Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



gegenwärtigen Verfassung Nachricht zu geben,
geschrieben (*).



Diesen Augenblick hat mir meine Geliebte
bey vollkommen guter Laune den Entwurf der
Ehestiftung wieder zurückgegeben, wovon ich eine
Abschrift an den Capitain Tomlinson gesandt ha-
be. Sie machte mir das Compliment, daß sie in
dergleichen Fällen niemals an meiner Ehre eini-
gen Zweifel gehabt hätte. Jn Sachen, da Mann
und Mann mit einander zu thun haben, weißt
du wohl, hat noch niemand jemals daran ge-
zweifelt. Aber du wirst sagen, es sey auch höchst
nöthig, daß ich wenigstens einige gute Eigen-
schaften hätte.

Große Laster und große Tugenden werden
oft in einer Person beysammen gefunden. Jch
bin gleichwohl in keinem Stücke sehr arg: wenn
es nur nicht auf die Weibspersonen angesehen
ist. Und hat nicht selbst eine von ihnen mit mir
zuerst angefangen (**)?

Wir haben dafür gehalten, daß die Frauen-
zimmer keine Seelen hätten. Jch bin ein äch-
ter Jude in diesem Stücke. Jch bin geneigt zu
glauben, daß sie keine haben. Jst es so: wem
soll ich denn von dem, was ich ihnen gethan habe,

Rechen-
(*) Weil dieser Brief der Fräulein nichts neues in
sich hält, nichts, was man nicht aus dem
Schreiben des Herrn Lovelace abnehmen könn-
te: so ist er ausgelassen.
(**) S. den I. Theil den XXXI. Brief auf der 325. S.
A 4



gegenwaͤrtigen Verfaſſung Nachricht zu geben,
geſchrieben (*).



Dieſen Augenblick hat mir meine Geliebte
bey vollkommen guter Laune den Entwurf der
Eheſtiftung wieder zuruͤckgegeben, wovon ich eine
Abſchrift an den Capitain Tomlinſon geſandt ha-
be. Sie machte mir das Compliment, daß ſie in
dergleichen Faͤllen niemals an meiner Ehre eini-
gen Zweifel gehabt haͤtte. Jn Sachen, da Mann
und Mann mit einander zu thun haben, weißt
du wohl, hat noch niemand jemals daran ge-
zweifelt. Aber du wirſt ſagen, es ſey auch hoͤchſt
noͤthig, daß ich wenigſtens einige gute Eigen-
ſchaften haͤtte.

Große Laſter und große Tugenden werden
oft in einer Perſon beyſammen gefunden. Jch
bin gleichwohl in keinem Stuͤcke ſehr arg: wenn
es nur nicht auf die Weibsperſonen angeſehen
iſt. Und hat nicht ſelbſt eine von ihnen mit mir
zuerſt angefangen (**)?

Wir haben dafuͤr gehalten, daß die Frauen-
zimmer keine Seelen haͤtten. Jch bin ein aͤch-
ter Jude in dieſem Stuͤcke. Jch bin geneigt zu
glauben, daß ſie keine haben. Jſt es ſo: wem
ſoll ich denn von dem, was ich ihnen gethan habe,

