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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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eine Buchecker und obendrein diese letzteren nur kurze Zeit keimfähig
bleiben und viel längere Zeit zum Keimen brauchen als die in wenigen
Tagen keimende Bohne. Letztere ist auch deshalb hier eine ganz passende
Stellvertreterin der Eichel, weil sie wie diese die Keim- oder Samen-
lappen im Boden zurückläßt, was beinahe alle übrigen Waldsamen nicht
thun. Um die wichtigsten Vorgänge des Keimens zu sehen, genügt es,
unsern Bohnenkern in Wasser zu legen, oder auch in feuchterhaltene
Sägespähne.

Wenn wir eine Bohne in kaltes Wasser legen, so ist nach einigen
Stunden die Folge hiervon, daß die Schale runzlig wird; lassen wir sie
dann noch länger im Wasser liegen, so wird sie allmälig wieder glatt,
und vergleichen wir sie dann mit einer zweiten Bohne, die der in das
Wasser gelegten an Größe und Gewicht vollkommen gleich war, so finden
wir nun, daß die im Wasser gewesene etwas größer und schwerer als die
andere ist. Das wissen wir Alle, das wissen namentlich unsere Hausfrauen,
welche daher zu einem Gericht Bohnen nicht den ganzen Topf bis an den
Rand damit anfüllen, weil sie sonst über diesen hinausquellen würden.
Quellen ist auch für diese Veränderung der harten Pflanzensamen der
allgemein gebräuchliche Ausdruck. Es ist bekannt, daß die Zunahme der
Bohne an Umfang und Gewicht durch das Wasser bedingt ist, welches in
sie eingedrungen ist.

Das Runzligwerden hat seinen Grund darin, daß die Samenschale
sich durch das eingedrungene Wasser ausdehnte, während dies der ein-
geschlossene Samenkörper noch nicht that. Dieser saugt sich vielmehr lang-
samer voll Wasser, welches erst durch die Samenschale hindurch zu ihm
dringt, und erst wenn die ganze innere Masse des Samens sich ebenfalls
voll Wasser gesogen und dabei natürlich ebenfalls eine Vergrößerung er-
fahren hat, wird die Samenschale wieder glatt, denn nun wird sie von
dem Samen wieder ganz ausgefüllt. -- Es ist bekannt, daß man diesen
ganzen Vorgang durch Anwendung sehr warmen Wassers beschleunigen
kann, wodurch allerdings in den meisten Fällen die weitere Entwickelungs-
fähigkeit des Samens, die Keimkraft, zerstört wird.

Wir lernten also, daß die Samenschale das Vermögen Wasser auf-
zusaugen in hohem Grade besitzt. Sie hält dieses aber nicht in ihren

eine Buchecker und obendrein dieſe letzteren nur kurze Zeit keimfähig
bleiben und viel längere Zeit zum Keimen brauchen als die in wenigen
Tagen keimende Bohne. Letztere iſt auch deshalb hier eine ganz paſſende
Stellvertreterin der Eichel, weil ſie wie dieſe die Keim- oder Samen-
lappen im Boden zurückläßt, was beinahe alle übrigen Waldſamen nicht
thun. Um die wichtigſten Vorgänge des Keimens zu ſehen, genügt es,
unſern Bohnenkern in Waſſer zu legen, oder auch in feuchterhaltene
Sägeſpähne.

Wenn wir eine Bohne in kaltes Waſſer legen, ſo iſt nach einigen
Stunden die Folge hiervon, daß die Schale runzlig wird; laſſen wir ſie
dann noch länger im Waſſer liegen, ſo wird ſie allmälig wieder glatt,
und vergleichen wir ſie dann mit einer zweiten Bohne, die der in das
Waſſer gelegten an Größe und Gewicht vollkommen gleich war, ſo finden
wir nun, daß die im Waſſer geweſene etwas größer und ſchwerer als die
andere iſt. Das wiſſen wir Alle, das wiſſen namentlich unſere Hausfrauen,
welche daher zu einem Gericht Bohnen nicht den ganzen Topf bis an den
Rand damit anfüllen, weil ſie ſonſt über dieſen hinausquellen würden.
Quellen iſt auch für dieſe Veränderung der harten Pflanzenſamen der
allgemein gebräuchliche Ausdruck. Es iſt bekannt, daß die Zunahme der
Bohne an Umfang und Gewicht durch das Waſſer bedingt iſt, welches in
ſie eingedrungen iſt.

