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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.

4. Shii-no-ki (Quercus cuspidata). Ein Exemplar hinter dem
Sano-Tempel hatte 1874 4,6 m Umfang, aber kaum 12 m Höhe, wäh-
rend diese Art sonst zu den höchsten Eichen Japans zählt.

5. Fuji (Wistaria chinensis S. & Z.). Ein riesiges Exemplar, das
zu Nakanobu-mura in der Nähe von Tokio den geräumigen Hof
eines Theehauses überdeckte und Tausende von langen, schlaffen
Blüthentrauben trug, soll verschwunden sein. Vor seiner Verästelung
in Brusthöhe hatte es im Frühjahre 1874 2,45 m Umfang.

6. Sugi (Cryptomeria japonica Don.). Auf Sasa-no-yama-toge
am Koshiukaido (Weg von Tokio nach Kofu) fand ich im Herbst
1874 rechts vom Wege 750 m über der See eine Cryptomeria, welche
11/2 m über dem Boden 9,41 m Umfang hatte. Exemplare von 6 bis
7 m Umfang sind im Nikko und andern Tempelhainen nicht selten.
Sie erreichen dabei 30--45 m Höhe. Im Jahre 1565 besuchte der
Missionar Almeyda den Tempel Kosanga bei Nara. Sein Weg führte
durch eine Allee aus Cedern (Sugi) und Kiefern, "qui faisoient une
fort belle symetrie, et dont les tetes se joignoient tellement que le so-
leil n'y pouvoit percer". Einzelne Cedern massen "cinq brasses de
circumference", also 8,12 m nach neuerem Maasse. Das Dach des
Tempels fand er auf 90 Säulen aus Ceder- (Cryptomeria-) Stämmen
ruhend, deren jeder 181/2' (6 m) Umfang hatte.*)

7. Ichio oder Ginkiyo (Ginkgo biloba L.). Unter den Bäumen
dieser Art in Tempelgründen bei Tokio ist der grösste und schönst-
entwickelte derjenige beim Tempel Koyenji. Vor 10 Jahren betrug
sein Umfang in 2 m Höhe 7,3 m, im Jahre 1881 dagegen 7,52 m.
Lehmann berechnete die Höhe der stärksten Aeste auf 32 m und hörte,
dass man das Alter des Baumes auf 1000 Jahre schätze. Dies dürfte
jedoch mit Rücksicht auf die Entstehung und Entwickelung der Stadt
Yedo unter Tokugawa Jyeyasu und den Umstand, dass die Salisburien
immer nur angepflanzt vorkommen, eine starke Uebertreibung sein.
Der Baum hat übrigens das Aussehen einer alten Linde mit allseits
ausgebreiteter Krone. Im Park zu Shiba hatte die stärkste Salisburia
1874 6,30 m Stammumfang.

8. Koya-maki (Sciadopitys verticillata). Das grösste Exemplar,

*) John Booth in Klein-Flottbeck bei Altona erwähnt in seinem interessanten
Bericht über die forstliche Ausstellung in Edinburg im Jahre 1884, dass es nach
japanischen Mittheilungen in der Provinz Kiushiu (wo?) Cryptomerien-Bestände
gebe, von denen einzelne Bäume 27 Fuss Durchmesser hätten. Ich würde hier
sofort eine Verwechselung von Durchmesser mit Umfang annehmen, wenn nicht die
weitere Notiz folgte, dass sie (Morimasa Takei und seine Gefährten) einmal zu 12
in einem hohlen Stamme übernachtet hätten.
6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.

4. Shii-no-ki (Quercus cuspidata). Ein Exemplar hinter dem
Sano-Tempel hatte 1874 4,6 m Umfang, aber kaum 12 m Höhe, wäh-
rend diese Art sonst zu den höchsten Eichen Japans zählt.

5. Fuji (Wistaria chinensis S. & Z.). Ein riesiges Exemplar, das
zu Nakanobu-mura in der Nähe von Tôkio den geräumigen Hof
eines Theehauses überdeckte und Tausende von langen, schlaffen
Blüthentrauben trug, soll verschwunden sein. Vor seiner Verästelung
in Brusthöhe hatte es im Frühjahre 1874 2,45 m Umfang.

6. Sugi (Cryptomeria japonica Don.). Auf Sasa-no-yama-tôge
am Kôshiukaidô (Weg von Tôkio nach Kofu) fand ich im Herbst
1874 rechts vom Wege 750 m über der See eine Cryptomeria, welche
1½ m über dem Boden 9,41 m Umfang hatte. Exemplare von 6 bis
7 m Umfang sind im Nikko und andern Tempelhainen nicht selten.
Sie erreichen dabei 30—45 m Höhe. Im Jahre 1565 besuchte der
Missionar Almeyda den Tempel Kosanga bei Nara. Sein Weg führte
durch eine Allee aus Cedern (Sugi) und Kiefern, »qui faisoient une
fort belle symétrie, et dont les têtes se joignoient tellement que le so-
leil n’y pouvoit percer«. Einzelne Cedern massen »cinq brasses de
circumference«, also 8,12 m nach neuerem Maasse. Das Dach des
Tempels fand er auf 90 Säulen aus Ceder- (Cryptomeria-) Stämmen
ruhend, deren jeder 18½' (6 m) Umfang hatte.*)

