Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



hen Jahren nicht zwanzig Pfund gesehen, die sein
eigen gewesen sind.

Hiernächst hatten wir die Gemüthsart der
Harlowischen Familie vor. Jch machte mich
über sie alle lustig. Der Capitain aber nahm
seines lieben Freundes, Herrn Joh. Harlowe,
Partey mit einem Nicht so hitzig! - - Nicht
so hitzig, junger Herr!
und andern dergleichen
freyen Redensarten.

Er rechtfertigte ihre Feindseligkeit durch
meinen Trotz. Es würde sich keine Familie,
die eine so reizungsvolle Tochter hätte, trotzen
lassen, an statt daß man ihre Gunst suchen soll-
te. Er müßte reden, wie es ihm ums Herze
sey: er wäre niemals zweyzünglicht gewesen. Er
beriefe sich auf das Urtheil der Frauenzimmer,
ob er nicht Recht hätte.

Er bekam sie auf seine Seite.

Die Züchtigung, die dem Bruder von mir
widerfahren wäre, sagte er, müßte nothwendig
die Sachen schlimmer gemacht haben.

O! was ward ich hiedurch für ein Held in
den Augen der Weibspersonen! - - Das schöne
Geschlecht liebt uns muthige Brüder in ihren
Herzen.

Es möchte seyn, wie es wollte, waren meine
Worte: ich würde doch niemals gegen einen von
ihrem Hause, außer meiner Gemahlinn, Liebe
hegen; und da ich nichts von ihnen brauchte,
mich auch nicht anders, als um ihrentwillen,

so



hen Jahren nicht zwanzig Pfund geſehen, die ſein
eigen geweſen ſind.

Hiernaͤchſt hatten wir die Gemuͤthsart der
Harlowiſchen Familie vor. Jch machte mich
uͤber ſie alle luſtig. Der Capitain aber nahm
ſeines lieben Freundes, Herrn Joh. Harlowe,
Partey mit einem Nicht ſo hitzig! ‒ ‒ Nicht
ſo hitzig, junger Herr!
und andern dergleichen
freyen Redensarten.

Er rechtfertigte ihre Feindſeligkeit durch
meinen Trotz. Es wuͤrde ſich keine Familie,
die eine ſo reizungsvolle Tochter haͤtte, trotzen
laſſen, an ſtatt daß man ihre Gunſt ſuchen ſoll-
te. Er muͤßte reden, wie es ihm ums Herze
ſey: er waͤre niemals zweyzuͤnglicht geweſen. Er
beriefe ſich auf das Urtheil der Frauenzimmer,
ob er nicht Recht haͤtte.

Er bekam ſie auf ſeine Seite.

Die Zuͤchtigung, die dem Bruder von mir
widerfahren waͤre, ſagte er, muͤßte nothwendig
die Sachen ſchlimmer gemacht haben.

O! was ward ich hiedurch fuͤr ein Held in
den Augen der Weibsperſonen! ‒ ‒ Das ſchoͤne
Geſchlecht liebt uns muthige Bruͤder in ihren
Herzen.

Es moͤchte ſeyn, wie es wollte, waren meine
Worte: ich wuͤrde doch niemals gegen einen von
ihrem Hauſe, außer meiner Gemahlinn, Liebe
hegen; und da ich nichts von ihnen brauchte,
mich auch nicht anders, als um ihrentwillen,

