Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Einnahme von Genua.

Da die Kriegscasse der Franzosen erschöpft war, ließen
sich die Schweizer hierauf nicht länger im Felde halten: sie
begaben sich nach Hause. Auch die Franzosen gaben jetzt
den Feldzug verloren. Auf einem oder dem andern Weg
giengen sie über die Alpen zurück. Das ganze mailändische
Gebiet kam bis auf ein paar Castelle wieder in die Hände
Sforzas und erkannte den Kaiser als seinen Lehnsherrn an.

Da konnte die französisch-gesinnte Partei sich auch in
Genua nicht länger behaupten. Unglücklicherweise war sie
zwar so mächtig, um den Abschluß eines Vertrages zu
verhindern, so lang es noch Zeit war, aber zu allem ei-
gentlichen Widerstand unfähig. Die Stadt ward mit Ge-
walt genommen und geplündert. Die Adorni erreichten
nun wirklich das Ziel das sie von Anfang an ins Auge
gefaßt, und gelangten zur Regierung.

Bei den italienischen Geschichtschreibern tritt der An-
theil den die Deutschen daran nahmen minder hervor.
Desto ausführlicher schildert das historische Lied, 1 "wie man
den Adler aufs neue fliegen läßt, unter dem sich jetzt mancher

sie andre entgegen, worin sie sich vertheidigten: sehr bekannt wurde
ein Lied des Nicl. Manuel, das überaus gröblich ausgefallen ist.
(Abgedruckt bei Grüneisen p. 400.) Aber auch da wird doch ei-
gentlich nicht geleugnet, wie Bullinger daraus entnimmt, daß es zu
einem Handgemenge gekommen sey. Sind doch nach den Erkundi-
gungen die den andern Tag ein venezianischer Kundschafter einbrachte,
auch auf der kaiserlichen Seite bei 1000 M. geblieben. Sehr un-
klar fand ich den Bericht von Ugo Foscolo in der Chronik des Sa-
nuto Bd XXXIII. Non si sa, schließt derselbe, chel causasse,
nostri si misseno a ritirare in gran desordine.
Nach seiner Dar-
stellung bleibt das auch allerdings ganz dunkel.
1 Ein hüpsch neü lied von der Stat Genna vnd wie sy die
Lantzknecht erobert haben. Vgl. Varese: Storia di Genova IV, 315.
Einnahme von Genua.

Da die Kriegscaſſe der Franzoſen erſchöpft war, ließen
ſich die Schweizer hierauf nicht länger im Felde halten: ſie
begaben ſich nach Hauſe. Auch die Franzoſen gaben jetzt
den Feldzug verloren. Auf einem oder dem andern Weg
giengen ſie über die Alpen zurück. Das ganze mailändiſche
Gebiet kam bis auf ein paar Caſtelle wieder in die Hände
Sforzas und erkannte den Kaiſer als ſeinen Lehnsherrn an.

Da konnte die franzöſiſch-geſinnte Partei ſich auch in
Genua nicht länger behaupten. Unglücklicherweiſe war ſie
zwar ſo mächtig, um den Abſchluß eines Vertrages zu
verhindern, ſo lang es noch Zeit war, aber zu allem ei-
gentlichen Widerſtand unfähig. Die Stadt ward mit Ge-
walt genommen und geplündert. Die Adorni erreichten
nun wirklich das Ziel das ſie von Anfang an ins Auge
gefaßt, und gelangten zur Regierung.

Bei den italieniſchen Geſchichtſchreibern tritt der An-
theil den die Deutſchen daran nahmen minder hervor.
Deſto ausführlicher ſchildert das hiſtoriſche Lied, 1 „wie man
den Adler aufs neue fliegen läßt, unter dem ſich jetzt mancher

