Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



einem andern Orte, wo ich wirklich schon zuge-
sagt hätte, absagen lassen.

Sie verlangte hierauf, daß sie sich alle nie-
dersetzen sollten. Sie haben mir zu verschiede-
nen malen ihr Verlangen zu erkennen gegeben,
Fr. Lovick und Fr. Smithen, daß ich ihnen eine
kleine Nachricht von meinen Begebenheiten ge-
ben möchte. Nun will ich ihrem Verlangen
Genüge thun, wo sie Muße haben: da dieser
Cavallier, der alles weiß, wie ich zu glauben Ur-
sache habe, gegenwärtig ist; und ihnen sagen
kann, ob ich die Wahrheit rede, oder nicht.

Sie setzten sich alle, auch selbst der Smithen
Mann, mit großer Begierde nieder, und die
Fräulein fing eine Erzählung von sich selbst an,
die ich so genau, als möglich ist, mit ihren eignen
Worten wiederholen will. Denn ich hoffe, ihr
werdet es für etwas halten, woran euch gelegen
ist, daß ihr erfahret, auf was für Art sie eure
Grausamkeit gegen sie erzählet, und was für Ge-
sinnungen sie dabey äußert, wie auch, was für
Grund zu der Hoffnung übrig ist, welche sich eu-
re Freunde zu eurem Besten von ihr machen.

"Anfangs, da ich diese Zimmer bezog, wa-
"ren ihre Worte, gedachte ich nur eine kurze Zeit
"hier zu bleiben: und das sagte ich ihnen auch,
"Fr. Smithen. Daher trug ich Bedenken, ei-
"ne andere Nachricht von mir zu geben, als daß
"ich eine sehr unglückliche und junge Person wä-
"re, die von ihren rechtschaffenen Freunden be-

"trüge-



einem andern Orte, wo ich wirklich ſchon zuge-
ſagt haͤtte, abſagen laſſen.

Sie verlangte hierauf, daß ſie ſich alle nie-
derſetzen ſollten. Sie haben mir zu verſchiede-
nen malen ihr Verlangen zu erkennen gegeben,
Fr. Lovick und Fr. Smithen, daß ich ihnen eine
kleine Nachricht von meinen Begebenheiten ge-
ben moͤchte. Nun will ich ihrem Verlangen
Genuͤge thun, wo ſie Muße haben: da dieſer
Cavallier, der alles weiß, wie ich zu glauben Ur-
ſache habe, gegenwaͤrtig iſt; und ihnen ſagen
kann, ob ich die Wahrheit rede, oder nicht.

Sie ſetzten ſich alle, auch ſelbſt der Smithen
Mann, mit großer Begierde nieder, und die
Fraͤulein fing eine Erzaͤhlung von ſich ſelbſt an,
die ich ſo genau, als moͤglich iſt, mit ihren eignen
Worten wiederholen will. Denn ich hoffe, ihr
werdet es fuͤr etwas halten, woran euch gelegen
iſt, daß ihr erfahret, auf was fuͤr Art ſie eure
Grauſamkeit gegen ſie erzaͤhlet, und was fuͤr Ge-
ſinnungen ſie dabey aͤußert, wie auch, was fuͤr
Grund zu der Hoffnung uͤbrig iſt, welche ſich eu-
re Freunde zu eurem Beſten von ihr machen.

„Anfangs, da ich dieſe Zimmer bezog, wa-
„ren ihre Worte, gedachte ich nur eine kurze Zeit
„hier zu bleiben: und das ſagte ich ihnen auch,
„Fr. Smithen. Daher trug ich Bedenken, ei-
„ne andere Nachricht von mir zu geben, als daß
„ich eine ſehr ungluͤckliche und junge Perſon waͤ-
„re, die von ihren rechtſchaffenen Freunden be-

