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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Einleitung.
unter dem sie seine höchste Würde bedrohten. Da ihm
dieß nicht gelang, da die Absolution Gregors nicht so voll-
ständig war um die deutschen Fürsten von weiteren Schrit-
ten zurückzuhalten, 1 diese sich vielmehr derselben zum Trotz
einen andern König wählten, so warf er sich in den re-
solutesten Kampf gegen die geistlichen so wie gegen die welt-
lichen Anmaßungen: jetzt erst ward er ein Mann. Über die
Alpen, über die er so eben so demüthig gekommen, eilte er
mit kriegerischem Feuer zurück; in Kärnthen sammelte sich
eine unüberwindliche Schaar ergebener Anhänger um ihn
her; es ist ein denkwürdiges Schauspiel, ihn nun zu be-
gleiten, wie er die geistliche Gewalt in Baiern, die aristo-
kratische feindseliger Geschlechter in Schwaben übermannt,
wie er sich dann nach Franken wendet und seinen Gegen-
könig vor sich her treibt, nach Thüringen, nach den meiß-
nischen Colonien, bis er ihm an der Elster eine Schlacht
liefert, in der derselbe umkommt. Es sind nicht große Siege
die Heinrich erficht: auch an der Elster behauptet er das
Schlachtfeld nicht einmal; aber immer ist er im Vorrücken,
immer mächtiger wächst seine Partei an; die Fahne des Kai-
serthums hält er gewaltig aufrecht. Nach ein paar Jahren
(1081) konnte er sich wieder nach Italien wenden. So
lang und so enge war das Kaiserthum mit der bischöfli-
chen Macht verbündet, daß es ihm auch jetzt an Anhän-
gern unter der hohen Geistlichkeit nicht fehlen konnte: auch

für
1 Lambertus Schaffnaburgensis: (Pistor. I, p. 420) His
conditionibus absolutus est ut -- -- accusationibus responderet
et ad Papae sententiam vel retineret regnum -- -- vel aequo
animo amitteret.

Einleitung.
unter dem ſie ſeine höchſte Würde bedrohten. Da ihm
dieß nicht gelang, da die Abſolution Gregors nicht ſo voll-
ſtändig war um die deutſchen Fürſten von weiteren Schrit-
ten zurückzuhalten, 1 dieſe ſich vielmehr derſelben zum Trotz
einen andern König wählten, ſo warf er ſich in den re-
ſoluteſten Kampf gegen die geiſtlichen ſo wie gegen die welt-
lichen Anmaßungen: jetzt erſt ward er ein Mann. Über die
Alpen, über die er ſo eben ſo demüthig gekommen, eilte er
mit kriegeriſchem Feuer zurück; in Kärnthen ſammelte ſich
eine unüberwindliche Schaar ergebener Anhänger um ihn
her; es iſt ein denkwürdiges Schauſpiel, ihn nun zu be-
gleiten, wie er die geiſtliche Gewalt in Baiern, die ariſto-
kratiſche feindſeliger Geſchlechter in Schwaben übermannt,
wie er ſich dann nach Franken wendet und ſeinen Gegen-
könig vor ſich her treibt, nach Thüringen, nach den meiß-
niſchen Colonien, bis er ihm an der Elſter eine Schlacht
liefert, in der derſelbe umkommt. Es ſind nicht große Siege
die Heinrich erficht: auch an der Elſter behauptet er das
Schlachtfeld nicht einmal; aber immer iſt er im Vorrücken,
immer mächtiger wächſt ſeine Partei an; die Fahne des Kai-
ſerthums hält er gewaltig aufrecht. Nach ein paar Jahren
(1081) konnte er ſich wieder nach Italien wenden. So
lang und ſo enge war das Kaiſerthum mit der biſchöfli-
chen Macht verbündet, daß es ihm auch jetzt an Anhän-
gern unter der hohen Geiſtlichkeit nicht fehlen konnte: auch

für
1 Lambertus Schaffnaburgensis: (Pistor. I, p. 420) His
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et ad Papae sententiam vel retineret regnum — — vel aequo
animo amitteret.
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[32/0050] Einleitung. unter dem ſie ſeine höchſte Würde bedrohten. Da ihm dieß nicht gelang, da die Abſolution Gregors nicht ſo voll- ſtändig war um die deutſchen Fürſten von weiteren Schrit- ten zurückzuhalten, 1 dieſe ſich vielmehr derſelben zum Trotz einen andern König wählten, ſo warf er ſich in den re- ſoluteſten Kampf gegen die geiſtlichen ſo wie gegen die welt- lichen Anmaßungen: jetzt erſt ward er ein Mann. Über die Alpen, über die er ſo eben ſo demüthig gekommen, eilte er mit kriegeriſchem Feuer zurück; in Kärnthen ſammelte ſich eine unüberwindliche Schaar ergebener Anhänger um ihn her; es iſt ein denkwürdiges Schauſpiel, ihn nun zu be- gleiten, wie er die geiſtliche Gewalt in Baiern, die ariſto- kratiſche feindſeliger Geſchlechter in Schwaben übermannt, wie er ſich dann nach Franken wendet und ſeinen Gegen- könig vor ſich her treibt, nach Thüringen, nach den meiß- niſchen Colonien, bis er ihm an der Elſter eine Schlacht liefert, in der derſelbe umkommt. Es ſind nicht große Siege die Heinrich erficht: auch an der Elſter behauptet er das Schlachtfeld nicht einmal; aber immer iſt er im Vorrücken, immer mächtiger wächſt ſeine Partei an; die Fahne des Kai- ſerthums hält er gewaltig aufrecht. Nach ein paar Jahren (1081) konnte er ſich wieder nach Italien wenden. So lang und ſo enge war das Kaiſerthum mit der biſchöfli- chen Macht verbündet, daß es ihm auch jetzt an Anhän- gern unter der hohen Geiſtlichkeit nicht fehlen konnte: auch für 1 Lambertus Schaffnaburgensis: (Pistor. I, p. 420) His conditionibus absolutus est ut — — accusationibus responderet et ad Papae sententiam vel retineret regnum — — vel aequo animo amitteret.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/50>, abgerufen am 28.04.2024.