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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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schnecken, weil sie die Gestalt japanischer Pfeifchen haben) sind
Cl. Martensi Herklots (48 mm) und Cl. Yokohamensis Crosse (44 mm)
die Riesen ihres Geschlechtes. Die letztere Art ist häufig, zumal im
südlichen Japan, wo alte, abgestorbene, immergrüne Eichenstämme
oft zu ihrem Aufenthalt dienen. So fand ich sie namentlich zahlreich
in einem Walde von Quercus cuspidata beim Orte Kajiwara auf der
Tosa-Seite des Sasagamine-toge in Shikoku. Von Bivalven fand ich die
früher nur vom asiatischen Festlande bekannte Margaritana Dahurica
Middend. (Fankai genannt) in Menge am Abflusse des Inawashiro-
Sees in Aidzu. Die grossen Anodonten (numa-gai *), Teichmuschel,
Karasu-gai, Rabenmuschel), wie A. Woodiana, A. lauta, A. japonica,
erinnern an unsere einheimischen Arten, ebenso verschiedene Unio
(nagata-gai, lange Muschel, kamisori-gai, Rasiermessermuschel), Dipsas
plicata (Hire-gai) aber einigermassen an unsere Unio batatus, während
das in nicht weniger als 9 Arten auftretende Genus Corbicula (Shi-
shimi) seine lebenden Verwandten in dem subtropischen Gürtel der
nördlichen Hemisphäre hat, die anderen in unseren Tertiärschichten.

Die japanischen Meeresmollusken bilden ein eigenthümliches Ge-
menge aus drei Faunengebieten. Nordische, circumpolare Arten folgen
den kalten Strömungen und herrschen desshalb bei Yezo und den
Kurilen vor, während sie an den Gestaden von Oyashima entweder
gar nicht oder nur selten und in grösserer Tiefe sich finden. Hier-
her gehören beispielsweise Buccinum, Neptuna, Trophon, nordische
Arten von Purpura, Littorina, Acmaea und zahlreiche Bivalven, darunter
die Brachiopoden Terebratula, Terebratella, Rhynchonella, ferner von
eigentlichen Muscheln Mya, verschiedene Pecten, z. B. Pecten Yezo-
nensis, Lutraria, Neptunea. Das bekannte Buccinum undatum mit
seinen Varietäten, welches man an der Nordseeküste so häufig trifft
und das nordwärts weit in das Polarmeer hineinreicht, findet man
auch bei Yezo, ebenso das arctische B. glaciale. Mya arenaria und
M. truncata gehen an den japanischen Küsten viel weiter nach Süden,
sind jedoch meist klein, etwa wie die aus der Ostsee.

Weitaus die meisten japanischen Meeresmollusken weisen jedoch
auf den Indischen Ocean und Malayischen Archipel hin. Hierher ge-
hören schöne Arten von Argonauta, Murex, Fusus, Tritonium, Cassis,
Cypraea, Pleurotoma, Terebra, Cancellaria, Dolium, Voluta, Oliva;
ferner von Zweischalern unter anderem allein mehr denn 60 Arten
Veneraceae, viele Solenaceae, Mytilaceae, Arcaceen. Eine beträcht-
liche Zahl von Arten der hier aufgezählten Gattungen und Familien,

* Muschel und Schneckenhaus heissen auf Japanisch kai, im Nigori: gai.

VIII. Fauna.
schnecken, weil sie die Gestalt japanischer Pfeifchen haben) sind
Cl. Martensi Herklots (48 mm) und Cl. Yokohamensis Crosse (44 mm)
die Riesen ihres Geschlechtes. Die letztere Art ist häufig, zumal im
südlichen Japan, wo alte, abgestorbene, immergrüne Eichenstämme
oft zu ihrem Aufenthalt dienen. So fand ich sie namentlich zahlreich
in einem Walde von Quercus cuspidata beim Orte Kajiwara auf der
Tosa-Seite des Sasagamine-tôge in Shikoku. Von Bivalven fand ich die
früher nur vom asiatischen Festlande bekannte Margaritana Dahurica
Middend. (Fankai genannt) in Menge am Abflusse des Inawashiro-
Sees in Aidzu. Die grossen Anodonten (numa-gai *), Teichmuschel,
Karasu-gai, Rabenmuschel), wie A. Woodiana, A. lauta, A. japonica,
erinnern an unsere einheimischen Arten, ebenso verschiedene Unio
(nagata-gai, lange Muschel, kamisori-gai, Rasiermessermuschel), Dipsas
plicata (Hire-gai) aber einigermassen an unsere Unio batatus, während
das in nicht weniger als 9 Arten auftretende Genus Corbicula (Shi-
shimi) seine lebenden Verwandten in dem subtropischen Gürtel der
nördlichen Hemisphäre hat, die anderen in unseren Tertiärschichten.

