einen Narren einen Narren nennen
duͤrfe! So lange die weltliche Obrigkeit nicht An-
ſtalt macht, die Menſchenfeinde auszurotten: So
lange wird ein Betruͤger nicht eine Stunde ſicher
ſeyn koͤnnen, den angemaaßten Titel eines ehrlichen
Mannes zu behaupten, und, was das erſchrecklichſte
iſt, ſo gar Leute, welche ſich durch den Bannſtral,
den ſie in ihren drohenden Haͤnden fuͤhren, beym
Poͤbel anſehnlich und furchtbar machen, werden den-
noch dieſen verwegnen Menſchenfeinden nicht fuͤrch-
terlich genug ausſehen. Jch kann nicht ohne Zit-
tern daran gedenken, wenn ich mir vorſtelle, daß viel-
leicht morgen derjenige laͤcherlich ſeyn wird, den man
heute fuͤr ehrwuͤrdig gehalten hat.

Unter dieſen ſatyriſchen Menſchenfeinden halte ich
diejenigen fuͤr die unertraͤglichſten, welche mit lachen-

dem
N 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0197" n="197"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">eines deut&#x017F;chen Wo&#x0364;rterbuchs.</hi></fw><lb/>
no&#x0364;thig ha&#x0364;tte, durch mehrere Exempel zu bewei&#x017F;en,<lb/>
daß man ein Men&#x017F;chenfeind werde, &#x017F;o bald man<lb/>
die Wahrheit &#x017F;agt.</p><lb/>
          <p>Und wie froh wa&#x0364;re ich, wenn meine Lehren eini-<lb/>
gen Eindruck bey den boshaften, gefa&#x0364;hrlichen, un-<lb/>
bedacht&#x017F;amen, ver&#x017F;tockten (ich weis bey nahe nicht,<lb/>
wie ich &#x017F;ie arg genug &#x017F;chimpfen &#x017F;oll!) mit einem<lb/>
Worte, bey den verhaßten Satyren&#x017F;chreibern fa&#x0364;nde,<lb/>
welche einen rechten Beruf daraus machen, <hi rendition="#fr">Erb-<lb/>
feinde der Men&#x017F;chen</hi> zu &#x017F;eyn, und welche &#x017F;o un-<lb/>
be&#x017F;onnen &#x017F;ind, zu glauben, daß man Tartu&#x0364;ffen einen<lb/>
Heuchler, und einen Narren einen Narren nennen<lb/>
du&#x0364;rfe! So lange die weltliche Obrigkeit nicht An-<lb/>
&#x017F;talt macht, die Men&#x017F;chenfeinde auszurotten: So<lb/>
lange wird ein Betru&#x0364;ger nicht eine Stunde &#x017F;icher<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, den angemaaßten Titel eines ehrlichen<lb/>
Mannes zu behaupten, und, was das er&#x017F;chrecklich&#x017F;te<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o gar Leute, welche &#x017F;ich durch den Bann&#x017F;tral,<lb/>
den &#x017F;ie in ihren drohenden Ha&#x0364;nden fu&#x0364;hren, beym<lb/>
Po&#x0364;bel an&#x017F;ehnlich und furchtbar machen, werden den-<lb/>
noch die&#x017F;en verwegnen Men&#x017F;chenfeinden nicht fu&#x0364;rch-<lb/>
terlich genug aus&#x017F;ehen. Jch kann nicht ohne Zit-<lb/>
tern daran gedenken, wenn ich mir vor&#x017F;telle, daß viel-<lb/>
leicht morgen derjenige la&#x0364;cherlich &#x017F;eyn wird, den man<lb/>
heute fu&#x0364;r ehrwu&#x0364;rdig gehalten hat.</p><lb/>
          <p>Unter die&#x017F;en &#x017F;atyri&#x017F;chen Men&#x017F;chenfeinden halte ich<lb/>
diejenigen fu&#x0364;r die unertra&#x0364;glich&#x017F;ten, welche mit lachen-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 3</fw><fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0197] eines deutſchen Woͤrterbuchs. noͤthig haͤtte, durch mehrere Exempel zu beweiſen, daß man ein Menſchenfeind werde, ſo bald man die Wahrheit ſagt. Und wie froh waͤre ich, wenn meine Lehren eini- gen Eindruck bey den boshaften, gefaͤhrlichen, un- bedachtſamen, verſtockten (ich weis bey nahe nicht, wie ich ſie arg genug ſchimpfen ſoll!) mit einem Worte, bey den verhaßten Satyrenſchreibern faͤnde, welche einen rechten Beruf daraus machen, Erb- feinde der Menſchen zu ſeyn, und welche ſo un- beſonnen ſind, zu glauben, daß man Tartuͤffen einen Heuchler, und einen Narren einen Narren nennen duͤrfe! So lange die weltliche Obrigkeit nicht An- ſtalt macht, die Menſchenfeinde auszurotten: So lange wird ein Betruͤger nicht eine Stunde ſicher ſeyn koͤnnen, den angemaaßten Titel eines ehrlichen Mannes zu behaupten, und, was das erſchrecklichſte iſt, ſo gar Leute, welche ſich durch den Bannſtral, den ſie in ihren drohenden Haͤnden fuͤhren, beym Poͤbel anſehnlich und furchtbar machen, werden den- noch dieſen verwegnen Menſchenfeinden nicht fuͤrch- terlich genug ausſehen. Jch kann nicht ohne Zit- tern daran gedenken, wenn ich mir vorſtelle, daß viel- leicht morgen derjenige laͤcherlich ſeyn wird, den man heute fuͤr ehrwuͤrdig gehalten hat. Unter dieſen ſatyriſchen Menſchenfeinden halte ich diejenigen fuͤr die unertraͤglichſten, welche mit lachen- dem N 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/197
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/197>, abgerufen am 11.05.2024.