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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782.

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ren. Eben dieses verrichtet oft die Natur,
wenn mehrere zu gleicher Zeit blühende Sor-
ren nahe beysammen oder unter einanter ste-
hen, und Wind oder Insekten den Saamen-
staub von einer auf die Narbe der andern tra-
gen. Eben so schlug er vor, Weinstöcke aus
Blättern zu ziehen o). Man nimmt, sagt er,
ein gesundes Blatt mit seinem Stiele behut-
sam, dort, wo der Stiel am Zweige steht, ab-
gebrochen, und setzt Blatt und Stiel in ein
Gefäß, das mit guter durchgesiebter Erde an-
gefüllet ist, so ein, daß zwey Drittel des Blatts
in der Erde stehen, und nur das eine Drittel
zu sehen ist; die Erde wird fest angedrückt. Man
kann noch mehrere solche Blätter inwendig
rings herum am Rande des Gefäßes setzen.
Damit sie nicht zu naß stehen, und doch Feuch-
tigkeit haben, setzt man in das Gefäß oben
auf die Erde ein Gefäß mit Wasser, aus
welchem ein spitziger Fleck wollenes Tuch auf die
Erde hängt, welches Feuchtigkeiten in die
Erde führet. Der erste Tropfen muß von der
Erde verschluckt seyn, ehe der zweyte fällt,
und wo die hinfallenden Tropfen Vertiefun-
gen machen, muß man immer neue Erde hin-
thun. Das Gefäß darf weder in starker Son-
ne noch heftigem Winde, aber doch an freyer
Luft stehen, damit das Blatt nicht verfault.

Man
o) S. Sprenger Praxis des Weinbaues, S. 180.
181.

ren. Eben dieſes verrichtet oft die Natur,
wenn mehrere zu gleicher Zeit bluͤhende Sor-
ren nahe beyſammen oder unter einanter ſte-
hen, und Wind oder Inſekten den Saamen-
ſtaub von einer auf die Narbe der andern tra-
gen. Eben ſo ſchlug er vor, Weinſtoͤcke aus
Blaͤttern zu ziehen o). Man nimmt, ſagt er,
ein geſundes Blatt mit ſeinem Stiele behut-
ſam, dort, wo der Stiel am Zweige ſteht, ab-
gebrochen, und ſetzt Blatt und Stiel in ein
Gefaͤß, das mit guter durchgeſiebter Erde an-
gefuͤllet iſt, ſo ein, daß zwey Drittel des Blatts
in der Erde ſtehen, und nur das eine Drittel
zu ſehen iſt; die Erde wird feſt angedruͤckt. Man
kann noch mehrere ſolche Blaͤtter inwendig
rings herum am Rande des Gefaͤßes ſetzen.
Damit ſie nicht zu naß ſtehen, und doch Feuch-
tigkeit haben, ſetzt man in das Gefaͤß oben
auf die Erde ein Gefaͤß mit Waſſer, aus
welchem ein ſpitziger Fleck wollenes Tuch auf die
Erde haͤngt, welches Feuchtigkeiten in die
Erde fuͤhret. Der erſte Tropfen muß von der
Erde verſchluckt ſeyn, ehe der zweyte faͤllt,
und wo die hinfallenden Tropfen Vertiefun-
gen machen, muß man immer neue Erde hin-
thun. Das Gefaͤß darf weder in ſtarker Son-
ne noch heftigem Winde, aber doch an freyer
Luft ſtehen, damit das Blatt nicht verfault.

Man
o) S. Sprenger Praxis des Weinbaues, S. 180.
181.
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[175/0185] ren. Eben dieſes verrichtet oft die Natur, wenn mehrere zu gleicher Zeit bluͤhende Sor- ren nahe beyſammen oder unter einanter ſte- hen, und Wind oder Inſekten den Saamen- ſtaub von einer auf die Narbe der andern tra- gen. Eben ſo ſchlug er vor, Weinſtoͤcke aus Blaͤttern zu ziehen o). Man nimmt, ſagt er, ein geſundes Blatt mit ſeinem Stiele behut- ſam, dort, wo der Stiel am Zweige ſteht, ab- gebrochen, und ſetzt Blatt und Stiel in ein Gefaͤß, das mit guter durchgeſiebter Erde an- gefuͤllet iſt, ſo ein, daß zwey Drittel des Blatts in der Erde ſtehen, und nur das eine Drittel zu ſehen iſt; die Erde wird feſt angedruͤckt. Man kann noch mehrere ſolche Blaͤtter inwendig rings herum am Rande des Gefaͤßes ſetzen. Damit ſie nicht zu naß ſtehen, und doch Feuch- tigkeit haben, ſetzt man in das Gefaͤß oben auf die Erde ein Gefaͤß mit Waſſer, aus welchem ein ſpitziger Fleck wollenes Tuch auf die Erde haͤngt, welches Feuchtigkeiten in die Erde fuͤhret. Der erſte Tropfen muß von der Erde verſchluckt ſeyn, ehe der zweyte faͤllt, und wo die hinfallenden Tropfen Vertiefun- gen machen, muß man immer neue Erde hin- thun. Das Gefaͤß darf weder in ſtarker Son- ne noch heftigem Winde, aber doch an freyer Luft ſtehen, damit das Blatt nicht verfault. Man o) S. Sprenger Praxis des Weinbaues, S. 180. 181.

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Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/185>, abgerufen am 30.04.2024.