ſie andre entgegen, worin ſie ſich vertheidigten: ſehr bekannt wurde
ein Lied des Nicl. Manuel, das uͤberaus groͤblich ausgefallen iſt.
(Abgedruckt bei Gruͤneiſen p. 400.) Aber auch da wird doch ei-
gentlich nicht geleugnet, wie Bullinger daraus entnimmt, daß es zu
einem Handgemenge gekommen ſey. Sind doch nach den Erkundi-
gungen die den andern Tag ein venezianiſcher Kundſchafter einbrachte,
auch auf der kaiſerlichen Seite bei 1000 M. geblieben. Sehr un-
klar fand ich den Bericht von Ugo Foscolo in der Chronik des Sa-
nuto Bd XXXIII. Non si sa, ſchließt derſelbe, chel causasse,
nostri si misseno a ritirare in gran desordine.
Nach ſeiner Dar-
ſtellung bleibt das auch allerdings ganz dunkel.
1 Ein hüpſch neü lied von der Stat Genna vnd wie ſy die
Lantzknecht erobert haben. Vgl. Vareſe: Storia di Genova IV, 315.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0291" n="281"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einnahme von Genua</hi>.</fw><lb/>
            <p>Da die Kriegsca&#x017F;&#x017F;e der Franzo&#x017F;en er&#x017F;chöpft war, ließen<lb/>
&#x017F;ich die Schweizer hierauf nicht länger im Felde halten: &#x017F;ie<lb/>
begaben &#x017F;ich nach Hau&#x017F;e. Auch die Franzo&#x017F;en gaben jetzt<lb/>
den Feldzug verloren. Auf einem oder dem andern Weg<lb/>
giengen &#x017F;ie über die Alpen zurück. Das ganze mailändi&#x017F;che<lb/>
Gebiet kam bis auf ein paar Ca&#x017F;telle wieder in die Hände<lb/>
Sforzas und erkannte den Kai&#x017F;er als &#x017F;einen Lehnsherrn an.</p><lb/>
            <p>Da konnte die franzö&#x017F;i&#x017F;ch-ge&#x017F;innte Partei &#x017F;ich auch in<lb/>
Genua nicht länger behaupten. Unglücklicherwei&#x017F;e war &#x017F;ie<lb/>
zwar &#x017F;o mächtig, um den Ab&#x017F;chluß eines Vertrages zu<lb/>
verhindern, &#x017F;o lang es noch Zeit war, aber zu allem ei-<lb/>
gentlichen Wider&#x017F;tand unfähig. Die Stadt ward mit Ge-<lb/>
walt genommen und geplündert. Die Adorni erreichten<lb/>
nun wirklich das Ziel das &#x017F;ie von Anfang an ins Auge<lb/>
gefaßt, und gelangten zur Regierung.</p><lb/>
            <p>Bei den italieni&#x017F;chen Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreibern tritt der An-<lb/>
theil den die Deut&#x017F;chen daran nahmen minder hervor.<lb/>
De&#x017F;to ausführlicher &#x017F;childert das hi&#x017F;tori&#x017F;che Lied, <note place="foot" n="1">Ein hüp&#x017F;ch neü lied von der Stat Genna vnd wie &#x017F;y die<lb/>
Lantzknecht erobert haben. Vgl. Vare&#x017F;e: <hi rendition="#aq">Storia di Genova IV,</hi> 315.</note> &#x201E;wie man<lb/>
den Adler aufs neue fliegen läßt, unter dem &#x017F;ich jetzt mancher<lb/><note xml:id="seg2pn_25_2" prev="#seg2pn_25_1" place="foot" n="1">&#x017F;ie andre entgegen, worin &#x017F;ie &#x017F;ich vertheidigten: &#x017F;ehr bekannt wurde<lb/>
ein Lied des Nicl. Manuel, das u&#x0364;beraus gro&#x0364;blich ausgefallen i&#x017F;t.<lb/>
(Abgedruckt bei Gru&#x0364;nei&#x017F;en <hi rendition="#aq">p.</hi> 400.) Aber auch da wird doch ei-<lb/>
gentlich nicht geleugnet, wie Bullinger daraus entnimmt, daß es zu<lb/>
einem Handgemenge gekommen &#x017F;ey. Sind doch nach den Erkundi-<lb/>
gungen die den andern Tag ein veneziani&#x017F;cher Kund&#x017F;chafter einbrachte,<lb/>
auch auf der kai&#x017F;erlichen Seite bei 1000 M. geblieben. Sehr un-<lb/>
klar fand ich den Bericht von Ugo Foscolo in der Chronik des Sa-<lb/>
nuto Bd <hi rendition="#aq">XXXIII. Non si sa,</hi> &#x017F;chließt der&#x017F;elbe, <hi rendition="#aq">chel causasse,<lb/>
nostri si misseno a ritirare in gran desordine.</hi> Nach &#x017F;einer Dar-<lb/>
&#x017F;tellung bleibt das auch allerdings ganz dunkel.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0291] Einnahme von Genua. Da die Kriegscaſſe der Franzoſen erſchöpft war, ließen ſich die Schweizer hierauf nicht länger im Felde halten: ſie begaben ſich nach Hauſe. Auch die Franzoſen gaben jetzt den Feldzug verloren. Auf einem oder dem andern Weg giengen ſie über die Alpen zurück. Das ganze mailändiſche Gebiet kam bis auf ein paar Caſtelle wieder in die Hände Sforzas und erkannte den Kaiſer als ſeinen Lehnsherrn an. Da konnte die franzöſiſch-geſinnte Partei ſich auch in Genua nicht länger behaupten. Unglücklicherweiſe war ſie zwar ſo mächtig, um den Abſchluß eines Vertrages zu verhindern, ſo lang es noch Zeit war, aber zu allem ei- gentlichen Widerſtand unfähig. Die Stadt ward mit Ge- walt genommen und geplündert. Die Adorni erreichten nun wirklich das Ziel das ſie von Anfang an ins Auge gefaßt, und gelangten zur Regierung. Bei den italieniſchen Geſchichtſchreibern tritt der An- theil den die Deutſchen daran nahmen minder hervor. Deſto ausführlicher ſchildert das hiſtoriſche Lied, 1 „wie man den Adler aufs neue fliegen läßt, unter dem ſich jetzt mancher 1 1 Ein hüpſch neü lied von der Stat Genna vnd wie ſy die Lantzknecht erobert haben. Vgl. Vareſe: Storia di Genova IV, 315. 1 ſie andre entgegen, worin ſie ſich vertheidigten: ſehr bekannt wurde ein Lied des Nicl. Manuel, das uͤberaus groͤblich ausgefallen iſt. (Abgedruckt bei Gruͤneiſen p. 400.) Aber auch da wird doch ei- gentlich nicht geleugnet, wie Bullinger daraus entnimmt, daß es zu einem Handgemenge gekommen ſey. Sind doch nach den Erkundi- gungen die den andern Tag ein venezianiſcher Kundſchafter einbrachte, auch auf der kaiſerlichen Seite bei 1000 M. geblieben. Sehr un- klar fand ich den Bericht von Ugo Foscolo in der Chronik des Sa- nuto Bd XXXIII. Non si sa, ſchließt derſelbe, chel causasse, nostri si misseno a ritirare in gran desordine. Nach ſeiner Dar- ſtellung bleibt das auch allerdings ganz dunkel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/291
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/291>, abgerufen am 29.04.2024.