Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh.
schlossenheit und Geist athmen, mit dem milden und aus-
druckslosen Antlitz des Papstes, so wird man inne, wie
es nicht allein möglich, sondern sogar unvermeidlich war,
daß er von ihr beherrscht wurde.

Nachdem sie aber wieder aufgenommen worden, wollte
sie auch nicht dulden, daß die Vortheile, welche die Stel-
lung eines Nepoten mit sich brachte, einem andern
Hause als dem ihren zu Theil würden. Da Astalli nicht,
wie sie wünschte, mit ihr theilte, so ruhte sie nicht, bis
er die Gunst des Papstes verlor, gestürzt und aus dem
Pallaste entfernt wurde, bis sie wieder ohne Nebenbuh-
ler Herr im Hause war. Dagegen trat sie, durch Geschenke
begütigt, mit den Barberini, die indeß zurückgekommen,
jetzt sogar in engere Verbindung.

Wie sehr mußte alle dieser Wechsel von Gnade und
Ungnade, ein so unaufhörlicher Hader der nächsten vertrau-
testen Umgebung den armen alten Papst bedrängen! Auch
der erklärte Bruch kann doch die innere Hinneigung des
Gemüthes nicht vertilgen: sie wird dadurch nur unbe-
quem und peinlich, statt wie sie bestimmt wäre zu Heiter-
keit und Wohlbehagen zu führen. Ueberdieß fühlte der alte
Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herrsch-
sucht und Habgier war: er mißbilligte es, und hätte es
gern abgestellt, doch fühlte er nicht Kraft und Entschluß
dazu: auch wußte er nicht ohne sie fertig zu werden. Sein
Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwärtigkeiten
dahinging, gehört sonst zu den glücklichern: durch diese
Uebelstände in Familie und Pallast ist es jedoch in schlech-

ten

Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſchloſſenheit und Geiſt athmen, mit dem milden und aus-
drucksloſen Antlitz des Papſtes, ſo wird man inne, wie
es nicht allein moͤglich, ſondern ſogar unvermeidlich war,
daß er von ihr beherrſcht wurde.

Nachdem ſie aber wieder aufgenommen worden, wollte
ſie auch nicht dulden, daß die Vortheile, welche die Stel-
lung eines Nepoten mit ſich brachte, einem andern
Hauſe als dem ihren zu Theil wuͤrden. Da Aſtalli nicht,
wie ſie wuͤnſchte, mit ihr theilte, ſo ruhte ſie nicht, bis
er die Gunſt des Papſtes verlor, geſtuͤrzt und aus dem
Pallaſte entfernt wurde, bis ſie wieder ohne Nebenbuh-
ler Herr im Hauſe war. Dagegen trat ſie, durch Geſchenke
beguͤtigt, mit den Barberini, die indeß zuruͤckgekommen,
jetzt ſogar in engere Verbindung.

Wie ſehr mußte alle dieſer Wechſel von Gnade und
Ungnade, ein ſo unaufhoͤrlicher Hader der naͤchſten vertrau-
teſten Umgebung den armen alten Papſt bedraͤngen! Auch
der erklaͤrte Bruch kann doch die innere Hinneigung des
Gemuͤthes nicht vertilgen: ſie wird dadurch nur unbe-
quem und peinlich, ſtatt wie ſie beſtimmt waͤre zu Heiter-
keit und Wohlbehagen zu fuͤhren. Ueberdieß fuͤhlte der alte
Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herrſch-
ſucht und Habgier war: er mißbilligte es, und haͤtte es
gern abgeſtellt, doch fuͤhlte er nicht Kraft und Entſchluß
dazu: auch wußte er nicht ohne ſie fertig zu werden. Sein
Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwaͤrtigkeiten
dahinging, gehoͤrt ſonſt zu den gluͤcklichern: durch dieſe
Uebelſtaͤnde in Familie und Pallaſt iſt es jedoch in ſchlech-

