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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Kaum bedarf es nun noch eines Hinweises, wir finden es wenigstens
nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu
allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um
sich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenstand der sinn-
bildlichen Verehrung gewesen ist. "Und so ist es denn gekommen, daß die
Götterverehrung der Hellenen, wie sie mit dem Baume entstand und
mit ihm dauerte, auch mit ihm fiel. Wie der Baumkultus dem
Tempel- und Bilderkultus voranging, so überdauerte er denselben auch
bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was christlich-clerikale Straf-
gesetzgebung mit großer Mühe und schweren Strafen vernichtete, waren
die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung"*).

Wenn wir nicht Fanatiker sind, so haben wir jenes so oft dargestellte
Bild nicht ohne Mißbehagen sehen können, welches den heil. Bonifacius
darstellt, wie er mit hochgeschwungener Axt eifrige Streiche gegen den
Stamm einer deutschen Eiche führt.


*) Carl Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.

Kaum bedarf es nun noch eines Hinweiſes, wir finden es wenigſtens
nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu
allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um
ſich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenſtand der ſinn-
bildlichen Verehrung geweſen iſt. „Und ſo iſt es denn gekommen, daß die
Götterverehrung der Hellenen, wie ſie mit dem Baume entſtand und
mit ihm dauerte, auch mit ihm fiel. Wie der Baumkultus dem
Tempel- und Bilderkultus voranging, ſo überdauerte er denſelben auch
bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was chriſtlich-clerikale Straf-
geſetzgebung mit großer Mühe und ſchweren Strafen vernichtete, waren
die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung“*).

Wenn wir nicht Fanatiker ſind, ſo haben wir jenes ſo oft dargeſtellte
Bild nicht ohne Mißbehagen ſehen können, welches den heil. Bonifacius
darſtellt, wie er mit hochgeſchwungener Axt eifrige Streiche gegen den
Stamm einer deutſchen Eiche führt.


*) Carl Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.
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[24/0048] Kaum bedarf es nun noch eines Hinweiſes, wir finden es wenigſtens nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um ſich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenſtand der ſinn- bildlichen Verehrung geweſen iſt. „Und ſo iſt es denn gekommen, daß die Götterverehrung der Hellenen, wie ſie mit dem Baume entſtand und mit ihm dauerte, auch mit ihm fiel. Wie der Baumkultus dem Tempel- und Bilderkultus voranging, ſo überdauerte er denſelben auch bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was chriſtlich-clerikale Straf- geſetzgebung mit großer Mühe und ſchweren Strafen vernichtete, waren die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung“ *). Wenn wir nicht Fanatiker ſind, ſo haben wir jenes ſo oft dargeſtellte Bild nicht ohne Mißbehagen ſehen können, welches den heil. Bonifacius darſtellt, wie er mit hochgeſchwungener Axt eifrige Streiche gegen den Stamm einer deutſchen Eiche führt. *) Carl Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/48>, abgerufen am 28.04.2024.