Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Gefangennehmung Landgraf Philipps.

Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun-
gen zwischen den beiden Fürsten und den kaiserlichen Räthen.
Die letztern beschwerten sich sogar selbst, über den Trotz den
Moritz am vorigen Abend gezeigt habe, über den schlechten Ruf
den man dem Kaiser mache, indem man zu verstehn gebe, er
thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre;
sie zogen die Artikel hervor, auf welche er sein Verfahren be-
gründete, und forderten das Geständniß, daß er befugt ge-
wesen so zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde
gedrängt, konnten das die beiden Fürsten am Ende nicht
ableugnen; aber sie betheuerten daß sie dieselbe für längst
beseitigt gehalten: in ihnen sey keine Ahnung davon aufge-
kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne;
indem sie an die Zusage erinnerten die sie ihm gegeben, flehten
sie den Kaiser an, wenn sie oder ihre Vorfahren jemals et-
was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht
ihnen eine Gnade zuzuwenden, so möge es diese seyn: er
möge sie nicht in diesem Unruhm stecken lassen. Hierauf
versprach ihnen der Kaiser, sobald sich zeige daß man land-
gräflicher Seits mit Ernst zur Ausführung der Capitulation
schreite, wolle er ihnen auf weiteres Ansuchen so antworten
daß sie zufrieden seyn sollten. Die Churfürsten sahen daß
nicht weiter zu kommen war, und verließen das kaiserliche
Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kaiser seine beiden

equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit-
tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Monsr d'Arras ha vo-
luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri-
gion perpetua, ma non di lassarlo libero.
Es trifft ziemlich, daß
sich die Churfürsten eine schriftliche Versicherung der Zusage auf die
sie trauten als sie den Landgrafen einluden, hätten geben lassen sollen.
34*
Gefangennehmung Landgraf Philipps.

Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun-
gen zwiſchen den beiden Fürſten und den kaiſerlichen Räthen.
Die letztern beſchwerten ſich ſogar ſelbſt, über den Trotz den
Moritz am vorigen Abend gezeigt habe, über den ſchlechten Ruf
den man dem Kaiſer mache, indem man zu verſtehn gebe, er
thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre;
ſie zogen die Artikel hervor, auf welche er ſein Verfahren be-
gründete, und forderten das Geſtändniß, daß er befugt ge-
weſen ſo zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde
gedrängt, konnten das die beiden Fürſten am Ende nicht
ableugnen; aber ſie betheuerten daß ſie dieſelbe für längſt
beſeitigt gehalten: in ihnen ſey keine Ahnung davon aufge-
kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne;
indem ſie an die Zuſage erinnerten die ſie ihm gegeben, flehten
ſie den Kaiſer an, wenn ſie oder ihre Vorfahren jemals et-
was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht
ihnen eine Gnade zuzuwenden, ſo möge es dieſe ſeyn: er
möge ſie nicht in dieſem Unruhm ſtecken laſſen. Hierauf
verſprach ihnen der Kaiſer, ſobald ſich zeige daß man land-
gräflicher Seits mit Ernſt zur Ausführung der Capitulation
ſchreite, wolle er ihnen auf weiteres Anſuchen ſo antworten
daß ſie zufrieden ſeyn ſollten. Die Churfürſten ſahen daß
nicht weiter zu kommen war, und verließen das kaiſerliche
Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kaiſer ſeine beiden

equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit-
tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Monsr d’Arras ha vo-
luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri-
gion perpetua, ma non di lassarlo libero.
Es trifft ziemlich, daß
ſich die Churfuͤrſten eine ſchriftliche Verſicherung der Zuſage auf die
ſie trauten als ſie den Landgrafen einluden, haͤtten geben laſſen ſollen.
34*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0543" n="531"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Gefangennehmung Landgraf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11859382X">Philipps</persName></hi>.</fw><lb/>
            <p>Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun-<lb/>
gen zwi&#x017F;chen den beiden Für&#x017F;ten und den kai&#x017F;erlichen Räthen.<lb/>
Die letztern be&#x017F;chwerten &#x017F;ich &#x017F;ogar &#x017F;elb&#x017F;t, über den Trotz den<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName> am vorigen Abend gezeigt habe, über den &#x017F;chlechten Ruf<lb/>
den man dem Kai&#x017F;er mache, indem man zu ver&#x017F;tehn gebe, er<lb/>
thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre;<lb/>
&#x017F;ie zogen die Artikel hervor, auf welche er &#x017F;ein Verfahren be-<lb/>
gründete, und forderten das Ge&#x017F;tändniß, daß er befugt ge-<lb/>
we&#x017F;en &#x017F;o zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde<lb/>
gedrängt, konnten das die beiden Für&#x017F;ten am Ende nicht<lb/>
ableugnen; aber &#x017F;ie betheuerten daß &#x017F;ie die&#x017F;elbe für läng&#x017F;t<lb/>
be&#x017F;eitigt gehalten: in ihnen &#x017F;ey keine Ahnung davon aufge-<lb/>
kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne;<lb/>
indem &#x017F;ie an die Zu&#x017F;age erinnerten die &#x017F;ie ihm gegeben, flehten<lb/>
&#x017F;ie den Kai&#x017F;er an, wenn &#x017F;ie oder ihre Vorfahren jemals et-<lb/>
was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht<lb/>
ihnen eine Gnade zuzuwenden, &#x017F;o möge es die&#x017F;e &#x017F;eyn: er<lb/>
möge &#x017F;ie nicht in die&#x017F;em Unruhm &#x017F;tecken la&#x017F;&#x017F;en. Hierauf<lb/>
ver&#x017F;prach ihnen der Kai&#x017F;er, &#x017F;obald &#x017F;ich zeige daß man land-<lb/>
gräflicher Seits mit Ern&#x017F;t zur Ausführung der Capitulation<lb/>
&#x017F;chreite, wolle er ihnen auf weiteres An&#x017F;uchen &#x017F;o antworten<lb/>
daß &#x017F;ie zufrieden &#x017F;eyn &#x017F;ollten. Die Churfür&#x017F;ten &#x017F;ahen daß<lb/>
nicht weiter zu kommen war, und verließen das kai&#x017F;erliche<lb/>
Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kai&#x017F;er &#x017F;eine beiden<lb/><note xml:id="fn31f" prev="#fn31i" place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit-<lb/>
tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Mons<hi rendition="#sup">r</hi> d&#x2019;<placeName>Arras</placeName> ha vo-<lb/>
luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri-<lb/>
gion perpetua, ma non di lassarlo libero.</hi> Es trifft ziemlich, daß<lb/>
&#x017F;ich die Churfu&#x0364;r&#x017F;ten eine &#x017F;chriftliche Ver&#x017F;icherung der Zu&#x017F;age auf die<lb/>
&#x017F;ie trauten als &#x017F;ie den Landgrafen einluden, ha&#x0364;tten geben la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">34*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[531/0543] Gefangennehmung Landgraf Philipps. Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun- gen zwiſchen den beiden Fürſten und den kaiſerlichen Räthen. Die letztern beſchwerten ſich ſogar ſelbſt, über den Trotz den Moritz am vorigen Abend gezeigt habe, über den ſchlechten Ruf den man dem Kaiſer mache, indem man zu verſtehn gebe, er thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre; ſie zogen die Artikel hervor, auf welche er ſein Verfahren be- gründete, und forderten das Geſtändniß, daß er befugt ge- weſen ſo zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde gedrängt, konnten das die beiden Fürſten am Ende nicht ableugnen; aber ſie betheuerten daß ſie dieſelbe für längſt beſeitigt gehalten: in ihnen ſey keine Ahnung davon aufge- kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne; indem ſie an die Zuſage erinnerten die ſie ihm gegeben, flehten ſie den Kaiſer an, wenn ſie oder ihre Vorfahren jemals et- was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht ihnen eine Gnade zuzuwenden, ſo möge es dieſe ſeyn: er möge ſie nicht in dieſem Unruhm ſtecken laſſen. Hierauf verſprach ihnen der Kaiſer, ſobald ſich zeige daß man land- gräflicher Seits mit Ernſt zur Ausführung der Capitulation ſchreite, wolle er ihnen auf weiteres Anſuchen ſo antworten daß ſie zufrieden ſeyn ſollten. Die Churfürſten ſahen daß nicht weiter zu kommen war, und verließen das kaiſerliche Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kaiſer ſeine beiden 1 1 equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit- tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Monsr d’Arras ha vo- luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri- gion perpetua, ma non di lassarlo libero. Es trifft ziemlich, daß ſich die Churfuͤrſten eine ſchriftliche Verſicherung der Zuſage auf die ſie trauten als ſie den Landgrafen einluden, haͤtten geben laſſen ſollen. 34*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/543
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/543>, abgerufen am 26.04.2024.