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0337" n="331"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
hen Jahren nicht zwanzig Pfund ge&#x017F;ehen, die &#x017F;ein<lb/>
eigen gewe&#x017F;en &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Hierna&#x0364;ch&#x017F;t hatten wir die Gemu&#x0364;thsart der<lb/>
Harlowi&#x017F;chen Familie vor. Jch machte mich<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ie alle lu&#x017F;tig. Der Capitain aber nahm<lb/>
&#x017F;eines lieben Freundes, Herrn Joh. Harlowe,<lb/>
Partey mit einem <hi rendition="#fr">Nicht &#x017F;o hitzig! &#x2012; &#x2012; Nicht<lb/>
&#x017F;o hitzig, junger Herr!</hi> und andern dergleichen<lb/>
freyen Redensarten.</p><lb/>
          <p>Er rechtfertigte ihre Feind&#x017F;eligkeit durch<lb/><hi rendition="#fr">meinen</hi> Trotz. Es wu&#x0364;rde &#x017F;ich keine Familie,<lb/>
die eine &#x017F;o reizungsvolle Tochter ha&#x0364;tte, <hi rendition="#fr">trotzen</hi><lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, an &#x017F;tatt daß man <hi rendition="#fr">ihre Gun&#x017F;t &#x017F;uchen</hi> &#x017F;oll-<lb/>
te. Er mu&#x0364;ßte reden, wie es ihm ums Herze<lb/>
&#x017F;ey: er wa&#x0364;re niemals zweyzu&#x0364;nglicht gewe&#x017F;en. Er<lb/>
beriefe &#x017F;ich auf das Urtheil der Frauenzimmer,<lb/>
ob er nicht Recht ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Er bekam &#x017F;ie auf &#x017F;eine Seite.</p><lb/>
          <p>Die Zu&#x0364;chtigung, die dem Bruder von mir<lb/>
widerfahren wa&#x0364;re, &#x017F;agte er, mu&#x0364;ßte nothwendig<lb/>
die Sachen &#x017F;chlimmer gemacht haben.</p><lb/>
          <p>O! was ward ich hiedurch fu&#x0364;r ein Held in<lb/>
den Augen der Weibsper&#x017F;onen! &#x2012; &#x2012; Das &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Ge&#x017F;chlecht liebt uns muthige Bru&#x0364;der in ihren<lb/>
Herzen.</p><lb/>
          <p>Es mo&#x0364;chte &#x017F;eyn, wie es wollte, waren meine<lb/>
Worte: ich wu&#x0364;rde doch niemals gegen einen von<lb/>
ihrem Hau&#x017F;e, außer meiner Gemahlinn, Liebe<lb/>
hegen; und da ich nichts von ihnen brauchte,<lb/>
mich auch nicht anders, als um <hi rendition="#fr">ihrentwillen,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0337] hen Jahren nicht zwanzig Pfund geſehen, die ſein eigen geweſen ſind. Hiernaͤchſt hatten wir die Gemuͤthsart der Harlowiſchen Familie vor. Jch machte mich uͤber ſie alle luſtig. Der Capitain aber nahm ſeines lieben Freundes, Herrn Joh. Harlowe, Partey mit einem Nicht ſo hitzig! ‒ ‒ Nicht ſo hitzig, junger Herr! und andern dergleichen freyen Redensarten. Er rechtfertigte ihre Feindſeligkeit durch meinen Trotz. Es wuͤrde ſich keine Familie, die eine ſo reizungsvolle Tochter haͤtte, trotzen laſſen, an ſtatt daß man ihre Gunſt ſuchen ſoll- te. Er muͤßte reden, wie es ihm ums Herze ſey: er waͤre niemals zweyzuͤnglicht geweſen. Er beriefe ſich auf das Urtheil der Frauenzimmer, ob er nicht Recht haͤtte. Er bekam ſie auf ſeine Seite. Die Zuͤchtigung, die dem Bruder von mir widerfahren waͤre, ſagte er, muͤßte nothwendig die Sachen ſchlimmer gemacht haben. O! was ward ich hiedurch fuͤr ein Held in den Augen der Weibsperſonen! ‒ ‒ Das ſchoͤne Geſchlecht liebt uns muthige Bruͤder in ihren Herzen. Es moͤchte ſeyn, wie es wollte, waren meine Worte: ich wuͤrde doch niemals gegen einen von ihrem Hauſe, außer meiner Gemahlinn, Liebe hegen; und da ich nichts von ihnen brauchte, mich auch nicht anders, als um ihrentwillen, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/337
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/337>, abgerufen am 16.05.2024.