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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VII. Kap. 1. Fortschritte
nur zwischen Messe und Auswanderung die Wahl ließ.
Wie so ganz katholisch wurden allmählig Bamberg und
Paderborn 1).

Höchst merkwürdig bleibt alle Mal die rasche und da-
bei doch so nachhaltige Verwandlung, welche in allen die-
sen Ländern hervorgebracht ward. Soll man annehmen,
daß der Protestantismus in der Menge noch nicht recht
Wurzel gefaßt hatte, oder soll man es der Methode der Je-
suiten zuschreiben? Wenigstens ließen sie es an Eifer und
Klugheit nicht fehlen. Von allen Punkten wo sie sich festge-
setzt, ziehen sie in weiten Kreisen umher. Sie wissen die
Menge zu fesseln: ihre Kirchen sind die besuchtesten: sie
gehn immer auf die vornehmste Schwierigkeit los: ist ir-
gendwo ein bibelfester Lutheraner, auf dessen Urtheil die
Nachbarn etwas geben, so wenden sie alles an, um ihn zu
gewinnen: was ihnen auch bei ihrer Uebung in der Contro-
vers selten fehlschlägt. Sie zeigen sich hülfreich: sie hei-
len Kranke: sie suchen Feindschaften zu versöhnen. Durch
heilige Eide verpflichten sie alsdann die Ueberwundenen, die
Bekehrten. Nach allen Wallfahrtsorten sieht man die Gläu-
bigen unter ihren Fahnen heranziehen: Menschen die eben
noch eifrige Protestanten gewesen, schließen sich jetzt den Pro-
cessionen an.

Und nicht allein geistliche, sondern auch weltliche Für-
sten hatten die Jesuiten erzogen. Noch am Ende des 16ten
Jahrhunderts traten ihre beiden großen Zöglinge auf, Fer-
dinand II. und Maximilian I.

Man sagt, als der junge Erzherzog Ferdinand im

1) Strunk: Annales Paderborn. lib. XXII, p. 720.

Buch VII. Kap. 1. Fortſchritte
nur zwiſchen Meſſe und Auswanderung die Wahl ließ.
Wie ſo ganz katholiſch wurden allmaͤhlig Bamberg und
Paderborn 1).

Hoͤchſt merkwuͤrdig bleibt alle Mal die raſche und da-
bei doch ſo nachhaltige Verwandlung, welche in allen die-
ſen Laͤndern hervorgebracht ward. Soll man annehmen,
daß der Proteſtantismus in der Menge noch nicht recht
Wurzel gefaßt hatte, oder ſoll man es der Methode der Je-
ſuiten zuſchreiben? Wenigſtens ließen ſie es an Eifer und
Klugheit nicht fehlen. Von allen Punkten wo ſie ſich feſtge-
ſetzt, ziehen ſie in weiten Kreiſen umher. Sie wiſſen die
Menge zu feſſeln: ihre Kirchen ſind die beſuchteſten: ſie
gehn immer auf die vornehmſte Schwierigkeit los: iſt ir-
gendwo ein bibelfeſter Lutheraner, auf deſſen Urtheil die
Nachbarn etwas geben, ſo wenden ſie alles an, um ihn zu
gewinnen: was ihnen auch bei ihrer Uebung in der Contro-
vers ſelten fehlſchlaͤgt. Sie zeigen ſich huͤlfreich: ſie hei-
len Kranke: ſie ſuchen Feindſchaften zu verſoͤhnen. Durch
heilige Eide verpflichten ſie alsdann die Ueberwundenen, die
Bekehrten. Nach allen Wallfahrtsorten ſieht man die Glaͤu-
bigen unter ihren Fahnen heranziehen: Menſchen die eben
noch eifrige Proteſtanten geweſen, ſchließen ſich jetzt den Pro-
ceſſionen an.

Und nicht allein geiſtliche, ſondern auch weltliche Fuͤr-
ſten hatten die Jeſuiten erzogen. Noch am Ende des 16ten
Jahrhunderts traten ihre beiden großen Zoͤglinge auf, Fer-
dinand II. und Maximilian I.

Man ſagt, als der junge Erzherzog Ferdinand im

1) Strunk: Annales Paderborn. lib. XXII, p. 720.
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[402/0414] Buch VII. Kap. 1. Fortſchritte nur zwiſchen Meſſe und Auswanderung die Wahl ließ. Wie ſo ganz katholiſch wurden allmaͤhlig Bamberg und Paderborn 1). Hoͤchſt merkwuͤrdig bleibt alle Mal die raſche und da- bei doch ſo nachhaltige Verwandlung, welche in allen die- ſen Laͤndern hervorgebracht ward. Soll man annehmen, daß der Proteſtantismus in der Menge noch nicht recht Wurzel gefaßt hatte, oder ſoll man es der Methode der Je- ſuiten zuſchreiben? Wenigſtens ließen ſie es an Eifer und Klugheit nicht fehlen. Von allen Punkten wo ſie ſich feſtge- ſetzt, ziehen ſie in weiten Kreiſen umher. Sie wiſſen die Menge zu feſſeln: ihre Kirchen ſind die beſuchteſten: ſie gehn immer auf die vornehmſte Schwierigkeit los: iſt ir- gendwo ein bibelfeſter Lutheraner, auf deſſen Urtheil die Nachbarn etwas geben, ſo wenden ſie alles an, um ihn zu gewinnen: was ihnen auch bei ihrer Uebung in der Contro- vers ſelten fehlſchlaͤgt. Sie zeigen ſich huͤlfreich: ſie hei- len Kranke: ſie ſuchen Feindſchaften zu verſoͤhnen. Durch heilige Eide verpflichten ſie alsdann die Ueberwundenen, die Bekehrten. Nach allen Wallfahrtsorten ſieht man die Glaͤu- bigen unter ihren Fahnen heranziehen: Menſchen die eben noch eifrige Proteſtanten geweſen, ſchließen ſich jetzt den Pro- ceſſionen an. Und nicht allein geiſtliche, ſondern auch weltliche Fuͤr- ſten hatten die Jeſuiten erzogen. Noch am Ende des 16ten Jahrhunderts traten ihre beiden großen Zoͤglinge auf, Fer- dinand II. und Maximilian I. Man ſagt, als der junge Erzherzog Ferdinand im 1) Strunk: Annales Paderborn. lib. XXII, p. 720.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/414>, abgerufen am 20.05.2024.