Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



der Kapelle bey Lincolns-Jnn, um eilfe; einmal
zu St. Dunstans in der Fleet-Street, um sie-
ben des Morgens, jedesmal in einer Sänfte;
und zweymal frühe um sechse in der Kirche hier
in der Nachbarschaft im Covent-Garden. Die
gottlosen Weibsbilder, von denen ich entflohen
bin, werden nicht in die Kirche kommen, wie
ich hoffe, nach mir zu sehen; sonderlich bey so
frühen Bethstunden: und ich habe mir in der
letzten Kirche den geheimsten Stuhl ausgesuchet,
mich darinn zu verbergen. Vielleicht mache ich
auch wenig Ansehen in einem alltäglichen Rock;
als wenn ich verkleidet wäre: da über dieß mein
Gesicht halb von meiner Kappe bedeckt wird. - -
Jch bekümmere mich nun sehr wenig darum, mei-
ne Wertheste, wie ich aussehe. Sauber und
rein ist alles, was ich suche.

Der Name des Mannes in dessen Hause ich
wohne, ist Smith - - Er ist ein Handschuh-
macher und Handschuhkrämer. Seine Frau
hält den Laden, und handelt auch mit Strüm-
pfen, Bändern, Schnupftaback und Räuch-
werk: eine ehrbare Frau, aufrichtig und klug.
Der Mann ist ehrlich und fleißig. Beyde leben
in einem guten Vernehmen mit einander. Ein
Beweis bey mir, daß ihre Herzen rechter Art
sind! Denn wo ein paar Eheleute übel mit ein-
ander leben, da ist es ein Zeichen, wie ich denke,
daß ein jedes etwas unrechtes von dem andern
weiß, entweder in Ansehung der Gemüthsart,
oder der sittlichen Grundsätze, weswegen sie der

Welt,



der Kapelle bey Lincolns-Jnn, um eilfe; einmal
zu St. Dunſtans in der Fleet-Street, um ſie-
ben des Morgens, jedesmal in einer Saͤnfte;
und zweymal fruͤhe um ſechſe in der Kirche hier
in der Nachbarſchaft im Covent-Garden. Die
gottloſen Weibsbilder, von denen ich entflohen
bin, werden nicht in die Kirche kommen, wie
ich hoffe, nach mir zu ſehen; ſonderlich bey ſo
fruͤhen Bethſtunden: und ich habe mir in der
letzten Kirche den geheimſten Stuhl ausgeſuchet,
mich darinn zu verbergen. Vielleicht mache ich
auch wenig Anſehen in einem alltaͤglichen Rock;
als wenn ich verkleidet waͤre: da uͤber dieß mein
Geſicht halb von meiner Kappe bedeckt wird. ‒ ‒
Jch bekuͤmmere mich nun ſehr wenig darum, mei-
ne Wertheſte, wie ich ausſehe. Sauber und
rein iſt alles, was ich ſuche.

Der Name des Mannes in deſſen Hauſe ich
wohne, iſt Smith ‒ ‒ Er iſt ein Handſchuh-
macher und Handſchuhkraͤmer. Seine Frau
haͤlt den Laden, und handelt auch mit Struͤm-
pfen, Baͤndern, Schnupftaback und Raͤuch-
werk: eine ehrbare Frau, aufrichtig und klug.
Der Mann iſt ehrlich und fleißig. Beyde leben
in einem guten Vernehmen mit einander. Ein
Beweis bey mir, daß ihre Herzen rechter Art
ſind! Denn wo ein paar Eheleute uͤbel mit ein-
ander leben, da iſt es ein Zeichen, wie ich denke,
daß ein jedes etwas unrechtes von dem andern
weiß, entweder in Anſehung der Gemuͤthsart,
oder der ſittlichen Grundſaͤtze, weswegen ſie der

