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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Ausföhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
der Gelegenheit wahr, sich von den Prälaten zu Aschaffen-
burg
und Fulda starke Brandschatzungen zahlen zu lassen,
mit denen er seine Truppen einigermaßen befriedigen konnte;
aber seines Bleibens war nirgend: jeden Tag erhielt er aus
seinem Lande Nachrichten von größern Verlusten und drin-
gendern Gefahren; dahin eilte er unverzüglich zurück.

Hiedurch bekam der Kaiser, der gleich nach dem Abzug
Giengen, Nördlingen, Rothenburg besetzt, und jetzt keinen
Feind weiter erblickte, die beste Gelegenheit, sich gegen die
bei weitem wichtigern schwäbischen Städte zu wenden.

Und hier hatte er wieder den Vortheil, daß der Abschied
von Giengen nicht ordentlich zur Ausführung gebracht wurde.

Vor allem: die Reiter, deren man, wie wir wissen, dort
zu Lande hauptsächlich bedurfte, waren nicht zurückgeblieben,
wie man verabschiedet hatte. Landgraf Philipp behauptet,
das habe darin seinen Grund, daß man denselben von städti-
scher Seite zu geringen Sold geboten.

Dann war das Winterlager überhaupt gar nicht zu
Stande gekommen.

Der Bürgermeister und die fünf Geheimen von Ulm
behaupten, der Fehler habe an den übrigen Städten gele-
gen, welche ihre Einwilligung nicht zugeschrieben. Es ist ihnen
wohl entgegnet worden, es hätte keines Zuschreibens bedurft,
da der Beschluß an sich klar gewesen sey. Der Grund des
Übels lag darin, daß Ulm keine Neigung hatte neue Vor-
schüsse und Auslagen zu machen, die ihm früher nur säumig
waren wieder erstattet worden.

Überhaupt ließ sich in dieser Stadt, die bisher die re-
ligiöse Angelegenheit mit dem größten Eifer gefördert, eine

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Ausfoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
der Gelegenheit wahr, ſich von den Prälaten zu Aſchaffen-
burg
und Fulda ſtarke Brandſchatzungen zahlen zu laſſen,
mit denen er ſeine Truppen einigermaßen befriedigen konnte;
aber ſeines Bleibens war nirgend: jeden Tag erhielt er aus
ſeinem Lande Nachrichten von größern Verluſten und drin-
gendern Gefahren; dahin eilte er unverzüglich zurück.

Hiedurch bekam der Kaiſer, der gleich nach dem Abzug
Giengen, Nördlingen, Rothenburg beſetzt, und jetzt keinen
Feind weiter erblickte, die beſte Gelegenheit, ſich gegen die
bei weitem wichtigern ſchwäbiſchen Städte zu wenden.

Und hier hatte er wieder den Vortheil, daß der Abſchied
von Giengen nicht ordentlich zur Ausführung gebracht wurde.

Vor allem: die Reiter, deren man, wie wir wiſſen, dort
zu Lande hauptſächlich bedurfte, waren nicht zurückgeblieben,
wie man verabſchiedet hatte. Landgraf Philipp behauptet,
das habe darin ſeinen Grund, daß man denſelben von ſtädti-
ſcher Seite zu geringen Sold geboten.

Dann war das Winterlager überhaupt gar nicht zu
Stande gekommen.

Der Bürgermeiſter und die fünf Geheimen von Ulm
behaupten, der Fehler habe an den übrigen Städten gele-
gen, welche ihre Einwilligung nicht zugeſchrieben. Es iſt ihnen
wohl entgegnet worden, es hätte keines Zuſchreibens bedurft,
da der Beſchluß an ſich klar geweſen ſey. Der Grund des
Übels lag darin, daß Ulm keine Neigung hatte neue Vor-
ſchüſſe und Auslagen zu machen, die ihm früher nur ſäumig
waren wieder erſtattet worden.

Überhaupt ließ ſich in dieſer Stadt, die bisher die re-
ligiöſe Angelegenheit mit dem größten Eifer gefördert, eine

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[451/0463] Ausfoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm. der Gelegenheit wahr, ſich von den Prälaten zu Aſchaffen- burg und Fulda ſtarke Brandſchatzungen zahlen zu laſſen, mit denen er ſeine Truppen einigermaßen befriedigen konnte; aber ſeines Bleibens war nirgend: jeden Tag erhielt er aus ſeinem Lande Nachrichten von größern Verluſten und drin- gendern Gefahren; dahin eilte er unverzüglich zurück. Hiedurch bekam der Kaiſer, der gleich nach dem Abzug Giengen, Nördlingen, Rothenburg beſetzt, und jetzt keinen Feind weiter erblickte, die beſte Gelegenheit, ſich gegen die bei weitem wichtigern ſchwäbiſchen Städte zu wenden. Und hier hatte er wieder den Vortheil, daß der Abſchied von Giengen nicht ordentlich zur Ausführung gebracht wurde. Vor allem: die Reiter, deren man, wie wir wiſſen, dort zu Lande hauptſächlich bedurfte, waren nicht zurückgeblieben, wie man verabſchiedet hatte. Landgraf Philipp behauptet, das habe darin ſeinen Grund, daß man denſelben von ſtädti- ſcher Seite zu geringen Sold geboten. Dann war das Winterlager überhaupt gar nicht zu Stande gekommen. Der Bürgermeiſter und die fünf Geheimen von Ulm behaupten, der Fehler habe an den übrigen Städten gele- gen, welche ihre Einwilligung nicht zugeſchrieben. Es iſt ihnen wohl entgegnet worden, es hätte keines Zuſchreibens bedurft, da der Beſchluß an ſich klar geweſen ſey. Der Grund des Übels lag darin, daß Ulm keine Neigung hatte neue Vor- ſchüſſe und Auslagen zu machen, die ihm früher nur ſäumig waren wieder erſtattet worden. Überhaupt ließ ſich in dieſer Stadt, die bisher die re- ligiöſe Angelegenheit mit dem größten Eifer gefördert, eine 29*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/463>, abgerufen am 28.04.2024.