Rechen-
(*) Weil dieſer Brief der Fraͤulein nichts neues in
ſich haͤlt, nichts, was man nicht aus dem
Schreiben des Herrn Lovelace abnehmen koͤnn-
te: ſo iſt er ausgelaſſen.
(**) S. den I. Theil den XXXI. Brief auf der 325. S.
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0013" n="7"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gegenwa&#x0364;rtigen Verfa&#x017F;&#x017F;ung Nachricht zu geben,<lb/>
ge&#x017F;chrieben <note place="foot" n="(*)">Weil die&#x017F;er Brief der Fra&#x0364;ulein nichts neues in<lb/>
&#x017F;ich ha&#x0364;lt, nichts, was man nicht aus dem<lb/>
Schreiben des Herrn Lovelace abnehmen ko&#x0364;nn-<lb/>
te: &#x017F;o i&#x017F;t er ausgela&#x017F;&#x017F;en.</note>.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Die&#x017F;en Augenblick hat mir meine Geliebte<lb/>
bey vollkommen guter Laune den Entwurf der<lb/>
Ehe&#x017F;tiftung wieder zuru&#x0364;ckgegeben, wovon ich eine<lb/>
Ab&#x017F;chrift an den Capitain Tomlin&#x017F;on ge&#x017F;andt ha-<lb/>
be. Sie machte mir das Compliment, daß &#x017F;ie in<lb/>
dergleichen Fa&#x0364;llen niemals an meiner Ehre eini-<lb/>
gen Zweifel gehabt ha&#x0364;tte. Jn Sachen, da Mann<lb/>
und Mann mit einander zu thun haben, weißt<lb/>
du wohl, hat noch niemand jemals daran ge-<lb/>
zweifelt. Aber du wir&#x017F;t &#x017F;agen, es &#x017F;ey auch ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
no&#x0364;thig, daß ich wenig&#x017F;tens einige gute Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften ha&#x0364;tte.</p><lb/>
            <p>Große La&#x017F;ter und große Tugenden werden<lb/>
oft in einer Per&#x017F;on bey&#x017F;ammen gefunden. Jch<lb/>
bin gleichwohl in keinem Stu&#x0364;cke &#x017F;ehr arg: wenn<lb/>
es nur nicht auf die Weibsper&#x017F;onen ange&#x017F;ehen<lb/>
i&#x017F;t. Und hat nicht &#x017F;elb&#x017F;t eine von ihnen mit mir<lb/>
zuer&#x017F;t angefangen <note place="foot" n="(**)">S. den <hi rendition="#aq">I.</hi> Theil den <hi rendition="#aq">XXXI.</hi> Brief auf der 325. S.</note>?</p><lb/>
            <p>Wir haben dafu&#x0364;r gehalten, daß die Frauen-<lb/>
zimmer keine Seelen ha&#x0364;tten. Jch bin ein a&#x0364;ch-<lb/>
ter Jude in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke. Jch bin geneigt zu<lb/>
glauben, daß &#x017F;ie keine haben. J&#x017F;t es &#x017F;o: wem<lb/>
&#x017F;oll ich denn von dem, was ich ihnen gethan habe,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Rechen-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] gegenwaͤrtigen Verfaſſung Nachricht zu geben, geſchrieben (*). Dieſen Augenblick hat mir meine Geliebte bey vollkommen guter Laune den Entwurf der Eheſtiftung wieder zuruͤckgegeben, wovon ich eine Abſchrift an den Capitain Tomlinſon geſandt ha- be. Sie machte mir das Compliment, daß ſie in dergleichen Faͤllen niemals an meiner Ehre eini- gen Zweifel gehabt haͤtte. Jn Sachen, da Mann und Mann mit einander zu thun haben, weißt du wohl, hat noch niemand jemals daran ge- zweifelt. Aber du wirſt ſagen, es ſey auch hoͤchſt noͤthig, daß ich wenigſtens einige gute Eigen- ſchaften haͤtte. Große Laſter und große Tugenden werden oft in einer Perſon beyſammen gefunden. Jch bin gleichwohl in keinem Stuͤcke ſehr arg: wenn es nur nicht auf die Weibsperſonen angeſehen iſt. Und hat nicht ſelbſt eine von ihnen mit mir zuerſt angefangen (**)? Wir haben dafuͤr gehalten, daß die Frauen- zimmer keine Seelen haͤtten. Jch bin ein aͤch- ter Jude in dieſem Stuͤcke. Jch bin geneigt zu glauben, daß ſie keine haben. Jſt es ſo: wem ſoll ich denn von dem, was ich ihnen gethan habe, Rechen- (*) Weil dieſer Brief der Fraͤulein nichts neues in ſich haͤlt, nichts, was man nicht aus dem Schreiben des Herrn Lovelace abnehmen koͤnn- te: ſo iſt er ausgelaſſen. (**) S. den I. Theil den XXXI. Brief auf der 325. S. A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/13
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/13>, abgerufen am 30.04.2024.