„truͤge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0451" n="445"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
einem andern Orte, wo ich wirklich &#x017F;chon zuge-<lb/>
&#x017F;agt ha&#x0364;tte, ab&#x017F;agen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Sie verlangte hierauf, daß &#x017F;ie &#x017F;ich alle nie-<lb/>
der&#x017F;etzen &#x017F;ollten. Sie haben mir zu ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen malen ihr Verlangen zu erkennen gegeben,<lb/>
Fr. Lovick und Fr. Smithen, daß ich ihnen eine<lb/>
kleine Nachricht von meinen Begebenheiten ge-<lb/>
ben mo&#x0364;chte. Nun will ich ihrem Verlangen<lb/>
Genu&#x0364;ge thun, wo &#x017F;ie Muße haben: da die&#x017F;er<lb/>
Cavallier, der alles weiß, wie ich zu glauben Ur-<lb/>
&#x017F;ache habe, gegenwa&#x0364;rtig i&#x017F;t; und ihnen &#x017F;agen<lb/>
kann, ob ich die Wahrheit rede, oder nicht.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;etzten &#x017F;ich alle, auch &#x017F;elb&#x017F;t der Smithen<lb/>
Mann, mit großer Begierde nieder, und die<lb/>
Fra&#x0364;ulein fing eine Erza&#x0364;hlung von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t an,<lb/>
die ich &#x017F;o genau, als mo&#x0364;glich i&#x017F;t, mit ihren eignen<lb/>
Worten wiederholen will. Denn ich hoffe, ihr<lb/>
werdet es fu&#x0364;r etwas halten, woran euch gelegen<lb/>
i&#x017F;t, daß ihr erfahret, auf was fu&#x0364;r Art &#x017F;ie eure<lb/>
Grau&#x017F;amkeit gegen &#x017F;ie erza&#x0364;hlet, und was fu&#x0364;r Ge-<lb/>
&#x017F;innungen &#x017F;ie dabey a&#x0364;ußert, wie auch, was fu&#x0364;r<lb/>
Grund zu der Hoffnung u&#x0364;brig i&#x017F;t, welche &#x017F;ich eu-<lb/>
re Freunde zu eurem Be&#x017F;ten von ihr machen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Anfangs, da ich die&#x017F;e Zimmer bezog, wa-<lb/>
&#x201E;ren ihre Worte, gedachte ich nur eine kurze Zeit<lb/>
&#x201E;hier zu bleiben: und das &#x017F;agte ich ihnen auch,<lb/>
&#x201E;Fr. Smithen. Daher trug ich Bedenken, ei-<lb/>
&#x201E;ne andere Nachricht von mir zu geben, als daß<lb/>
&#x201E;ich eine &#x017F;ehr unglu&#x0364;ckliche und junge Per&#x017F;on wa&#x0364;-<lb/>
&#x201E;re, die von ihren recht&#x017F;chaffenen Freunden be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;tru&#x0364;ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0451] einem andern Orte, wo ich wirklich ſchon zuge- ſagt haͤtte, abſagen laſſen. Sie verlangte hierauf, daß ſie ſich alle nie- derſetzen ſollten. Sie haben mir zu verſchiede- nen malen ihr Verlangen zu erkennen gegeben, Fr. Lovick und Fr. Smithen, daß ich ihnen eine kleine Nachricht von meinen Begebenheiten ge- ben moͤchte. Nun will ich ihrem Verlangen Genuͤge thun, wo ſie Muße haben: da dieſer Cavallier, der alles weiß, wie ich zu glauben Ur- ſache habe, gegenwaͤrtig iſt; und ihnen ſagen kann, ob ich die Wahrheit rede, oder nicht. Sie ſetzten ſich alle, auch ſelbſt der Smithen Mann, mit großer Begierde nieder, und die Fraͤulein fing eine Erzaͤhlung von ſich ſelbſt an, die ich ſo genau, als moͤglich iſt, mit ihren eignen Worten wiederholen will. Denn ich hoffe, ihr werdet es fuͤr etwas halten, woran euch gelegen iſt, daß ihr erfahret, auf was fuͤr Art ſie eure Grauſamkeit gegen ſie erzaͤhlet, und was fuͤr Ge- ſinnungen ſie dabey aͤußert, wie auch, was fuͤr Grund zu der Hoffnung uͤbrig iſt, welche ſich eu- re Freunde zu eurem Beſten von ihr machen. „Anfangs, da ich dieſe Zimmer bezog, wa- „ren ihre Worte, gedachte ich nur eine kurze Zeit „hier zu bleiben: und das ſagte ich ihnen auch, „Fr. Smithen. Daher trug ich Bedenken, ei- „ne andere Nachricht von mir zu geben, als daß „ich eine ſehr ungluͤckliche und junge Perſon waͤ- „re, die von ihren rechtſchaffenen Freunden be- „truͤge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/451
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/451>, abgerufen am 29.04.2024.