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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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Mollusken.
sowie verschiedener anderen treffen wir bis zum Rothen Meere; Tri-
tonium nodiferum Luck. reicht sogar vom Mittelmeer durch den Atlan-
tischen und Stillen Ocean bis zu den japanischen Inseln, während
man T. Rumphii nur aus dem Indischen und Stillen Ocean kennt.
Beide Arten (japanisch Hora-gai), die Linne als T. Tritonis zusammen-
fasst, wurden früher in Japan zu Signalhörnern verwandt und an
Stelle der abgeschlagenen Spitze mit einem messingenen Mundstück
versehen. Nach Pinto wurden beim Blasen derselben Aufruhr durch
einen Stoss, Brand durch zwei, Plünderung durch drei, Verrätherei
durch vier Stösse angedeutet, doch spielten sie auch eine Rolle als
Signalhörner im Kriege und hiessen desshalb auch Jin-gai, Kriegs-
Muschelschalen oder Lager-Schnecken. Ihre Bläser waren die Hora-
fiu oder Hora-wo-fuku *).

Scheiden wir von der Molluskenfauna Japans die borealen und
tropischen Beimengungen aus, welche allerdings überwiegen, so bleibt
immerhin noch ein hoher Procentsatz als specifisch japanischer, oder
richtiger boreal-pacifischer Grundstock übrig, wovon die meisten Arten
in allen Meerestheilen des nordöstlichen Monsungebietes und nicht
wenige auch an der pacifischen Küste Nordamerikas gefunden werden,
so dass z. B. die Weichthierfauna der Küste Californiens einen der
japanischen verwandten Charakter hat.

Von Gastropoden ist namentlich die Gattung Fusus in den japa-
nischen Gewässern reich vertreten und kaum minder gut die verwandte
Gattung Siphonalia, welche fast nur in diesem Gebiete gefunden wird.
Auch von Trochideen treffen wir viele und zum Theil höchst eigen-
thümliche Formen, wie z. B. die merkwürdige Guildfordia triumphans.
Von Umbonium oder Rotella kommen die meisten bekannten Arten
bei Japan vor.

Die Gattung Seeohr (Haliotis) ist durch 6 Arten vertreten, von
denen namentlich die grösseren, trotzdem sie massenhaft alljährlich
gefangen und verspeist werden, doch immer noch recht häufig sind.
Der Riese unter denselben, Haliotis gigantea Chemn. (Awabi), reicht,
begleitet von H. discus Reeve, bis nach Kamtschatka, erreicht aber
im kalten Norden eine geringere Grösse.

Manche der marinen Mollusken bilden neben vielen anderen See-
thieren eine geschätzte, vielgesuchte Nahrung. Wo die grösseren
fehlen, werden selbst Lingula und Cerithium nicht verschmäht, doch

*) Diese beiden Ausdrücke für Bläser des Tritonshornes sind in Japan zur sehr
gebräuchlichen Bezeichnung für eine Person geworden, welche gern den Mund voll
nimmt und sich prahlt: "Ano hito wa hora wo fuku", er bläst das Tritonshorn, d. h.
er prahlt.

Mollusken.
sowie verschiedener anderen treffen wir bis zum Rothen Meere; Tri-
tonium nodiferum Luck. reicht sogar vom Mittelmeer durch den Atlan-
tischen und Stillen Ocean bis zu den japanischen Inseln, während
man T. Rumphii nur aus dem Indischen und Stillen Ocean kennt.
Beide Arten (japanisch Hora-gai), die Linné als T. Tritonis zusammen-
fasst, wurden früher in Japan zu Signalhörnern verwandt und an
Stelle der abgeschlagenen Spitze mit einem messingenen Mundstück
versehen. Nach Pinto wurden beim Blasen derselben Aufruhr durch
einen Stoss, Brand durch zwei, Plünderung durch drei, Verrätherei
durch vier Stösse angedeutet, doch spielten sie auch eine Rolle als
Signalhörner im Kriege und hiessen desshalb auch Jin-gai, Kriegs-
Muschelschalen oder Lager-Schnecken. Ihre Bläser waren die Hora-
fiu oder Hora-wo-fuku *).

Scheiden wir von der Molluskenfauna Japans die borealen und
tropischen Beimengungen aus, welche allerdings überwiegen, so bleibt
immerhin noch ein hoher Procentsatz als specifisch japanischer, oder
richtiger boreal-pacifischer Grundstock übrig, wovon die meisten Arten
in allen Meerestheilen des nordöstlichen Monsungebietes und nicht
wenige auch an der pacifischen Küste Nordamerikas gefunden werden,
so dass z. B. die Weichthierfauna der Küste Californiens einen der
japanischen verwandten Charakter hat.