7. Ichio oder Ginkiyo (Ginkgo biloba L.). Unter den Bäumen
dieser Art in Tempelgründen bei Tôkio ist der grösste und schönst-
entwickelte derjenige beim Tempel Koyenji. Vor 10 Jahren betrug
sein Umfang in 2 m Höhe 7,3 m, im Jahre 1881 dagegen 7,52 m.
Lehmann berechnete die Höhe der stärksten Aeste auf 32 m und hörte,
dass man das Alter des Baumes auf 1000 Jahre schätze. Dies dürfte
jedoch mit Rücksicht auf die Entstehung und Entwickelung der Stadt
Yedo unter Tôkugawa Jyeyasu und den Umstand, dass die Salisburien
immer nur angepflanzt vorkommen, eine starke Uebertreibung sein.
Der Baum hat übrigens das Aussehen einer alten Linde mit allseits
ausgebreiteter Krone. Im Park zu Shiba hatte die stärkste Salisburia
1874 6,30 m Stammumfang.

8. Koya-maki (Sciadopitys verticillata). Das grösste Exemplar,

*) John Booth in Klein-Flottbeck bei Altona erwähnt in seinem interessanten
Bericht über die forstliche Ausstellung in Edinburg im Jahre 1884, dass es nach
japanischen Mittheilungen in der Provinz Kiushiu (wo?) Cryptomerien-Bestände
gebe, von denen einzelne Bäume 27 Fuss Durchmesser hätten. Ich würde hier
sofort eine Verwechselung von Durchmesser mit Umfang annehmen, wenn nicht die
weitere Notiz folgte, dass sie (Morimasa Takei und seine Gefährten) einmal zu 12
in einem hohlen Stamme übernachtet hätten.
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[269/0293] 6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc. 4. Shii-no-ki (Quercus cuspidata). Ein Exemplar hinter dem Sano-Tempel hatte 1874 4,6 m Umfang, aber kaum 12 m Höhe, wäh- rend diese Art sonst zu den höchsten Eichen Japans zählt. 5. Fuji (Wistaria chinensis S. & Z.). Ein riesiges Exemplar, das zu Nakanobu-mura in der Nähe von Tôkio den geräumigen Hof eines Theehauses überdeckte und Tausende von langen, schlaffen Blüthentrauben trug, soll verschwunden sein. Vor seiner Verästelung in Brusthöhe hatte es im Frühjahre 1874 2,45 m Umfang. 6. Sugi (Cryptomeria japonica Don.). Auf Sasa-no-yama-tôge am Kôshiukaidô (Weg von Tôkio nach Kofu) fand ich im Herbst 1874 rechts vom Wege 750 m über der See eine Cryptomeria, welche 1½ m über dem Boden 9,41 m Umfang hatte. Exemplare von 6 bis 7 m Umfang sind im Nikko und andern Tempelhainen nicht selten. Sie erreichen dabei 30—45 m Höhe. Im Jahre 1565 besuchte der Missionar Almeyda den Tempel Kosanga bei Nara. Sein Weg führte durch eine Allee aus Cedern (Sugi) und Kiefern, »qui faisoient une fort belle symétrie, et dont les têtes se joignoient tellement que le so- leil n’y pouvoit percer«. Einzelne Cedern massen »cinq brasses de circumference«, also 8,12 m nach neuerem Maasse. Das Dach des Tempels fand er auf 90 Säulen aus Ceder- (Cryptomeria-) Stämmen ruhend, deren jeder 18½' (6 m) Umfang hatte. *) 7. Ichio oder Ginkiyo (Ginkgo biloba L.). Unter den Bäumen dieser Art in Tempelgründen bei Tôkio ist der grösste und schönst- entwickelte derjenige beim Tempel Koyenji. Vor 10 Jahren betrug sein Umfang in 2 m Höhe 7,3 m, im Jahre 1881 dagegen 7,52 m. Lehmann berechnete die Höhe der stärksten Aeste auf 32 m und hörte, dass man das Alter des Baumes auf 1000 Jahre schätze. Dies dürfte jedoch mit Rücksicht auf die Entstehung und Entwickelung der Stadt Yedo unter Tôkugawa Jyeyasu und den Umstand, dass die Salisburien immer nur angepflanzt vorkommen, eine starke Uebertreibung sein. Der Baum hat übrigens das Aussehen einer alten Linde mit allseits ausgebreiteter Krone. Im Park zu Shiba hatte die stärkste Salisburia 1874 6,30 m Stammumfang. 8. Koya-maki (Sciadopitys verticillata). Das grösste Exemplar, *) John Booth in Klein-Flottbeck bei Altona erwähnt in seinem interessanten Bericht über die forstliche Ausstellung in Edinburg im Jahre 1884, dass es nach japanischen Mittheilungen in der Provinz Kiushiu (wo?) Cryptomerien-Bestände gebe, von denen einzelne Bäume 27 Fuss Durchmesser hätten. Ich würde hier sofort eine Verwechselung von Durchmesser mit Umfang annehmen, wenn nicht die weitere Notiz folgte, dass sie (Morimasa Takei und seine Gefährten) einmal zu 12 in einem hohlen Stamme übernachtet hätten.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/293>, abgerufen am 26.04.2024.