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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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"Wofern ich alles wahr befinde, was du sagest:
"so soll mein Haus ein Heiligthum für sie seyn;
"und ich will sie gegen alle ihre Verfolger
"schützen."

Hierauf eilte die verrätherische Dorcas zu
der Fräulein zurück, und gab ihr Nachricht, was
sie gethan hätte. Mich deuchte, die Fräulein
billigte ihr Verfahren vollkommen, und wünschte
ihr für ihren guten Gedanken Heil und Segen.

Jch aber erhub meine Augen, und sahe die
Fräulein aus dem Hause herausgehen, und, oh-
ne zurückzusehen, an die Kutsche mit dem Wap-
pen der adlichen Witwe rennen. Die Matrone
empfing sie mit offenen Armen. "Willkommen,
"willkommen, willkommen, schöne Fräulein, die
"mit der Beschreibung des getreuen Mägdchens
"so wohl übereinstimmet. Jch will sie den Au-
"genblick in mein Haus führen, wo sie alle gute
"Bewirthung, die sie nur wünschen können, an-
"treffen sollen: bis sie ihren reichen und mächti-
"gen Freunden von der ausgestandenen Gefahr
"und ihrer gegenwärtigen Errettung Nachricht
"geben können.

"Jch danke ihnen, danke ihnen, danke ih-
"nen, danke ihnen, würdigste Frau, daß sie einer
"jungen und höchstunglücklichen Person, die
"schändlich verführet und betrogen, ja bis an den
"Rand des Verderbens gebracht ist, so freund-
"lich ihren Schutz anbieten."

Die Matrone befahl darauf, weil sie unter
der Zeit, da die Fräulein zu ihr kaum, die nöthi-

gen



„Wofern ich alles wahr befinde, was du ſageſt:
„ſo ſoll mein Haus ein Heiligthum fuͤr ſie ſeyn;
„und ich will ſie gegen alle ihre Verfolger
„ſchuͤtzen.„

Hierauf eilte die verraͤtheriſche Dorcas zu
der Fraͤulein zuruͤck, und gab ihr Nachricht, was
ſie gethan haͤtte. Mich deuchte, die Fraͤulein
billigte ihr Verfahren vollkommen, und wuͤnſchte
ihr fuͤr ihren guten Gedanken Heil und Segen.

Jch aber erhub meine Augen, und ſahe die
Fraͤulein aus dem Hauſe herausgehen, und, oh-
ne zuruͤckzuſehen, an die Kutſche mit dem Wap-
pen der adlichen Witwe rennen. Die Matrone
empfing ſie mit offenen Armen. „Willkommen,
„willkommen, willkommen, ſchoͤne Fraͤulein, die
„mit der Beſchreibung des getreuen Maͤgdchens
„ſo wohl uͤbereinſtimmet. Jch will ſie den Au-
„genblick in mein Haus fuͤhren, wo ſie alle gute
„Bewirthung, die ſie nur wuͤnſchen koͤnnen, an-
„treffen ſollen: bis ſie ihren reichen und maͤchti-
„gen Freunden von der ausgeſtandenen Gefahr
„und ihrer gegenwaͤrtigen Errettung Nachricht
„geben koͤnnen.

„Jch danke ihnen, danke ihnen, danke ih-
„nen, danke ihnen, wuͤrdigſte Frau, daß ſie einer
„jungen und hoͤchſtungluͤcklichen Perſon, die
„ſchaͤndlich verfuͤhret und betrogen, ja bis an den
„Rand des Verderbens gebracht iſt, ſo freund-
„lich ihren Schutz anbieten.„

Die Matrone befahl darauf, weil ſie unter
der Zeit, da die Fraͤulein zu ihr kaum, die noͤthi-

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[720/0726] „Wofern ich alles wahr befinde, was du ſageſt: „ſo ſoll mein Haus ein Heiligthum fuͤr ſie ſeyn; „und ich will ſie gegen alle ihre Verfolger „ſchuͤtzen.„ Hierauf eilte die verraͤtheriſche Dorcas zu der Fraͤulein zuruͤck, und gab ihr Nachricht, was ſie gethan haͤtte. Mich deuchte, die Fraͤulein billigte ihr Verfahren vollkommen, und wuͤnſchte ihr fuͤr ihren guten Gedanken Heil und Segen. Jch aber erhub meine Augen, und ſahe die Fraͤulein aus dem Hauſe herausgehen, und, oh- ne zuruͤckzuſehen, an die Kutſche mit dem Wap- pen der adlichen Witwe rennen. Die Matrone empfing ſie mit offenen Armen. „Willkommen, „willkommen, willkommen, ſchoͤne Fraͤulein, die „mit der Beſchreibung des getreuen Maͤgdchens „ſo wohl uͤbereinſtimmet. Jch will ſie den Au- „genblick in mein Haus fuͤhren, wo ſie alle gute „Bewirthung, die ſie nur wuͤnſchen koͤnnen, an- „treffen ſollen: bis ſie ihren reichen und maͤchti- „gen Freunden von der ausgeſtandenen Gefahr „und ihrer gegenwaͤrtigen Errettung Nachricht „geben koͤnnen. „Jch danke ihnen, danke ihnen, danke ih- „nen, danke ihnen, wuͤrdigſte Frau, daß ſie einer „jungen und hoͤchſtungluͤcklichen Perſon, die „ſchaͤndlich verfuͤhret und betrogen, ja bis an den „Rand des Verderbens gebracht iſt, ſo freund- „lich ihren Schutz anbieten.„ Die Matrone befahl darauf, weil ſie unter der Zeit, da die Fraͤulein zu ihr kaum, die noͤthi- gen

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/726>, abgerufen am 09.06.2024.