Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Verwaltung des Staates.
chenstaate ergossen, um ihn vollends auszusaugen." 1) Und
indeß ließen die Forderungen doch niemals nach.

Ein Cardinal verglich diese Verwaltung einst mit ei-
nem Pferde, das im Lauf ermüdet aufs neue angetrieben
werde, und sich aufs neue in Lauf setze, bis es erschöpft
sey und hinstürze. Dieser Moment einer völligen Erschö-
pfung schien jetzt gekommen.

Es hatte sich der schlechteste Geist, der eine Beam-
tenschaft ergreifen kann, gebildet: ein Jeder sah das Ge-
meinwesen hauptsächlich als einen Gegenstand seines per-
sönlichen Vortheils, oft nur seiner Habsucht an.

Wie riß die Bestechlichkeit auf eine so furchtbare
Weise ein!

An dem Hofe Innocenz X. verschaffte Donna Olim-
pia Aemter unter der Bedingung einer monatlichen Erkennt-
lichkeit. Und wäre sie nur die Einzige gewesen! Aber die
Schwägerin des Datarius Cecchino, Donna Clementia, ver-
fuhr auf ähnliche Weise. Besonders das Weihnachtsfest
war die große Ernte der Geschenke. Daß Don Camillo
Astalli einstmals, obwohl er es hatte hoffen lassen, dann
doch mit Donna Olimpia nicht theilen wollte, regte de-
ren heftigen Ingrimm auf, und legte den Grund zu seinem
Sturze. Zu welchen Verfälschungen ließ sich Mascambruno
durch Bestechung hinreißen! Den Decreten die er dem
Papst vorlegte, fügte er falsche Summarien bei: da der
Papst nur die Summarien las, so unterzeichnete er Dinge

1) Vita di Alessandro VII: Spolpato e quasi in teschio
ridotto dalle gabelle Barberine lo stato ecclesiastico e smunta
la corte dall' ingordigia di Olimpia confidavano generoso ristoro
della bonta d'Alessandro.
Päpste** 8

Verwaltung des Staates.
chenſtaate ergoſſen, um ihn vollends auszuſaugen.“ 1) Und
indeß ließen die Forderungen doch niemals nach.

Ein Cardinal verglich dieſe Verwaltung einſt mit ei-
nem Pferde, das im Lauf ermuͤdet aufs neue angetrieben
werde, und ſich aufs neue in Lauf ſetze, bis es erſchoͤpft
ſey und hinſtuͤrze. Dieſer Moment einer voͤlligen Erſchoͤ-
pfung ſchien jetzt gekommen.

Es hatte ſich der ſchlechteſte Geiſt, der eine Beam-
tenſchaft ergreifen kann, gebildet: ein Jeder ſah das Ge-
meinweſen hauptſaͤchlich als einen Gegenſtand ſeines per-
ſoͤnlichen Vortheils, oft nur ſeiner Habſucht an.

Wie riß die Beſtechlichkeit auf eine ſo furchtbare
Weiſe ein!

An dem Hofe Innocenz X. verſchaffte Donna Olim-
pia Aemter unter der Bedingung einer monatlichen Erkennt-
lichkeit. Und waͤre ſie nur die Einzige geweſen! Aber die
Schwaͤgerin des Datarius Cecchino, Donna Clementia, ver-
fuhr auf aͤhnliche Weiſe. Beſonders das Weihnachtsfeſt
war die große Ernte der Geſchenke. Daß Don Camillo
Aſtalli einſtmals, obwohl er es hatte hoffen laſſen, dann
doch mit Donna Olimpia nicht theilen wollte, regte de-
ren heftigen Ingrimm auf, und legte den Grund zu ſeinem
Sturze. Zu welchen Verfaͤlſchungen ließ ſich Mascambruno
durch Beſtechung hinreißen! Den Decreten die er dem
Papſt vorlegte, fuͤgte er falſche Summarien bei: da der
Papſt nur die Summarien las, ſo unterzeichnete er Dinge

