Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Theil. V. Capitul.
rung, weil einerley Wort bisweilen öffters vor-
kömmt, eines aus einer andern Sprache mit einrü-
cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge-
wissen Schrifft einem jungen Menschen folgendes
Compliment vorgeschrieben worden: Er gratuli-
re sich, die längst gewünschte Ehre von dessen pro-
fitabl
en Compagnie zu geniessen, und die Estime
zu bekommen, die man allezeit vor dessen Meriten
getragen, und bäte sich dabey das Glück seiner Af-
fection
aus.

§. 38. III. Sie handeln in diesem Stück biß-
weilen wider ihre eigne Regeln, sie lehren in ihren
Sätzen, man solte die Frantzösischen und Lateini-
schen Wörter, so viel möglich, vermeyden, und in ih-
ren Exempeln trifft man doch einen unnöthigen
Vorrath an, von lauter felicitiren, flattiren, sub-
mitti
ren, veneriren, profitiren, chagriniren, u. s. w.
Einige bedienen sich des Wortes grace, als eines
Scherwentzels, bald legen sie ihm die Bedeutungen
der Gnade und Affection bey, bald wiederum der
Güte und Gefälligkeit, in diesem Compliment
brauchen sie es gegen große Ministres und hohe
Patronen, in einem andern aber gegen ihre guten
Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß
in Ansehung der höhern zu appliciren. Die Fran-
tzösische Sprache ist fast durchgängig beliebt, und
also hören es viele theils von den Hof-Leuten theils
auch von andern, insonderheit vom adelichen oder
bürgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein
Compliment mit viel Frantzösischen Wörtern

aus-

I. Theil. V. Capitul.
rung, weil einerley Wort bisweilen oͤffters vor-
koͤmmt, eines aus einer andern Sprache mit einruͤ-
cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge-
wiſſen Schrifft einem jungen Menſchen folgendes
Compliment vorgeſchrieben worden: Er gratuli-
re ſich, die laͤngſt gewuͤnſchte Ehre von deſſen pro-
fitabl
en Compagnie zu genieſſen, und die Eſtime
zu bekommen, die man allezeit vor deſſen Meriten
getragen, und baͤte ſich dabey das Gluͤck ſeiner Af-
fection
aus.

§. 38. III. Sie handeln in dieſem Stuͤck biß-
weilen wider ihre eigne Regeln, ſie lehren in ihren
Saͤtzen, man ſolte die Frantzoͤſiſchen und Lateini-
ſchen Woͤrter, ſo viel moͤglich, vermeyden, und in ih-
ren Exempeln trifft man doch einen unnoͤthigen
Vorrath an, von lauter felicitiren, flattiren, ſub-
mitti
ren, veneriren, profitiren, chagriniren, u. ſ. w.
Einige bedienen ſich des Wortes grace, als eines
Scherwentzels, bald legen ſie ihm die Bedeutungen
der Gnade und Affection bey, bald wiederum der
Guͤte und Gefaͤlligkeit, in dieſem Compliment
brauchen ſie es gegen große Miniſtres und hohe
Patronen, in einem andern aber gegen ihre guten
Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß
in Anſehung der hoͤhern zu appliciren. Die Fran-
tzoͤſiſche Sprache iſt faſt durchgaͤngig beliebt, und
alſo hoͤren es viele theils von den Hof-Leuten theils
auch von andern, inſonderheit vom adelichen oder
buͤrgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein
Compliment mit viel Frantzoͤſiſchen Woͤrtern