Welt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0180" n="174"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
der Kapelle bey Lincolns-Jnn, um eilfe; einmal<lb/>
zu St. Dun&#x017F;tans in der Fleet-Street, um &#x017F;ie-<lb/>
ben des Morgens, jedesmal in einer Sa&#x0364;nfte;<lb/>
und zweymal fru&#x0364;he um &#x017F;ech&#x017F;e in der Kirche hier<lb/>
in der Nachbar&#x017F;chaft im Covent-Garden. Die<lb/>
gottlo&#x017F;en Weibsbilder, von denen ich entflohen<lb/>
bin, werden nicht in die Kirche kommen, wie<lb/>
ich hoffe, nach mir zu &#x017F;ehen; &#x017F;onderlich bey &#x017F;o<lb/>
fru&#x0364;hen Beth&#x017F;tunden: und ich habe mir in der<lb/>
letzten Kirche den geheim&#x017F;ten Stuhl ausge&#x017F;uchet,<lb/>
mich darinn zu verbergen. Vielleicht mache ich<lb/>
auch wenig An&#x017F;ehen in einem allta&#x0364;glichen Rock;<lb/>
als wenn ich verkleidet wa&#x0364;re: da u&#x0364;ber dieß mein<lb/>
Ge&#x017F;icht halb von meiner Kappe bedeckt wird. &#x2012; &#x2012;<lb/>
Jch beku&#x0364;mmere mich nun &#x017F;ehr wenig darum, mei-<lb/>
ne Werthe&#x017F;te, wie ich aus&#x017F;ehe. Sauber und<lb/>
rein i&#x017F;t alles, was ich &#x017F;uche.</p><lb/>
          <p>Der Name des Mannes in de&#x017F;&#x017F;en Hau&#x017F;e ich<lb/>
wohne, i&#x017F;t Smith &#x2012; &#x2012; Er i&#x017F;t ein Hand&#x017F;chuh-<lb/><hi rendition="#fr">macher</hi> und Hand&#x017F;chuh<hi rendition="#fr">kra&#x0364;mer.</hi> Seine Frau<lb/>
ha&#x0364;lt den Laden, und handelt auch mit Stru&#x0364;m-<lb/>
pfen, Ba&#x0364;ndern, Schnupftaback und Ra&#x0364;uch-<lb/>
werk: eine ehrbare Frau, aufrichtig und klug.<lb/>
Der Mann i&#x017F;t ehrlich und fleißig. Beyde leben<lb/>
in einem guten Vernehmen mit einander. Ein<lb/>
Beweis bey mir, daß ihre Herzen rechter Art<lb/>
&#x017F;ind! Denn wo ein paar Eheleute u&#x0364;bel mit ein-<lb/>
ander leben, da i&#x017F;t es ein Zeichen, wie ich denke,<lb/>
daß ein jedes etwas unrechtes von dem andern<lb/>
weiß, entweder in An&#x017F;ehung der Gemu&#x0364;thsart,<lb/>
oder der &#x017F;ittlichen Grund&#x017F;a&#x0364;tze, weswegen &#x017F;ie der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Welt,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0180] der Kapelle bey Lincolns-Jnn, um eilfe; einmal zu St. Dunſtans in der Fleet-Street, um ſie- ben des Morgens, jedesmal in einer Saͤnfte; und zweymal fruͤhe um ſechſe in der Kirche hier in der Nachbarſchaft im Covent-Garden. Die gottloſen Weibsbilder, von denen ich entflohen bin, werden nicht in die Kirche kommen, wie ich hoffe, nach mir zu ſehen; ſonderlich bey ſo fruͤhen Bethſtunden: und ich habe mir in der letzten Kirche den geheimſten Stuhl ausgeſuchet, mich darinn zu verbergen. Vielleicht mache ich auch wenig Anſehen in einem alltaͤglichen Rock; als wenn ich verkleidet waͤre: da uͤber dieß mein Geſicht halb von meiner Kappe bedeckt wird. ‒ ‒ Jch bekuͤmmere mich nun ſehr wenig darum, mei- ne Wertheſte, wie ich ausſehe. Sauber und rein iſt alles, was ich ſuche. Der Name des Mannes in deſſen Hauſe ich wohne, iſt Smith ‒ ‒ Er iſt ein Handſchuh- macher und Handſchuhkraͤmer. Seine Frau haͤlt den Laden, und handelt auch mit Struͤm- pfen, Baͤndern, Schnupftaback und Raͤuch- werk: eine ehrbare Frau, aufrichtig und klug. Der Mann iſt ehrlich und fleißig. Beyde leben in einem guten Vernehmen mit einander. Ein Beweis bey mir, daß ihre Herzen rechter Art ſind! Denn wo ein paar Eheleute uͤbel mit ein- ander leben, da iſt es ein Zeichen, wie ich denke, daß ein jedes etwas unrechtes von dem andern weiß, entweder in Anſehung der Gemuͤthsart, oder der ſittlichen Grundſaͤtze, weswegen ſie der Welt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/180
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/180>, abgerufen am 16.05.2024.