1) Vita di Alessandro VII: Spolpato e quasi in teschio
ridotto dalle gabelle Barberine lo stato ecclesiastico e smunta
la corte dall’ ingordigia di Olimpia confidavano generoso ristoro
della bontà d’Alessandro.
Päpſte** 8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="113"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Verwaltung des Staates.</hi></fw><lb/>
chen&#x017F;taate ergo&#x017F;&#x017F;en, um ihn vollends auszu&#x017F;augen.&#x201C; <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Vita di Alessandro VII: Spolpato e quasi in teschio<lb/>
ridotto dalle gabelle Barberine lo stato ecclesiastico e smunta<lb/>
la corte dall&#x2019; ingordigia di Olimpia confidavano generoso ristoro<lb/>
della bontà d&#x2019;Alessandro.</hi></note> Und<lb/>
indeß ließen die Forderungen doch niemals nach.</p><lb/>
          <p>Ein Cardinal verglich die&#x017F;e Verwaltung ein&#x017F;t mit ei-<lb/>
nem Pferde, das im Lauf ermu&#x0364;det aufs neue angetrieben<lb/>
werde, und &#x017F;ich aufs neue in Lauf &#x017F;etze, bis es er&#x017F;cho&#x0364;pft<lb/>
&#x017F;ey und hin&#x017F;tu&#x0364;rze. Die&#x017F;er Moment einer vo&#x0364;lligen Er&#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
pfung &#x017F;chien jetzt gekommen.</p><lb/>
          <p>Es hatte &#x017F;ich der &#x017F;chlechte&#x017F;te Gei&#x017F;t, der eine Beam-<lb/>
ten&#x017F;chaft ergreifen kann, gebildet: ein Jeder &#x017F;ah das Ge-<lb/>
meinwe&#x017F;en haupt&#x017F;a&#x0364;chlich als einen Gegen&#x017F;tand &#x017F;eines per-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;nlichen Vortheils, oft nur &#x017F;einer Hab&#x017F;ucht an.</p><lb/>
          <p>Wie riß die Be&#x017F;techlichkeit auf eine &#x017F;o furchtbare<lb/>
Wei&#x017F;e ein!</p><lb/>
          <p>An dem Hofe Innocenz <hi rendition="#aq">X.</hi> ver&#x017F;chaffte Donna Olim-<lb/>
pia Aemter unter der Bedingung einer monatlichen Erkennt-<lb/>
lichkeit. Und wa&#x0364;re &#x017F;ie nur die Einzige gewe&#x017F;en! Aber die<lb/>
Schwa&#x0364;gerin des Datarius Cecchino, Donna Clementia, ver-<lb/>
fuhr auf a&#x0364;hnliche Wei&#x017F;e. Be&#x017F;onders das Weihnachtsfe&#x017F;t<lb/>
war die große Ernte der Ge&#x017F;chenke. Daß Don Camillo<lb/>
A&#x017F;talli ein&#x017F;tmals, obwohl er es hatte hoffen la&#x017F;&#x017F;en, dann<lb/>
doch mit Donna Olimpia nicht theilen wollte, regte de-<lb/>
ren heftigen Ingrimm auf, und legte den Grund zu &#x017F;einem<lb/>
Sturze. Zu welchen Verfa&#x0364;l&#x017F;chungen ließ &#x017F;ich Mascambruno<lb/>
durch Be&#x017F;techung hinreißen! Den Decreten die er dem<lb/>
Pap&#x017F;t vorlegte, fu&#x0364;gte er fal&#x017F;che Summarien bei: da der<lb/>
Pap&#x017F;t nur die Summarien las, &#x017F;o unterzeichnete er Dinge<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Päp&#x017F;te** 8</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0125] Verwaltung des Staates. chenſtaate ergoſſen, um ihn vollends auszuſaugen.“ 1) Und indeß ließen die Forderungen doch niemals nach. Ein Cardinal verglich dieſe Verwaltung einſt mit ei- nem Pferde, das im Lauf ermuͤdet aufs neue angetrieben werde, und ſich aufs neue in Lauf ſetze, bis es erſchoͤpft ſey und hinſtuͤrze. Dieſer Moment einer voͤlligen Erſchoͤ- pfung ſchien jetzt gekommen. Es hatte ſich der ſchlechteſte Geiſt, der eine Beam- tenſchaft ergreifen kann, gebildet: ein Jeder ſah das Ge- meinweſen hauptſaͤchlich als einen Gegenſtand ſeines per- ſoͤnlichen Vortheils, oft nur ſeiner Habſucht an. Wie riß die Beſtechlichkeit auf eine ſo furchtbare Weiſe ein! An dem Hofe Innocenz X. verſchaffte Donna Olim- pia Aemter unter der Bedingung einer monatlichen Erkennt- lichkeit. Und waͤre ſie nur die Einzige geweſen! Aber die Schwaͤgerin des Datarius Cecchino, Donna Clementia, ver- fuhr auf aͤhnliche Weiſe. Beſonders das Weihnachtsfeſt war die große Ernte der Geſchenke. Daß Don Camillo Aſtalli einſtmals, obwohl er es hatte hoffen laſſen, dann doch mit Donna Olimpia nicht theilen wollte, regte de- ren heftigen Ingrimm auf, und legte den Grund zu ſeinem Sturze. Zu welchen Verfaͤlſchungen ließ ſich Mascambruno durch Beſtechung hinreißen! Den Decreten die er dem Papſt vorlegte, fuͤgte er falſche Summarien bei: da der Papſt nur die Summarien las, ſo unterzeichnete er Dinge 1) Vita di Alessandro VII: Spolpato e quasi in teschio ridotto dalle gabelle Barberine lo stato ecclesiastico e smunta la corte dall’ ingordigia di Olimpia confidavano generoso ristoro della bontà d’Alessandro. Päpſte** 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/125
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/125>, abgerufen am 15.05.2024.