Von Gastropoden ist namentlich die Gattung Fusus in den japa-
nischen Gewässern reich vertreten und kaum minder gut die verwandte
Gattung Siphonalia, welche fast nur in diesem Gebiete gefunden wird.
Auch von Trochideen treffen wir viele und zum Theil höchst eigen-
thümliche Formen, wie z. B. die merkwürdige Guildfordia triumphans.
Von Umbonium oder Rotella kommen die meisten bekannten Arten
bei Japan vor.

Die Gattung Seeohr (Haliotis) ist durch 6 Arten vertreten, von
denen namentlich die grösseren, trotzdem sie massenhaft alljährlich
gefangen und verspeist werden, doch immer noch recht häufig sind.
Der Riese unter denselben, Haliotis gigantea Chemn. (Awabi), reicht,
begleitet von H. discus Reeve, bis nach Kamtschatka, erreicht aber
im kalten Norden eine geringere Grösse.

Manche der marinen Mollusken bilden neben vielen anderen See-
thieren eine geschätzte, vielgesuchte Nahrung. Wo die grösseren
fehlen, werden selbst Lingula und Cerithium nicht verschmäht, doch

*) Diese beiden Ausdrücke für Bläser des Tritonshornes sind in Japan zur sehr
gebräuchlichen Bezeichnung für eine Person geworden, welche gern den Mund voll
nimmt und sich prahlt: »Ano hito wa hora wo fuku«, er bläst das Tritonshorn, d. h.
er prahlt.
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[237/0261] Mollusken. sowie verschiedener anderen treffen wir bis zum Rothen Meere; Tri- tonium nodiferum Luck. reicht sogar vom Mittelmeer durch den Atlan- tischen und Stillen Ocean bis zu den japanischen Inseln, während man T. Rumphii nur aus dem Indischen und Stillen Ocean kennt. Beide Arten (japanisch Hora-gai), die Linné als T. Tritonis zusammen- fasst, wurden früher in Japan zu Signalhörnern verwandt und an Stelle der abgeschlagenen Spitze mit einem messingenen Mundstück versehen. Nach Pinto wurden beim Blasen derselben Aufruhr durch einen Stoss, Brand durch zwei, Plünderung durch drei, Verrätherei durch vier Stösse angedeutet, doch spielten sie auch eine Rolle als Signalhörner im Kriege und hiessen desshalb auch Jin-gai, Kriegs- Muschelschalen oder Lager-Schnecken. Ihre Bläser waren die Hora- fiu oder Hora-wo-fuku *). Scheiden wir von der Molluskenfauna Japans die borealen und tropischen Beimengungen aus, welche allerdings überwiegen, so bleibt immerhin noch ein hoher Procentsatz als specifisch japanischer, oder richtiger boreal-pacifischer Grundstock übrig, wovon die meisten Arten in allen Meerestheilen des nordöstlichen Monsungebietes und nicht wenige auch an der pacifischen Küste Nordamerikas gefunden werden, so dass z. B. die Weichthierfauna der Küste Californiens einen der japanischen verwandten Charakter hat. Von Gastropoden ist namentlich die Gattung Fusus in den japa- nischen Gewässern reich vertreten und kaum minder gut die verwandte Gattung Siphonalia, welche fast nur in diesem Gebiete gefunden wird. Auch von Trochideen treffen wir viele und zum Theil höchst eigen- thümliche Formen, wie z. B. die merkwürdige Guildfordia triumphans. Von Umbonium oder Rotella kommen die meisten bekannten Arten bei Japan vor. Die Gattung Seeohr (Haliotis) ist durch 6 Arten vertreten, von denen namentlich die grösseren, trotzdem sie massenhaft alljährlich gefangen und verspeist werden, doch immer noch recht häufig sind. Der Riese unter denselben, Haliotis gigantea Chemn. (Awabi), reicht, begleitet von H. discus Reeve, bis nach Kamtschatka, erreicht aber im kalten Norden eine geringere Grösse. Manche der marinen Mollusken bilden neben vielen anderen See- thieren eine geschätzte, vielgesuchte Nahrung. Wo die grösseren fehlen, werden selbst Lingula und Cerithium nicht verschmäht, doch *) Diese beiden Ausdrücke für Bläser des Tritonshornes sind in Japan zur sehr gebräuchlichen Bezeichnung für eine Person geworden, welche gern den Mund voll nimmt und sich prahlt: »Ano hito wa hora wo fuku«, er bläst das Tritonshorn, d. h. er prahlt.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/261>, abgerufen am 28.04.2024.