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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. V. Capitul.
es aussen liesse. Geschicht es in einem Compli-
ment
gegen seines gleichen oder gegen einem ge-
ringern, so hat es vollends nichts zu bedeuten.

§. 40. V. Jhre Coartoisien, Titulaturen und
andere Wörter und Redens-Arten ihrer Compli-
mens, harmoni
ren nicht allezeit mit einander selbst,
oder mit deren Stand, Range und Charactere des-
sen, an dem sie gerichtet sind. Es schickt sich nicht,
wenn ich in dem Eingange von etner unterthänigen
Aufwartung bey einer Excellence rede, und in dem
Fortgang und am Ende komme ich mit der Ehre,
mit der Gunst, mit Wohlwollen, u. s. w. aufgezo-
gen; Mit der unterthänigen Aufwartung muß
man Gnade verbinden. Wider den Wohlstand
ist, wenn sie sich in tieffer Unterthänigkeit zur hohen
Gewogenheit empfehlen. Gewogenheit und Un-
terthänigkeit beziehen sich nicht auf einander; ich
will mir bey meines gleichen seine Gewogenheit aus-
bitten, aber ihm nicht meine Unterthänigkeit anbie-
ten. Bißweilen brauchen sie erstlich das Wort
Gnade, und nachgehends wieder die Wörter gü-
tig oder ungütig, welches ebenfalls unrecht. Wo
man von Gnade zu reden Ursache hat, muß man
auch von gnädig oder ungnädig reden, wenn ich
aber hingegen bey meines gleichen, oder bey denen,
die nicht so gar sehr von mir unterschieden, die Wör-
ter Gunst, Affectiren, Wohlwollen, Leutseeligkeit,
Gewogenheit, u. s. w. erwehle, so kan ich mit diesen
die Wörter gütig, ungütig, oder andere gleichviel
bedeutende eher verbinden. Ein junger Mensch

nennt

I. Theil. V. Capitul.
es auſſen lieſſe. Geſchicht es in einem Compli-
ment
gegen ſeines gleichen oder gegen einem ge-
ringern, ſo hat es vollends nichts zu bedeuten.

§. 40. V. Jhre Coartoiſien, Titulaturen und
andere Woͤrter und Redens-Arten ihrer Compli-
mens, harmoni
ren nicht allezeit mit einander ſelbſt,
oder mit deren Stand, Range und Charactére deſ-
ſen, an dem ſie gerichtet ſind. Es ſchickt ſich nicht,
wenn ich in dem Eingange von etner unterthaͤnigen
Aufwartung bey einer Excellence rede, und in dem
Fortgang und am Ende komme ich mit der Ehre,
mit der Gunſt, mit Wohlwollen, u. ſ. w. aufgezo-
gen; Mit der unterthaͤnigen Aufwartung muß
man Gnade verbinden. Wider den Wohlſtand
iſt, wenn ſie ſich in tieffer Unterthaͤnigkeit zur hohen
Gewogenheit empfehlen. Gewogenheit und Un-
terthaͤnigkeit beziehen ſich nicht auf einander; ich
will mir bey meines gleichen ſeine Gewogenheit aus-
bitten, aber ihm nicht meine Unterthaͤnigkeit anbie-
ten. Bißweilen brauchen ſie erſtlich das Wort
Gnade, und nachgehends wieder die Woͤrter guͤ-
tig oder unguͤtig, welches ebenfalls unrecht. Wo
man von Gnade zu reden Urſache hat, muß man
auch von gnaͤdig oder ungnaͤdig reden, wenn ich
aber hingegen bey meines gleichen, oder bey denen,
die nicht ſo gar ſehr von mir unterſchieden, die Woͤr-
ter Gunſt, Affectiren, Wohlwollen, Leutſeeligkeit,
Gewogenheit, u. ſ. w. erwehle, ſo kan ich mit dieſen
die Woͤrter guͤtig, unguͤtig, oder andere gleichviel
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[174/0194] I. Theil. V. Capitul. es auſſen lieſſe. Geſchicht es in einem Compli- ment gegen ſeines gleichen oder gegen einem ge- ringern, ſo hat es vollends nichts zu bedeuten. §. 40. V. Jhre Coartoiſien, Titulaturen und andere Woͤrter und Redens-Arten ihrer Compli- mens, harmoniren nicht allezeit mit einander ſelbſt, oder mit deren Stand, Range und Charactére deſ- ſen, an dem ſie gerichtet ſind. Es ſchickt ſich nicht, wenn ich in dem Eingange von etner unterthaͤnigen Aufwartung bey einer Excellence rede, und in dem Fortgang und am Ende komme ich mit der Ehre, mit der Gunſt, mit Wohlwollen, u. ſ. w. aufgezo- gen; Mit der unterthaͤnigen Aufwartung muß man Gnade verbinden. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ſie ſich in tieffer Unterthaͤnigkeit zur hohen Gewogenheit empfehlen. Gewogenheit und Un- terthaͤnigkeit beziehen ſich nicht auf einander; ich will mir bey meines gleichen ſeine Gewogenheit aus- bitten, aber ihm nicht meine Unterthaͤnigkeit anbie- ten. Bißweilen brauchen ſie erſtlich das Wort Gnade, und nachgehends wieder die Woͤrter guͤ- tig oder unguͤtig, welches ebenfalls unrecht. Wo man von Gnade zu reden Urſache hat, muß man auch von gnaͤdig oder ungnaͤdig reden, wenn ich aber hingegen bey meines gleichen, oder bey denen, die nicht ſo gar ſehr von mir unterſchieden, die Woͤr- ter Gunſt, Affectiren, Wohlwollen, Leutſeeligkeit, Gewogenheit, u. ſ. w. erwehle, ſo kan ich mit dieſen die Woͤrter guͤtig, unguͤtig, oder andere gleichviel bedeutende eher verbinden. Ein junger Menſch nennt

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/194>, abgerufen am 30.04.2024.