Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
wenn ich mich unterstehe unter vielen Dingen, die
ich gegen ihn einzuwenden habe, einige wenige
auszusuchen, und sie Jhnen zu ernstlicher Ueberle-
gung anheim zu geben, nachdem er mich durch
seine Anwerbung (wenu ich ja das Wort ge-
brauchen soll) hiezu zwinget.

Man beschuldiget mich, daß ich von einem an-
dern eingenommen bin. Jch bitte, erinnern Sie
sich doch, daß diesem andern vor meines Bruders
Zurückku[unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]s Schottland Hoffnung gegeben,
und mir i[unleserliches Material - 4 Zeichen fehlen]ringsten nicht verboten ward, seinen
Besuch anzunehmen. Jst es mir denn so sehr zu
verdencken, wenn ich einen Freund, den ich ein
Jahr gekannt habe, einer vor zwey Monathen er-
langten Bekanntschaft vorziehe? Jch will nicht
hoffen, daß jemand ist, der unter beyden in Absicht
auf das Herkommen, Erziehung, oder persönli-
che Eigenschaften eine Vergleichung für möglich
hält. Jch will mich blos unterstehen Sie zu sra-
gen, ob jemals an den andern gedacht seyn wür-
de, wenn er sich nicht zu solchen Bedingungen er-
boten hätte, die ich auf beyden Seiten für unrecht-
mäßig halte, auf seiner sie anzutragen, und auf
meiner sie anzunehmen, und von denen ich gewiß
glaube, daß sich mein Vater nie würde unterstan-
den haben, sie von ihm zu begehren, wenn er sie
nicht selbst zuerst auf die Bahn gebracht hätte!

Es scheint, man wirft dem einen Fehler vor.
Jst aber der andere frey von Fehlern? Die Haupt-
Beschuldigung gegen Herrn Lovelace ist eine la-
sterhafte Liebe, und es ist wahr, es ist dieses eine

sehr

Die Geſchichte
wenn ich mich unterſtehe unter vielen Dingen, die
ich gegen ihn einzuwenden habe, einige wenige
auszuſuchen, und ſie Jhnen zu ernſtlicher Ueberle-
gung anheim zu geben, nachdem er mich durch
ſeine Anwerbung (wenu ich ja das Wort ge-
brauchen ſoll) hiezu zwinget.

Man beſchuldiget mich, daß ich von einem an-
dern eingenommen bin. Jch bitte, erinnern Sie
ſich doch, daß dieſem andern vor meines Bruders
Zuruͤckku[unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]s Schottland Hoffnung gegeben,
und mir i[unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]ringſten nicht verboten ward, ſeinen
Beſuch anzunehmen. Jſt es mir denn ſo ſehr zu
verdencken, wenn ich einen Freund, den ich ein
Jahr gekannt habe, einer vor zwey Monathen er-
langten Bekanntſchaft vorziehe? Jch will nicht
hoffen, daß jemand iſt, der unter beyden in Abſicht
auf das Herkommen, Erziehung, oder perſoͤnli-
che Eigenſchaften eine Vergleichung fuͤr moͤglich
haͤlt. Jch will mich blos unterſtehen Sie zu ſra-
gen, ob jemals an den andern gedacht ſeyn wuͤr-
de, wenn er ſich nicht zu ſolchen Bedingungen er-
boten haͤtte, die ich auf beyden Seiten fuͤr unrecht-
maͤßig halte, auf ſeiner ſie anzutragen, und auf
meiner ſie anzunehmen, und von denen ich gewiß
glaube, daß ſich mein Vater nie wuͤrde unterſtan-
den haben, ſie von ihm zu begehren, wenn er ſie
nicht ſelbſt zuerſt auf die Bahn gebracht haͤtte!

Es ſcheint, man wirft dem einen Fehler vor.
Jſt aber der andere frey von Fehlern? Die Haupt-
Beſchuldigung gegen Herrn Lovelace iſt eine la-
ſterhafte Liebe, und es iſt wahr, es iſt dieſes eine

