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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Complimens.
ausstaffirt, man findet aber auch viele andere, die
dieser Meynung nicht beypflichten, und in den Ge-
dancken stehen, wenn man Teutsch rede, solte man
die Frantzösische Sprache weglassen. Die Latei-
nische Sprache ist insonderheit bey Hofe nicht gar
angenehm, und klingt es daher gar sehr pedantisch,
wenn sich einer nach der Vorschrifft eines gedruck-
ten Compliment, als ein gehorsamer Cliente, in
des andern Patrocinio bestens empfiehlt, und ihm
dancket, daß er einen so gnädigen Access erlauben
wollen, u. s. w.

§. 39. IV. Sie wollen bißweilen ohne Noth gar
zu scharff und genau seyn, und machen etwas zu
Fehlern/ wo keine vorhanden, oder doch von keiner
besondern Erheblichkeit. Also führet mancher
Autor als eine Haupt Anmerckung an, man solte
das Compliment niemahls mit Jch anfangen.
Nun ist es wohl etwas ehrerbiethiger gesprochen,
wenn man in der Anrede an eine sehr hohe Per-
son eine andere Tour findet; es wird sich aber der
hunderte nichts draus machen, wenn das Compli-
ment
in dem übrigen manierlich und höflich einge-
richtet, ob es schon mit Jch angefangen würde; in
den Briefen hingegen ist diese Anmerckung nö-
thiger; weil das geschriebene bleibt, und in des an-
dern Gemüthe einen stärckern Eindruck macht, als
das geschwind mündlich ausgesprochene, und in der
Lufft verschwindende Worte, so muß alles bey je-
nem Fall mehr erwogen werden. Bißweilen wür-
de es sehr gezwungen heraus kommen, wenn man

es

Von Complimens.
ausſtaffirt, man findet aber auch viele andere, die
dieſer Meynung nicht beypflichten, und in den Ge-
dancken ſtehen, wenn man Teutſch rede, ſolte man
die Frantzoͤſiſche Sprache weglaſſen. Die Latei-
niſche Sprache iſt inſonderheit bey Hofe nicht gar
angenehm, und klingt es daher gar ſehr pedantiſch,
wenn ſich einer nach der Vorſchrifft eines gedruck-
ten Compliment, als ein gehorſamer Cliente, in
des andern Patrocinio beſtens empfiehlt, und ihm
dancket, daß er einen ſo gnaͤdigen Acceſs erlauben
wollen, u. ſ. w.

§. 39. IV. Sie wollen bißweilen ohne Noth gar
zu ſcharff und genau ſeyn, und machen etwas zu
Fehlern/ wo keine vorhanden, oder doch von keiner
beſondern Erheblichkeit. Alſo fuͤhret mancher
Autor als eine Haupt Anmerckung an, man ſolte
das Compliment niemahls mit Jch anfangen.
Nun iſt es wohl etwas ehrerbiethiger geſprochen,
wenn man in der Anrede an eine ſehr hohe Per-
ſon eine andere Tour findet; es wird ſich aber der
hunderte nichts draus machen, wenn das Compli-
ment
in dem uͤbrigen manierlich und hoͤflich einge-
richtet, ob es ſchon mit Jch angefangen wuͤrde; in
den Briefen hingegen iſt dieſe Anmerckung noͤ-
thiger; weil das geſchriebene bleibt, und in des an-
dern Gemuͤthe einen ſtaͤrckern Eindruck macht, als
das geſchwind muͤndlich ausgeſprochene, und in der
Lufft verſchwindende Worte, ſo muß alles bey je-
nem Fall mehr erwogen werden. Bißweilen wuͤr-
de es ſehr gezwungen heraus kommen, wenn man

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[173/0193] Von Complimens. ausſtaffirt, man findet aber auch viele andere, die dieſer Meynung nicht beypflichten, und in den Ge- dancken ſtehen, wenn man Teutſch rede, ſolte man die Frantzoͤſiſche Sprache weglaſſen. Die Latei- niſche Sprache iſt inſonderheit bey Hofe nicht gar angenehm, und klingt es daher gar ſehr pedantiſch, wenn ſich einer nach der Vorſchrifft eines gedruck- ten Compliment, als ein gehorſamer Cliente, in des andern Patrocinio beſtens empfiehlt, und ihm dancket, daß er einen ſo gnaͤdigen Acceſs erlauben wollen, u. ſ. w. §. 39. IV. Sie wollen bißweilen ohne Noth gar zu ſcharff und genau ſeyn, und machen etwas zu Fehlern/ wo keine vorhanden, oder doch von keiner beſondern Erheblichkeit. Alſo fuͤhret mancher Autor als eine Haupt Anmerckung an, man ſolte das Compliment niemahls mit Jch anfangen. Nun iſt es wohl etwas ehrerbiethiger geſprochen, wenn man in der Anrede an eine ſehr hohe Per- ſon eine andere Tour findet; es wird ſich aber der hunderte nichts draus machen, wenn das Compli- ment in dem uͤbrigen manierlich und hoͤflich einge- richtet, ob es ſchon mit Jch angefangen wuͤrde; in den Briefen hingegen iſt dieſe Anmerckung noͤ- thiger; weil das geſchriebene bleibt, und in des an- dern Gemuͤthe einen ſtaͤrckern Eindruck macht, als das geſchwind muͤndlich ausgeſprochene, und in der Lufft verſchwindende Worte, ſo muß alles bey je- nem Fall mehr erwogen werden. Bißweilen wuͤr- de es ſehr gezwungen heraus kommen, wenn man es

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/193>, abgerufen am 30.04.2024.