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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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benachbarten und sonderlich wilden und barbari-
schen Völckern, die sonst sich der Rauberey und Ca-
perey auf der See zu befleißigen pflegen. Denn bey
den cultivirten Nationen ist dergleichen unnöthig,
und sagt Pufendorff Lib I[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]X. C. IX. §. 2. mit Recht,
es solten sich moralisirte Leute billig schämen, eine
solche Allianz zu schliessen, die nichts anders in
sich faßt, als daß sie gegen einander das natür-
liche Recht beobachten wollen, gleichsam als ob
sie ausser dieses Pactum ihrer Pflicht nicht nach-
kommen solten und könten. Es werden derglei-
chen Allianzen gar öffters unter dem Nahmen
der Freundschafft verstanden. Allein die Freund-
schaffts-Rechte erfordern viel mehr, als diese ge-
meinen Officia, die die Menschen als Menschen
einander zu leisten schuldig sind, denn obschon die
Freundschaffts-Pflichten nicht so determiniret
sind, als diejenigen Stücke, die in den Bünd-
nissen ausgemacht werden, so weiß doch ein ied-
weder, daß zur Freundschafft gehöre, das Gute
mit seinen Freunden zu communiciren, und die-
selben dessen theilhafftig zu machen, wegen ihrer
Wohlfahrt besorgt zu seyn, und sie durch aller-
hand gute Consilia und Erinnerungen zu beför-
dern suchen, das ihm bevorstehende Ubel nach
Vermögen abzuwenden, und dieses alles mit
einer grössern Begierde und Verlangen, denn
man sonst der Humanität nach schuldig ist.

§. 2.
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benachbarten und ſonderlich wilden und barbari-
ſchen Voͤlckeꝛn, die ſonſt ſich der Rauberey und Ca-
perey auf der See zu befleißigen pflegen. Denn bey
den cultivirten Nationen iſt dergleichen unnoͤthig,
und ſagt Pufendorff Lib I[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]X. C. IX. §. 2. mit Recht,
es ſolten ſich moraliſirte Leute billig ſchaͤmen, eine
ſolche Allianz zu ſchlieſſen, die nichts anders in
ſich faßt, als daß ſie gegen einander das natuͤr-
liche Recht beobachten wollen, gleichſam als ob
ſie auſſer dieſes Pactum ihrer Pflicht nicht nach-
kommen ſolten und koͤnten. Es werden derglei-
chen Allianzen gar oͤffters unter dem Nahmen
der Freundſchafft verſtanden. Allein die Freund-
ſchaffts-Rechte erfordern viel mehr, als dieſe ge-
meinen Officia, die die Menſchen als Menſchen
einander zu leiſten ſchuldig ſind, denn obſchon die
Freundſchaffts-Pflichten nicht ſo determiniret
ſind, als diejenigen Stuͤcke, die in den Buͤnd-
niſſen ausgemacht werden, ſo weiß doch ein ied-
weder, daß zur Freundſchafft gehoͤre, das Gute
mit ſeinen Freunden zu communiciren, und die-
ſelben deſſen theilhafftig zu machen, wegen ihrer
Wohlfahrt beſorgt zu ſeyn, und ſie durch aller-
hand gute Conſilia und Erinnerungen zu befoͤr-
dern ſuchen, das ihm bevorſtehende Ubel nach
Vermoͤgen abzuwenden, und dieſes alles mit
einer groͤſſern Begierde und Verlangen, denn
man ſonſt der Humanitaͤt nach ſchuldig iſt.

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[1441/1461] benachbarten und ſonderlich wilden und barbari- ſchen Voͤlckeꝛn, die ſonſt ſich der Rauberey und Ca- perey auf der See zu befleißigen pflegen. Denn bey den cultivirten Nationen iſt dergleichen unnoͤthig, und ſagt Pufendorff Lib I_X. C. IX. §. 2. mit Recht, es ſolten ſich moraliſirte Leute billig ſchaͤmen, eine ſolche Allianz zu ſchlieſſen, die nichts anders in ſich faßt, als daß ſie gegen einander das natuͤr- liche Recht beobachten wollen, gleichſam als ob ſie auſſer dieſes Pactum ihrer Pflicht nicht nach- kommen ſolten und koͤnten. Es werden derglei- chen Allianzen gar oͤffters unter dem Nahmen der Freundſchafft verſtanden. Allein die Freund- ſchaffts-Rechte erfordern viel mehr, als dieſe ge- meinen Officia, die die Menſchen als Menſchen einander zu leiſten ſchuldig ſind, denn obſchon die Freundſchaffts-Pflichten nicht ſo determiniret ſind, als diejenigen Stuͤcke, die in den Buͤnd- niſſen ausgemacht werden, ſo weiß doch ein ied- weder, daß zur Freundſchafft gehoͤre, das Gute mit ſeinen Freunden zu communiciren, und die- ſelben deſſen theilhafftig zu machen, wegen ihrer Wohlfahrt beſorgt zu ſeyn, und ſie durch aller- hand gute Conſilia und Erinnerungen zu befoͤr- dern ſuchen, das ihm bevorſtehende Ubel nach Vermoͤgen abzuwenden, und dieſes alles mit einer groͤſſern Begierde und Verlangen, denn man ſonſt der Humanitaͤt nach ſchuldig iſt. §. 2. Y y y y

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1461>, abgerufen am 17.06.2024.