Die japanischen Meeresmollusken bilden ein eigenthümliches Ge-
menge aus drei Faunengebieten. Nordische, circumpolare Arten folgen
den kalten Strömungen und herrschen desshalb bei Yezo und den
Kurilen vor, während sie an den Gestaden von Oyashima entweder
gar nicht oder nur selten und in grösserer Tiefe sich finden. Hier-
her gehören beispielsweise Buccinum, Neptuna, Trophon, nordische
Arten von Purpura, Littorina, Acmaea und zahlreiche Bivalven, darunter
die Brachiopoden Terebratula, Terebratella, Rhynchonella, ferner von
eigentlichen Muscheln Mya, verschiedene Pecten, z. B. Pecten Yezo-
nensis, Lutraria, Neptunea. Das bekannte Buccinum undatum mit
seinen Varietäten, welches man an der Nordseeküste so häufig trifft
und das nordwärts weit in das Polarmeer hineinreicht, findet man
auch bei Yezo, ebenso das arctische B. glaciale. Mya arenaria und
M. truncata gehen an den japanischen Küsten viel weiter nach Süden,
sind jedoch meist klein, etwa wie die aus der Ostsee.

Weitaus die meisten japanischen Meeresmollusken weisen jedoch
auf den Indischen Ocean und Malayischen Archipel hin. Hierher ge-
hören schöne Arten von Argonauta, Murex, Fusus, Tritonium, Cassis,
Cypraea, Pleurotoma, Terebra, Cancellaria, Dolium, Voluta, Oliva;
ferner von Zweischalern unter anderem allein mehr denn 60 Arten
Veneraceae, viele Solenaceae, Mytilaceae, Arcaceen. Eine beträcht-
liche Zahl von Arten der hier aufgezählten Gattungen und Familien,

* Muschel und Schneckenhaus heissen auf Japanisch kai, im Nigori: gai.
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[236/0260] VIII. Fauna. schnecken, weil sie die Gestalt japanischer Pfeifchen haben) sind Cl. Martensi Herklots (48 mm) und Cl. Yokohamensis Crosse (44 mm) die Riesen ihres Geschlechtes. Die letztere Art ist häufig, zumal im südlichen Japan, wo alte, abgestorbene, immergrüne Eichenstämme oft zu ihrem Aufenthalt dienen. So fand ich sie namentlich zahlreich in einem Walde von Quercus cuspidata beim Orte Kajiwara auf der Tosa-Seite des Sasagamine-tôge in Shikoku. Von Bivalven fand ich die früher nur vom asiatischen Festlande bekannte Margaritana Dahurica Middend. (Fankai genannt) in Menge am Abflusse des Inawashiro- Sees in Aidzu. Die grossen Anodonten (numa-gai *), Teichmuschel, Karasu-gai, Rabenmuschel), wie A. Woodiana, A. lauta, A. japonica, erinnern an unsere einheimischen Arten, ebenso verschiedene Unio (nagata-gai, lange Muschel, kamisori-gai, Rasiermessermuschel), Dipsas plicata (Hire-gai) aber einigermassen an unsere Unio batatus, während das in nicht weniger als 9 Arten auftretende Genus Corbicula (Shi- shimi) seine lebenden Verwandten in dem subtropischen Gürtel der nördlichen Hemisphäre hat, die anderen in unseren Tertiärschichten. Die japanischen Meeresmollusken bilden ein eigenthümliches Ge- menge aus drei Faunengebieten. Nordische, circumpolare Arten folgen den kalten Strömungen und herrschen desshalb bei Yezo und den Kurilen vor, während sie an den Gestaden von Oyashima entweder gar nicht oder nur selten und in grösserer Tiefe sich finden. Hier- her gehören beispielsweise Buccinum, Neptuna, Trophon, nordische Arten von Purpura, Littorina, Acmaea und zahlreiche Bivalven, darunter die Brachiopoden Terebratula, Terebratella, Rhynchonella, ferner von eigentlichen Muscheln Mya, verschiedene Pecten, z. B. Pecten Yezo- nensis, Lutraria, Neptunea. Das bekannte Buccinum undatum mit seinen Varietäten, welches man an der Nordseeküste so häufig trifft und das nordwärts weit in das Polarmeer hineinreicht, findet man auch bei Yezo, ebenso das arctische B. glaciale. Mya arenaria und M. truncata gehen an den japanischen Küsten viel weiter nach Süden, sind jedoch meist klein, etwa wie die aus der Ostsee. Weitaus die meisten japanischen Meeresmollusken weisen jedoch auf den Indischen Ocean und Malayischen Archipel hin. Hierher ge- hören schöne Arten von Argonauta, Murex, Fusus, Tritonium, Cassis, Cypraea, Pleurotoma, Terebra, Cancellaria, Dolium, Voluta, Oliva; ferner von Zweischalern unter anderem allein mehr denn 60 Arten Veneraceae, viele Solenaceae, Mytilaceae, Arcaceen. Eine beträcht- liche Zahl von Arten der hier aufgezählten Gattungen und Familien, * Muschel und Schneckenhaus heissen auf Japanisch kai, im Nigori: gai.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/260>, abgerufen am 13.05.2024.