ſehr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div>
          <p><pb facs="#f0370" n="350"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
wenn ich mich unter&#x017F;tehe unter vielen Dingen, die<lb/>
ich gegen ihn einzuwenden habe, einige wenige<lb/>
auszu&#x017F;uchen, und &#x017F;ie Jhnen zu ern&#x017F;tlicher Ueberle-<lb/>
gung anheim zu geben, nachdem er mich durch<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#fr">Anwerbung</hi> (wenu ich ja das Wort ge-<lb/>
brauchen &#x017F;oll) hiezu zwinget.</p><lb/>
          <p>Man be&#x017F;chuldiget mich, daß ich von einem an-<lb/>
dern eingenommen bin. Jch bitte, erinnern Sie<lb/>
&#x017F;ich doch, daß die&#x017F;em andern vor <choice><sic>meiues</sic><corr>meines</corr></choice> Bruders<lb/>
Zuru&#x0364;ckku<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="6"/>s Schottland Hoffnung gegeben,<lb/>
und mir i<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="4"/>ring&#x017F;ten nicht verboten ward, &#x017F;einen<lb/>
Be&#x017F;uch anzunehmen. J&#x017F;t es mir denn &#x017F;o &#x017F;ehr zu<lb/>
verdencken, wenn ich einen Freund, den ich ein<lb/>
Jahr gekannt habe, einer vor zwey Monathen er-<lb/>
langten Bekannt&#x017F;chaft vorziehe? Jch will nicht<lb/>
hoffen, daß jemand i&#x017F;t, der unter beyden in Ab&#x017F;icht<lb/>
auf das Herkommen, Erziehung, oder per&#x017F;o&#x0364;nli-<lb/>
che Eigen&#x017F;chaften eine Vergleichung fu&#x0364;r mo&#x0364;glich<lb/>
ha&#x0364;lt. Jch will mich blos unter&#x017F;tehen Sie zu &#x017F;ra-<lb/>
gen, ob jemals an den andern gedacht &#x017F;eyn wu&#x0364;r-<lb/>
de, wenn er &#x017F;ich nicht zu &#x017F;olchen Bedingungen er-<lb/>
boten ha&#x0364;tte, die ich auf beyden Seiten fu&#x0364;r unrecht-<lb/>
ma&#x0364;ßig halte, auf &#x017F;einer &#x017F;ie anzutragen, und auf<lb/>
meiner &#x017F;ie anzunehmen, und von denen ich gewiß<lb/>
glaube, daß &#x017F;ich mein Vater nie wu&#x0364;rde unter&#x017F;tan-<lb/>
den haben, &#x017F;ie von ihm zu begehren, wenn er &#x017F;ie<lb/>
nicht &#x017F;elb&#x017F;t zuer&#x017F;t auf die Bahn gebracht ha&#x0364;tte!</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;cheint, man wirft dem einen Fehler vor.<lb/>
J&#x017F;t aber der andere frey von Fehlern? Die Haupt-<lb/>
Be&#x017F;chuldigung gegen Herrn <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> i&#x017F;t eine la-<lb/>
&#x017F;terhafte Liebe, und es i&#x017F;t wahr, es i&#x017F;t die&#x017F;es eine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ehr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0370] Die Geſchichte wenn ich mich unterſtehe unter vielen Dingen, die ich gegen ihn einzuwenden habe, einige wenige auszuſuchen, und ſie Jhnen zu ernſtlicher Ueberle- gung anheim zu geben, nachdem er mich durch ſeine Anwerbung (wenu ich ja das Wort ge- brauchen ſoll) hiezu zwinget. Man beſchuldiget mich, daß ich von einem an- dern eingenommen bin. Jch bitte, erinnern Sie ſich doch, daß dieſem andern vor meines Bruders Zuruͤckku______s Schottland Hoffnung gegeben, und mir i____ringſten nicht verboten ward, ſeinen Beſuch anzunehmen. Jſt es mir denn ſo ſehr zu verdencken, wenn ich einen Freund, den ich ein Jahr gekannt habe, einer vor zwey Monathen er- langten Bekanntſchaft vorziehe? Jch will nicht hoffen, daß jemand iſt, der unter beyden in Abſicht auf das Herkommen, Erziehung, oder perſoͤnli- che Eigenſchaften eine Vergleichung fuͤr moͤglich haͤlt. Jch will mich blos unterſtehen Sie zu ſra- gen, ob jemals an den andern gedacht ſeyn wuͤr- de, wenn er ſich nicht zu ſolchen Bedingungen er- boten haͤtte, die ich auf beyden Seiten fuͤr unrecht- maͤßig halte, auf ſeiner ſie anzutragen, und auf meiner ſie anzunehmen, und von denen ich gewiß glaube, daß ſich mein Vater nie wuͤrde unterſtan- den haben, ſie von ihm zu begehren, wenn er ſie nicht ſelbſt zuerſt auf die Bahn gebracht haͤtte! Es ſcheint, man wirft dem einen Fehler vor. Jſt aber der andere frey von Fehlern? Die Haupt- Beſchuldigung gegen Herrn Lovelace iſt eine la- ſterhafte Liebe, und es iſt wahr, es iſt dieſes eine ſehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/370
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/370>, abgerufen am 27.04.2024.