aus-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0192" n="172"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
rung, weil einerley Wort bisweilen o&#x0364;ffters vor-<lb/>
ko&#x0364;mmt, eines aus einer andern Sprache mit einru&#x0364;-<lb/>
cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Schrifft einem jungen Men&#x017F;chen folgendes<lb/><hi rendition="#aq">Compliment</hi> vorge&#x017F;chrieben worden: Er <hi rendition="#aq">gratuli-</hi><lb/>
re &#x017F;ich, die la&#x0364;ng&#x017F;t gewu&#x0364;n&#x017F;chte Ehre von de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">pro-<lb/>
fitabl</hi>en <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> zu genie&#x017F;&#x017F;en, und die <hi rendition="#aq">E&#x017F;time</hi><lb/>
zu bekommen, die man allezeit vor de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Merit</hi>en<lb/>
getragen, und ba&#x0364;te &#x017F;ich dabey das Glu&#x0364;ck &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Af-<lb/>
fection</hi> aus.</p><lb/>
        <p>§. 38. <hi rendition="#aq">III.</hi> Sie handeln in die&#x017F;em Stu&#x0364;ck biß-<lb/>
weilen wider ihre eigne Regeln, &#x017F;ie lehren in ihren<lb/>
Sa&#x0364;tzen, man &#x017F;olte die Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen und Lateini-<lb/>
&#x017F;chen Wo&#x0364;rter, &#x017F;o viel mo&#x0364;glich, vermeyden, und in ih-<lb/>
ren Exempeln trifft man doch einen unno&#x0364;thigen<lb/>
Vorrath an, von lauter <hi rendition="#aq">feliciti</hi>ren, <hi rendition="#aq">flatti</hi>ren, <hi rendition="#aq">&#x017F;ub-<lb/>
mitti</hi>ren, <hi rendition="#aq">veneri</hi>ren, <hi rendition="#aq">profiti</hi>ren, <hi rendition="#aq">chagrini</hi>ren, u. &#x017F;. w.<lb/>
Einige bedienen &#x017F;ich des Wortes <hi rendition="#aq">grace,</hi> als eines<lb/>
Scherwentzels, bald legen &#x017F;ie ihm die Bedeutungen<lb/>
der Gnade und <hi rendition="#aq">Affection</hi> bey, bald wiederum der<lb/>
Gu&#x0364;te und Gefa&#x0364;lligkeit, in die&#x017F;em <hi rendition="#aq">Compliment</hi><lb/>
brauchen &#x017F;ie es gegen große <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tres</hi> und hohe<lb/><hi rendition="#aq">Patron</hi>en, in einem andern aber gegen ihre guten<lb/>
Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß<lb/>
in An&#x017F;ehung der ho&#x0364;hern zu <hi rendition="#aq">applici</hi>ren. Die Fran-<lb/>
tzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Sprache i&#x017F;t fa&#x017F;t durchga&#x0364;ngig beliebt, und<lb/>
al&#x017F;o ho&#x0364;ren es viele theils von den Hof-Leuten theils<lb/>
auch von andern, in&#x017F;onderheit vom adelichen oder<lb/>
bu&#x0364;rgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein<lb/><hi rendition="#aq">Compliment</hi> mit viel Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Wo&#x0364;rtern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0192] I. Theil. V. Capitul. rung, weil einerley Wort bisweilen oͤffters vor- koͤmmt, eines aus einer andern Sprache mit einruͤ- cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge- wiſſen Schrifft einem jungen Menſchen folgendes Compliment vorgeſchrieben worden: Er gratuli- re ſich, die laͤngſt gewuͤnſchte Ehre von deſſen pro- fitablen Compagnie zu genieſſen, und die Eſtime zu bekommen, die man allezeit vor deſſen Meriten getragen, und baͤte ſich dabey das Gluͤck ſeiner Af- fection aus. §. 38. III. Sie handeln in dieſem Stuͤck biß- weilen wider ihre eigne Regeln, ſie lehren in ihren Saͤtzen, man ſolte die Frantzoͤſiſchen und Lateini- ſchen Woͤrter, ſo viel moͤglich, vermeyden, und in ih- ren Exempeln trifft man doch einen unnoͤthigen Vorrath an, von lauter felicitiren, flattiren, ſub- mittiren, veneriren, profitiren, chagriniren, u. ſ. w. Einige bedienen ſich des Wortes grace, als eines Scherwentzels, bald legen ſie ihm die Bedeutungen der Gnade und Affection bey, bald wiederum der Guͤte und Gefaͤlligkeit, in dieſem Compliment brauchen ſie es gegen große Miniſtres und hohe Patronen, in einem andern aber gegen ihre guten Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß in Anſehung der hoͤhern zu appliciren. Die Fran- tzoͤſiſche Sprache iſt faſt durchgaͤngig beliebt, und alſo hoͤren es viele theils von den Hof-Leuten theils auch von andern, inſonderheit vom adelichen oder buͤrgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein Compliment mit viel Frantzoͤſiſchen Woͤrtern aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/192
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/192>, abgerufen am 30.04.2024.