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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782.

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Man kann den Stiel des Blattes unten vor
dem Einsetzen in zerlassenes Pech eintauchen,
oder mit spanischem Wachs oder einem guten
Baumwachs vor dem Eindringen der Nässe
verwahren, oder, welches besser ist, den Stiel
vom Blatt abschneiden, und entweder ein
Drittel des Blattes unten also verwahren, oder
dieß Verwahren unterlassen. Man kann das
Auge unten am Blatte unverletzt mit nehmen,
und mit einsetzen oder das Blatt ohne Ange
nehmen: Julius, August und November
sollen hierzu am besten seyn. Im folgenden
Sommer wächst ein Reiß hervor, welches,
wenn ein Auge bey dem Blatte war, zahm,
im Gegentheil wild ist. Hat man ein Blatt
mit dem Auge gesetzt, so wächst das Reiß aus
dem Auge; hat das Blatt aber kein Auge,
so verwandelt sich entweder das Blatt in ein
Reiß, oder das Blatt verdirbt, und das
Reiß wächst unten aus der Erde auf. Setzt
man das Blatt mit dem Auge, so nimmt man
das Auge unverletzt, und folglich ein Stück
Holz unter dem Auge mit, und besprengt das
eingesetzte Blatt öfters mit Wasser.

Man machte Versuche mit dem Okuliren
der Weinstöcke auf doppelte Art; so geschahe
es zu Mühlhausen am Necker, da man nämlich
das Auge mit einen Stück der Rinde zwischen
Rinde und Holz der andern Pflanze, durch ei-
nen ihr gemachten Einschnitt, hinein schob.
Die andere Art aber blieb nur ein Vorschlag,

wel-

Man kann den Stiel des Blattes unten vor
dem Einſetzen in zerlaſſenes Pech eintauchen,
oder mit ſpaniſchem Wachs oder einem guten
Baumwachs vor dem Eindringen der Naͤſſe
verwahren, oder, welches beſſer iſt, den Stiel
vom Blatt abſchneiden, und entweder ein
Drittel des Blattes unten alſo verwahren, oder
dieß Verwahren unterlaſſen. Man kann das
Auge unten am Blatte unverletzt mit nehmen,
und mit einſetzen oder das Blatt ohne Ange
nehmen: Julius, Auguſt und November
ſollen hierzu am beſten ſeyn. Im folgenden
Sommer waͤchſt ein Reiß hervor, welches,
wenn ein Auge bey dem Blatte war, zahm,
im Gegentheil wild iſt. Hat man ein Blatt
mit dem Auge geſetzt, ſo waͤchſt das Reiß aus
dem Auge; hat das Blatt aber kein Auge,
ſo verwandelt ſich entweder das Blatt in ein
Reiß, oder das Blatt verdirbt, und das
Reiß waͤchſt unten aus der Erde auf. Setzt
man das Blatt mit dem Auge, ſo nimmt man
das Auge unverletzt, und folglich ein Stuͤck
Holz unter dem Auge mit, und beſprengt das
eingeſetzte Blatt oͤfters mit Waſſer.

Man machte Verſuche mit dem Okuliren
der Weinſtoͤcke auf doppelte Art; ſo geſchahe
es zu Muͤhlhauſen am Necker, da man naͤmlich
das Auge mit einen Stuͤck der Rinde zwiſchen
Rinde und Holz der andern Pflanze, durch ei-
nen ihr gemachten Einſchnitt, hinein ſchob.
Die andere Art aber blieb nur ein Vorſchlag,

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[176/0186] Man kann den Stiel des Blattes unten vor dem Einſetzen in zerlaſſenes Pech eintauchen, oder mit ſpaniſchem Wachs oder einem guten Baumwachs vor dem Eindringen der Naͤſſe verwahren, oder, welches beſſer iſt, den Stiel vom Blatt abſchneiden, und entweder ein Drittel des Blattes unten alſo verwahren, oder dieß Verwahren unterlaſſen. Man kann das Auge unten am Blatte unverletzt mit nehmen, und mit einſetzen oder das Blatt ohne Ange nehmen: Julius, Auguſt und November ſollen hierzu am beſten ſeyn. Im folgenden Sommer waͤchſt ein Reiß hervor, welches, wenn ein Auge bey dem Blatte war, zahm, im Gegentheil wild iſt. Hat man ein Blatt mit dem Auge geſetzt, ſo waͤchſt das Reiß aus dem Auge; hat das Blatt aber kein Auge, ſo verwandelt ſich entweder das Blatt in ein Reiß, oder das Blatt verdirbt, und das Reiß waͤchſt unten aus der Erde auf. Setzt man das Blatt mit dem Auge, ſo nimmt man das Auge unverletzt, und folglich ein Stuͤck Holz unter dem Auge mit, und beſprengt das eingeſetzte Blatt oͤfters mit Waſſer. Man machte Verſuche mit dem Okuliren der Weinſtoͤcke auf doppelte Art; ſo geſchahe es zu Muͤhlhauſen am Necker, da man naͤmlich das Auge mit einen Stuͤck der Rinde zwiſchen Rinde und Holz der andern Pflanze, durch ei- nen ihr gemachten Einſchnitt, hinein ſchob. Die andere Art aber blieb nur ein Vorſchlag, wel-

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Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/186>, abgerufen am 30.04.2024.