ten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="48"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 17. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit und Gei&#x017F;t athmen, mit dem milden und aus-<lb/>
druckslo&#x017F;en Antlitz des Pap&#x017F;tes, &#x017F;o wird man inne, wie<lb/>
es nicht allein mo&#x0364;glich, &#x017F;ondern &#x017F;ogar unvermeidlich war,<lb/>
daß er von ihr beherr&#x017F;cht wurde.</p><lb/>
          <p>Nachdem &#x017F;ie aber wieder aufgenommen worden, wollte<lb/>
&#x017F;ie auch nicht dulden, daß die Vortheile, welche die Stel-<lb/>
lung eines Nepoten mit &#x017F;ich brachte, einem andern<lb/>
Hau&#x017F;e als dem ihren zu Theil wu&#x0364;rden. Da A&#x017F;talli nicht,<lb/>
wie &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chte, mit ihr theilte, &#x017F;o ruhte &#x017F;ie nicht, bis<lb/>
er die Gun&#x017F;t des Pap&#x017F;tes verlor, ge&#x017F;tu&#x0364;rzt und aus dem<lb/>
Palla&#x017F;te entfernt wurde, bis &#x017F;ie wieder ohne Nebenbuh-<lb/>
ler Herr im Hau&#x017F;e war. Dagegen trat &#x017F;ie, durch Ge&#x017F;chenke<lb/>
begu&#x0364;tigt, mit den Barberini, die indeß zuru&#x0364;ckgekommen,<lb/>
jetzt &#x017F;ogar in engere Verbindung.</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;ehr mußte alle die&#x017F;er Wech&#x017F;el von Gnade und<lb/>
Ungnade, ein &#x017F;o unaufho&#x0364;rlicher Hader der na&#x0364;ch&#x017F;ten vertrau-<lb/>
te&#x017F;ten Umgebung den armen alten Pap&#x017F;t bedra&#x0364;ngen! Auch<lb/>
der erkla&#x0364;rte Bruch kann doch die innere Hinneigung des<lb/>
Gemu&#x0364;thes nicht vertilgen: &#x017F;ie wird dadurch nur unbe-<lb/>
quem und peinlich, &#x017F;tatt wie &#x017F;ie be&#x017F;timmt wa&#x0364;re zu Heiter-<lb/>
keit und Wohlbehagen zu fu&#x0364;hren. Ueberdieß fu&#x0364;hlte der alte<lb/>
Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herr&#x017F;ch-<lb/>
&#x017F;ucht und Habgier war: er mißbilligte es, und ha&#x0364;tte es<lb/>
gern abge&#x017F;tellt, doch fu&#x0364;hlte er nicht Kraft und Ent&#x017F;chluß<lb/>
dazu: auch wußte er nicht ohne &#x017F;ie fertig zu werden. Sein<lb/>
Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwa&#x0364;rtigkeiten<lb/>
dahinging, geho&#x0364;rt &#x017F;on&#x017F;t zu den glu&#x0364;cklichern: durch die&#x017F;e<lb/>
Uebel&#x017F;ta&#x0364;nde in Familie und Palla&#x017F;t i&#x017F;t es jedoch in &#x017F;chlech-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0060] Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. ſchloſſenheit und Geiſt athmen, mit dem milden und aus- drucksloſen Antlitz des Papſtes, ſo wird man inne, wie es nicht allein moͤglich, ſondern ſogar unvermeidlich war, daß er von ihr beherrſcht wurde. Nachdem ſie aber wieder aufgenommen worden, wollte ſie auch nicht dulden, daß die Vortheile, welche die Stel- lung eines Nepoten mit ſich brachte, einem andern Hauſe als dem ihren zu Theil wuͤrden. Da Aſtalli nicht, wie ſie wuͤnſchte, mit ihr theilte, ſo ruhte ſie nicht, bis er die Gunſt des Papſtes verlor, geſtuͤrzt und aus dem Pallaſte entfernt wurde, bis ſie wieder ohne Nebenbuh- ler Herr im Hauſe war. Dagegen trat ſie, durch Geſchenke beguͤtigt, mit den Barberini, die indeß zuruͤckgekommen, jetzt ſogar in engere Verbindung. Wie ſehr mußte alle dieſer Wechſel von Gnade und Ungnade, ein ſo unaufhoͤrlicher Hader der naͤchſten vertrau- teſten Umgebung den armen alten Papſt bedraͤngen! Auch der erklaͤrte Bruch kann doch die innere Hinneigung des Gemuͤthes nicht vertilgen: ſie wird dadurch nur unbe- quem und peinlich, ſtatt wie ſie beſtimmt waͤre zu Heiter- keit und Wohlbehagen zu fuͤhren. Ueberdieß fuͤhlte der alte Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herrſch- ſucht und Habgier war: er mißbilligte es, und haͤtte es gern abgeſtellt, doch fuͤhlte er nicht Kraft und Entſchluß dazu: auch wußte er nicht ohne ſie fertig zu werden. Sein Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwaͤrtigkeiten dahinging, gehoͤrt ſonſt zu den gluͤcklichern: durch dieſe Uebelſtaͤnde in Familie und Pallaſt iſt es jedoch in ſchlech- ten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/60
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/60>, abgerufen am 15.05.2024.