Das Runzligwerden hat ſeinen Grund darin, daß die Samenſchale
ſich durch das eingedrungene Waſſer ausdehnte, während dies der ein-
geſchloſſene Samenkörper noch nicht that. Dieſer ſaugt ſich vielmehr lang-
ſamer voll Waſſer, welches erſt durch die Samenſchale hindurch zu ihm
dringt, und erſt wenn die ganze innere Maſſe des Samens ſich ebenfalls
voll Waſſer geſogen und dabei natürlich ebenfalls eine Vergrößerung er-
fahren hat, wird die Samenſchale wieder glatt, denn nun wird ſie von
dem Samen wieder ganz ausgefüllt. — Es iſt bekannt, daß man dieſen
ganzen Vorgang durch Anwendung ſehr warmen Waſſers beſchleunigen
kann, wodurch allerdings in den meiſten Fällen die weitere Entwickelungs-
fähigkeit des Samens, die Keimkraft, zerſtört wird.

Wir lernten alſo, daß die Samenſchale das Vermögen Waſſer auf-
zuſaugen in hohem Grade beſitzt. Sie hält dieſes aber nicht in ihren

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[133/0157] eine Buchecker und obendrein dieſe letzteren nur kurze Zeit keimfähig bleiben und viel längere Zeit zum Keimen brauchen als die in wenigen Tagen keimende Bohne. Letztere iſt auch deshalb hier eine ganz paſſende Stellvertreterin der Eichel, weil ſie wie dieſe die Keim- oder Samen- lappen im Boden zurückläßt, was beinahe alle übrigen Waldſamen nicht thun. Um die wichtigſten Vorgänge des Keimens zu ſehen, genügt es, unſern Bohnenkern in Waſſer zu legen, oder auch in feuchterhaltene Sägeſpähne. Wenn wir eine Bohne in kaltes Waſſer legen, ſo iſt nach einigen Stunden die Folge hiervon, daß die Schale runzlig wird; laſſen wir ſie dann noch länger im Waſſer liegen, ſo wird ſie allmälig wieder glatt, und vergleichen wir ſie dann mit einer zweiten Bohne, die der in das Waſſer gelegten an Größe und Gewicht vollkommen gleich war, ſo finden wir nun, daß die im Waſſer geweſene etwas größer und ſchwerer als die andere iſt. Das wiſſen wir Alle, das wiſſen namentlich unſere Hausfrauen, welche daher zu einem Gericht Bohnen nicht den ganzen Topf bis an den Rand damit anfüllen, weil ſie ſonſt über dieſen hinausquellen würden. Quellen iſt auch für dieſe Veränderung der harten Pflanzenſamen der allgemein gebräuchliche Ausdruck. Es iſt bekannt, daß die Zunahme der Bohne an Umfang und Gewicht durch das Waſſer bedingt iſt, welches in ſie eingedrungen iſt. Das Runzligwerden hat ſeinen Grund darin, daß die Samenſchale ſich durch das eingedrungene Waſſer ausdehnte, während dies der ein- geſchloſſene Samenkörper noch nicht that. Dieſer ſaugt ſich vielmehr lang- ſamer voll Waſſer, welches erſt durch die Samenſchale hindurch zu ihm dringt, und erſt wenn die ganze innere Maſſe des Samens ſich ebenfalls voll Waſſer geſogen und dabei natürlich ebenfalls eine Vergrößerung er- fahren hat, wird die Samenſchale wieder glatt, denn nun wird ſie von dem Samen wieder ganz ausgefüllt. — Es iſt bekannt, daß man dieſen ganzen Vorgang durch Anwendung ſehr warmen Waſſers beſchleunigen kann, wodurch allerdings in den meiſten Fällen die weitere Entwickelungs- fähigkeit des Samens, die Keimkraft, zerſtört wird. Wir lernten alſo, daß die Samenſchale das Vermögen Waſſer auf- zuſaugen in hohem Grade beſitzt. Sie hält dieſes aber nicht in ihren

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/157>, abgerufen am 09.05.2024.