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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Erweiterung des schmalkaldischen Bundes.
wenn auch der Kaiser sich sehr gnädig vernehmen ließ. Um
jede Annäherung der Protestanten an Frankreich zu verhin-
dern, erklärte er aus seinem Feldlager von Savigliano, wo
die letzten Unterhandlungen vor dem Zug in die Provence
gepflogen wurden und auch ein päpstlicher Gesandter anwe-
send war, er werde den aufgerichteten Stillstand halten, Nie-
mand überziehen, den Zwiespalt in der Religion überhaupt
nur durch friedliche Mittel beizulegen suchen. 1

Waren sie aber hier mit dem Kaiser verbündet, so ge-
reichte ihnen -- so sonderbar war ihre Stellung -- auf einer
andern Seite das Mißlingen seiner Absichten, jener Ausgang
des nordischen Krieges, den wir schon berührten, zum Vor-
theil. Bei den Anstrengungen die gegen Frankreich gemacht
werden mußten, war man in den Niederlanden nicht im
Stande, die Unternehmung des Pfalzgrafen Friedrich gegen
Dänemark, die der Kaiser noch immer im Auge hatte, mit
der gehörigen Kraft ins Werk zu setzen. Als der Pfalzgraf
in den Niederlanden anlangte, fand er die Vorbereitungen
bei weitem unter seiner Erwartung, und entschloß sich die
Sache für dießmal aufzugeben. 2 Vergeblich erwartete die
Kopenhagener Besatzung die Hülfe die man ihr von dort
aus zugesagt. Auch die Unterstützung die sie von Deutsch-
land
bisher noch empfangen hörte auf. Besonders der
Erzbischof von Bremen war es, durch dessen Theilnahme
und Bemühung ihr solche bisher zu Theil geworden; aber
damit war jetzt nicht einmal der Bruder desselben, Herzog

1 7 Juli. Abgedruckt bei Neudecker Urkk. 268.
2 Schreiben des Herzog Heinrich, mitgetheilt in einer der Streit-
schriften Philipps v. Hessen gegen ihn: bei Hortleder I, iv, 19, nr. 41.

Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
wenn auch der Kaiſer ſich ſehr gnädig vernehmen ließ. Um
jede Annäherung der Proteſtanten an Frankreich zu verhin-
dern, erklärte er aus ſeinem Feldlager von Savigliano, wo
die letzten Unterhandlungen vor dem Zug in die Provence
gepflogen wurden und auch ein päpſtlicher Geſandter anwe-
ſend war, er werde den aufgerichteten Stillſtand halten, Nie-
mand überziehen, den Zwieſpalt in der Religion überhaupt
nur durch friedliche Mittel beizulegen ſuchen. 1

Waren ſie aber hier mit dem Kaiſer verbündet, ſo ge-
reichte ihnen — ſo ſonderbar war ihre Stellung — auf einer
andern Seite das Mißlingen ſeiner Abſichten, jener Ausgang
des nordiſchen Krieges, den wir ſchon berührten, zum Vor-
theil. Bei den Anſtrengungen die gegen Frankreich gemacht
werden mußten, war man in den Niederlanden nicht im
Stande, die Unternehmung des Pfalzgrafen Friedrich gegen
Dänemark, die der Kaiſer noch immer im Auge hatte, mit
der gehörigen Kraft ins Werk zu ſetzen. Als der Pfalzgraf
in den Niederlanden anlangte, fand er die Vorbereitungen
bei weitem unter ſeiner Erwartung, und entſchloß ſich die
Sache für dießmal aufzugeben. 2 Vergeblich erwartete die
Kopenhagener Beſatzung die Hülfe die man ihr von dort
aus zugeſagt. Auch die Unterſtützung die ſie von Deutſch-
land
bisher noch empfangen hörte auf. Beſonders der
Erzbiſchof von Bremen war es, durch deſſen Theilnahme
und Bemühung ihr ſolche bisher zu Theil geworden; aber
damit war jetzt nicht einmal der Bruder deſſelben, Herzog

1 7 Juli. Abgedruckt bei Neudecker Urkk. 268.
2 Schreiben des Herzog Heinrich, mitgetheilt in einer der Streit-
ſchriften Philipps v. Heſſen gegen ihn: bei Hortleder I, iv, 19, nr. 41.
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[87/0099] Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes. wenn auch der Kaiſer ſich ſehr gnädig vernehmen ließ. Um jede Annäherung der Proteſtanten an Frankreich zu verhin- dern, erklärte er aus ſeinem Feldlager von Savigliano, wo die letzten Unterhandlungen vor dem Zug in die Provence gepflogen wurden und auch ein päpſtlicher Geſandter anwe- ſend war, er werde den aufgerichteten Stillſtand halten, Nie- mand überziehen, den Zwieſpalt in der Religion überhaupt nur durch friedliche Mittel beizulegen ſuchen. 1 Waren ſie aber hier mit dem Kaiſer verbündet, ſo ge- reichte ihnen — ſo ſonderbar war ihre Stellung — auf einer andern Seite das Mißlingen ſeiner Abſichten, jener Ausgang des nordiſchen Krieges, den wir ſchon berührten, zum Vor- theil. Bei den Anſtrengungen die gegen Frankreich gemacht werden mußten, war man in den Niederlanden nicht im Stande, die Unternehmung des Pfalzgrafen Friedrich gegen Dänemark, die der Kaiſer noch immer im Auge hatte, mit der gehörigen Kraft ins Werk zu ſetzen. Als der Pfalzgraf in den Niederlanden anlangte, fand er die Vorbereitungen bei weitem unter ſeiner Erwartung, und entſchloß ſich die Sache für dießmal aufzugeben. 2 Vergeblich erwartete die Kopenhagener Beſatzung die Hülfe die man ihr von dort aus zugeſagt. Auch die Unterſtützung die ſie von Deutſch- land bisher noch empfangen hörte auf. Beſonders der Erzbiſchof von Bremen war es, durch deſſen Theilnahme und Bemühung ihr ſolche bisher zu Theil geworden; aber damit war jetzt nicht einmal der Bruder deſſelben, Herzog 1 7 Juli. Abgedruckt bei Neudecker Urkk. 268. 2 Schreiben des Herzog Heinrich, mitgetheilt in einer der Streit- ſchriften Philipps v. Heſſen gegen ihn: bei Hortleder I, iv, 19, nr. 41.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/99>, abgerufen am 26.04.2024.