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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Die Protestanten in Trient.
ihnen nach Trient kamen, um das unterbrochene allgemeine
Concil fortzusetzen.

Eigentlich nun erst erhielt es den Character der ihm ur-
sprünglich vom Kaiser zugedacht worden: es ward jetzt Ernst
mit dem Gedanken, die in Deutschland erhobenen religiösen
Streitfragen unter lebendiger Mitwirkung der Deutschen auf
einem allgemeinen Concil zur Entscheidung zu bringen. 1

Am letzten Tage des August nahmen die Churfürsten
von Mainz und von Trier in der allgemeinen Congregation
persönlich ihren Platz ein: die ältesten erzbischöflichen Sitze
hatten ihnen den Rang gelassen. Nach einiger Zeit langte
auch der Erzbischof von Cölln an; andre Prälaten folgten.

Die Hauptsache aber war, daß indeß auch protestanti-
sche Theologen und Procuratoren sich fertig machten, am
Concilium zu erscheinen.

Da diese aber durch keine kirchliche Würde eine Be-
deutung besaßen, die persönlich in ihnen geruht hätte, son-
dern nur als Repräsentanten der evangelischen Gemeinschaft
etwas waren, so bereitete man ihre Sendung durch neue
Bekenntnißschriften vor.

Das geschah wohl nicht darum, wie man gesagt hat,
weil dem Kaiser schon die Benennung der schmalkaldischen
Artikel, die einst zu ähnlichem Behuf aufgesetzt worden,
oder auch der augsburgischen Confession so verhaßt gewe-
sen wäre, daß man ihm damit nicht hätte kommen wollen.
Wir wissen recht gut, daß die Abfassung der frühern Confes-

1 Die erste Eröffnung fand am 1 Mai Statt, allein zu der
Verhandlung zu schreiten schob man bis zum 1 September auf, "per
aspettare i Tedeschi."
Pallavicini XI, xiv, 4.
Ranke D. Gesch. V. 9

Die Proteſtanten in Trient.
ihnen nach Trient kamen, um das unterbrochene allgemeine
Concil fortzuſetzen.

Eigentlich nun erſt erhielt es den Character der ihm ur-
ſprünglich vom Kaiſer zugedacht worden: es ward jetzt Ernſt
mit dem Gedanken, die in Deutſchland erhobenen religiöſen
Streitfragen unter lebendiger Mitwirkung der Deutſchen auf
einem allgemeinen Concil zur Entſcheidung zu bringen. 1

Am letzten Tage des Auguſt nahmen die Churfürſten
von Mainz und von Trier in der allgemeinen Congregation
perſönlich ihren Platz ein: die älteſten erzbiſchöflichen Sitze
hatten ihnen den Rang gelaſſen. Nach einiger Zeit langte
auch der Erzbiſchof von Cölln an; andre Prälaten folgten.

Die Hauptſache aber war, daß indeß auch proteſtanti-
ſche Theologen und Procuratoren ſich fertig machten, am
Concilium zu erſcheinen.

Da dieſe aber durch keine kirchliche Würde eine Be-
deutung beſaßen, die perſönlich in ihnen geruht hätte, ſon-
dern nur als Repräſentanten der evangeliſchen Gemeinſchaft
etwas waren, ſo bereitete man ihre Sendung durch neue
Bekenntnißſchriften vor.

Das geſchah wohl nicht darum, wie man geſagt hat,
weil dem Kaiſer ſchon die Benennung der ſchmalkaldiſchen
Artikel, die einſt zu ähnlichem Behuf aufgeſetzt worden,
oder auch der augsburgiſchen Confeſſion ſo verhaßt gewe-
ſen wäre, daß man ihm damit nicht hätte kommen wollen.
Wir wiſſen recht gut, daß die Abfaſſung der frühern Confeſ-

1 Die erſte Eroͤffnung fand am 1 Mai Statt, allein zu der
Verhandlung zu ſchreiten ſchob man bis zum 1 September auf, „per
aspettare i Tedeschi.“
Pallavicini XI, xiv, 4.
Ranke D. Geſch. V. 9
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[129/0141] Die Proteſtanten in Trient. ihnen nach Trient kamen, um das unterbrochene allgemeine Concil fortzuſetzen. Eigentlich nun erſt erhielt es den Character der ihm ur- ſprünglich vom Kaiſer zugedacht worden: es ward jetzt Ernſt mit dem Gedanken, die in Deutſchland erhobenen religiöſen Streitfragen unter lebendiger Mitwirkung der Deutſchen auf einem allgemeinen Concil zur Entſcheidung zu bringen. 1 Am letzten Tage des Auguſt nahmen die Churfürſten von Mainz und von Trier in der allgemeinen Congregation perſönlich ihren Platz ein: die älteſten erzbiſchöflichen Sitze hatten ihnen den Rang gelaſſen. Nach einiger Zeit langte auch der Erzbiſchof von Cölln an; andre Prälaten folgten. Die Hauptſache aber war, daß indeß auch proteſtanti- ſche Theologen und Procuratoren ſich fertig machten, am Concilium zu erſcheinen. Da dieſe aber durch keine kirchliche Würde eine Be- deutung beſaßen, die perſönlich in ihnen geruht hätte, ſon- dern nur als Repräſentanten der evangeliſchen Gemeinſchaft etwas waren, ſo bereitete man ihre Sendung durch neue Bekenntnißſchriften vor. Das geſchah wohl nicht darum, wie man geſagt hat, weil dem Kaiſer ſchon die Benennung der ſchmalkaldiſchen Artikel, die einſt zu ähnlichem Behuf aufgeſetzt worden, oder auch der augsburgiſchen Confeſſion ſo verhaßt gewe- ſen wäre, daß man ihm damit nicht hätte kommen wollen. Wir wiſſen recht gut, daß die Abfaſſung der frühern Confeſ- 1 Die erſte Eroͤffnung fand am 1 Mai Statt, allein zu der Verhandlung zu ſchreiten ſchob man bis zum 1 September auf, „per aspettare i Tedeschi.“ Pallavicini XI, xiv, 4. Ranke D. Geſch. V. 9

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/141>, abgerufen am 26.04.2024.