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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.
dem Markte aus: darauf legte man die Leichen: neben je-
der brannte eine Fackel: so ließ man sie den ganzen Tag.

Zwar hat hernach Paul III. einige Erleichterungen
zugestanden, allein die Unterwerfung ward damit nicht ge-
hoben: die alten Freiheiten herzustellen, war er weit ent-
fernt 1).

Bediente er sich doch vielmehr eben jenes Bernardino
della Barba, die Freiheiten einer andern seiner Städte auf-
zuheben.

Der Papst hatte den Salzpreis um die Hälfte er-
höht. Die Stadt Perugia glaubte sich durch ihre Privi-
legien berechtigt, sich dieser Auflage zu widersetzen. Der
Papst sprach das Interdict aus; die Bürger, in den Kir-
chen vereinigt, wählten sich einen Magistrat von "25 Ver-
theidigern;" vor einem Crucifix auf dem Markte legten sie
die Schlüssel ihrer Thore nieder. Beide Theile rüsteten.

Daß eine so bedeutende Stadt sich gegen die Herr-
schaft des Papstes erhob, erregte eine allgemeine Bewegung.
Es würde bemerkenswerthe Folgen gehabt haben, wenn es
sonst einen Krieg in Italien gegeben hätte. Da aber al-
les ruhig war, konnte ihr kein Staat die Hülfe gewäh-
ren, auf die sie gerechnet hatte.

Denn obwohl Perugia nicht ohne Macht war, so
besaß es doch auch lange nicht die Kraft, einem Heere
zu widerstehen, wie es Peter Ludwig Farnese zusammen-
brachte, von 10000 Italienern, 3000 Spaniern. Auch
zeigte sich die Regierung der Fünfundzwanzig eher gewalt-

1) Saracinelli: Notizie istoriche della citta d'Ancona. Roma
1675. II, XI, p.
335.

Buch IV. Staat und Hof.
dem Markte aus: darauf legte man die Leichen: neben je-
der brannte eine Fackel: ſo ließ man ſie den ganzen Tag.

Zwar hat hernach Paul III. einige Erleichterungen
zugeſtanden, allein die Unterwerfung ward damit nicht ge-
hoben: die alten Freiheiten herzuſtellen, war er weit ent-
fernt 1).

Bediente er ſich doch vielmehr eben jenes Bernardino
della Barba, die Freiheiten einer andern ſeiner Staͤdte auf-
zuheben.

Der Papſt hatte den Salzpreis um die Haͤlfte er-
hoͤht. Die Stadt Perugia glaubte ſich durch ihre Privi-
legien berechtigt, ſich dieſer Auflage zu widerſetzen. Der
Papſt ſprach das Interdict aus; die Buͤrger, in den Kir-
chen vereinigt, waͤhlten ſich einen Magiſtrat von „25 Ver-
theidigern;“ vor einem Crucifix auf dem Markte legten ſie
die Schluͤſſel ihrer Thore nieder. Beide Theile ruͤſteten.

Daß eine ſo bedeutende Stadt ſich gegen die Herr-
ſchaft des Papſtes erhob, erregte eine allgemeine Bewegung.
Es wuͤrde bemerkenswerthe Folgen gehabt haben, wenn es
ſonſt einen Krieg in Italien gegeben haͤtte. Da aber al-
les ruhig war, konnte ihr kein Staat die Huͤlfe gewaͤh-
ren, auf die ſie gerechnet hatte.

Denn obwohl Perugia nicht ohne Macht war, ſo
beſaß es doch auch lange nicht die Kraft, einem Heere
zu widerſtehen, wie es Peter Ludwig Farneſe zuſammen-
brachte, von 10000 Italienern, 3000 Spaniern. Auch
zeigte ſich die Regierung der Fuͤnfundzwanzig eher gewalt-

1) Saracinelli: Notizie istoriche della città d’Ancona. Roma
1675. II, XI, p.
335.
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[398/0424] Buch IV. Staat und Hof. dem Markte aus: darauf legte man die Leichen: neben je- der brannte eine Fackel: ſo ließ man ſie den ganzen Tag. Zwar hat hernach Paul III. einige Erleichterungen zugeſtanden, allein die Unterwerfung ward damit nicht ge- hoben: die alten Freiheiten herzuſtellen, war er weit ent- fernt 1). Bediente er ſich doch vielmehr eben jenes Bernardino della Barba, die Freiheiten einer andern ſeiner Staͤdte auf- zuheben. Der Papſt hatte den Salzpreis um die Haͤlfte er- hoͤht. Die Stadt Perugia glaubte ſich durch ihre Privi- legien berechtigt, ſich dieſer Auflage zu widerſetzen. Der Papſt ſprach das Interdict aus; die Buͤrger, in den Kir- chen vereinigt, waͤhlten ſich einen Magiſtrat von „25 Ver- theidigern;“ vor einem Crucifix auf dem Markte legten ſie die Schluͤſſel ihrer Thore nieder. Beide Theile ruͤſteten. Daß eine ſo bedeutende Stadt ſich gegen die Herr- ſchaft des Papſtes erhob, erregte eine allgemeine Bewegung. Es wuͤrde bemerkenswerthe Folgen gehabt haben, wenn es ſonſt einen Krieg in Italien gegeben haͤtte. Da aber al- les ruhig war, konnte ihr kein Staat die Huͤlfe gewaͤh- ren, auf die ſie gerechnet hatte. Denn obwohl Perugia nicht ohne Macht war, ſo beſaß es doch auch lange nicht die Kraft, einem Heere zu widerſtehen, wie es Peter Ludwig Farneſe zuſammen- brachte, von 10000 Italienern, 3000 Spaniern. Auch zeigte ſich die Regierung der Fuͤnfundzwanzig eher gewalt- 1) Saracinelli: Notizie istoriche della città d’Ancona. Roma 1675. II, XI, p. 335.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/424>, abgerufen am 30.04.2024.