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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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gleich sich Linden, namentlich Winterlinden, überall, selbst bis in den
Gebirgswald, bald mehr bald weniger häufig einmischen. Da die Linden
sehr reichlich Samen tragen und selbst aus schlecht gewachsenen jungen
Wildlingen, bei ihrem kräftigen Jugendleben und bei der Leichtigkeit, mit
der sich die Linde verpflanzen läßt, sich noch gerade Stämme erziehen
lassen, so geschieht zu ihrem kunstmäßigen Anbau nur wenig. Doch werden
die freiwillig aufkeimenden Samenpflänzchen, welche an ihren handförmig
zerschlitzten Samenlappen stets sofort zu erkennen sind, meist durch Gras-
wuchs verdämmt. Wo man das wenig werthvolle Lindenholz dennoch gut
verwerthen kann und sie im gemischten Laubhochwalde mit erziehen will,
hat man mit ihrer jugendlichen Schnellwüchsigkeit und ihrer dichten, daher
stark beschattenden Laubkrone zu kämpfen, wodurch andere Baumarten leicht
übergipfelt und unterdrückt werden. Dieselbe Bewandtniß hat es mit ihr
im Mittelwalde als Oberbaum und selbst auch als Unterholz, da sie
ihrerseits keine starke Beschattung verträgt.

Die Benutzung des Lindenholzes ist seiner Weichheit gemäß auf
solche Dinge beschränkt, welche eben Leichtigkeit und Weichheit des Stoffes
erfordern, weshalb es vorzugsweise zu Blindholz für die Tischlerei, zu
leichten Kisten, Backtrögen, Schuhleisten, Küchengeräthen und zu vielerlei
Schnitzereien verwendet wird. Der Lindenbast ist mit dem Rüsterbast der
gewöhnlich verwendete; zu den in Unmasse angewendeten Cigarrenbändern
nur von der Linde, besonders auch aus Amerika eingeführt. Wenn man
ein frisch von der äußeren Borkenschicht befreites zu einer regelmäßigen
Tafel geschnittenes Stück frischer Birkenrinde eine Zeit lang im Wasser
faulen läßt, so kann man dann die Bastlagen leicht von einander abschälen
und den auf S. 112 geschilderten Bau leicht kennen lernen. Wenn man
dann die sich leicht von einander ablösen lassenden Bastlagen der Folge
nach neben einander legt, so sieht man sehr hübsch das Aufeinanderpassen
derselben. Der "Lindenblüthenthee" braucht nur genannt zu werden,
und das Gesumme der honigsuchenden Bienen in der blüthenbeladenen
Lindenkrone hat auch schon Jeder gehört.

Die Winterlinde heißt auch noch Spätlinde, Wald-, Sand- oder
glattblättrige Linde.

gleich ſich Linden, namentlich Winterlinden, überall, ſelbſt bis in den
Gebirgswald, bald mehr bald weniger häufig einmiſchen. Da die Linden
ſehr reichlich Samen tragen und ſelbſt aus ſchlecht gewachſenen jungen
Wildlingen, bei ihrem kräftigen Jugendleben und bei der Leichtigkeit, mit
der ſich die Linde verpflanzen läßt, ſich noch gerade Stämme erziehen
laſſen, ſo geſchieht zu ihrem kunſtmäßigen Anbau nur wenig. Doch werden
die freiwillig aufkeimenden Samenpflänzchen, welche an ihren handförmig
zerſchlitzten Samenlappen ſtets ſofort zu erkennen ſind, meiſt durch Gras-
wuchs verdämmt. Wo man das wenig werthvolle Lindenholz dennoch gut
verwerthen kann und ſie im gemiſchten Laubhochwalde mit erziehen will,
hat man mit ihrer jugendlichen Schnellwüchſigkeit und ihrer dichten, daher
ſtark beſchattenden Laubkrone zu kämpfen, wodurch andere Baumarten leicht
übergipfelt und unterdrückt werden. Dieſelbe Bewandtniß hat es mit ihr
im Mittelwalde als Oberbaum und ſelbſt auch als Unterholz, da ſie
ihrerſeits keine ſtarke Beſchattung verträgt.

Die Benutzung des Lindenholzes iſt ſeiner Weichheit gemäß auf
ſolche Dinge beſchränkt, welche eben Leichtigkeit und Weichheit des Stoffes
erfordern, weshalb es vorzugsweiſe zu Blindholz für die Tiſchlerei, zu
leichten Kiſten, Backtrögen, Schuhleiſten, Küchengeräthen und zu vielerlei
Schnitzereien verwendet wird. Der Lindenbaſt iſt mit dem Rüſterbaſt der
gewöhnlich verwendete; zu den in Unmaſſe angewendeten Cigarrenbändern
nur von der Linde, beſonders auch aus Amerika eingeführt. Wenn man
ein friſch von der äußeren Borkenſchicht befreites zu einer regelmäßigen
Tafel geſchnittenes Stück friſcher Birkenrinde eine Zeit lang im Waſſer
faulen läßt, ſo kann man dann die Baſtlagen leicht von einander abſchälen
und den auf S. 112 geſchilderten Bau leicht kennen lernen. Wenn man
dann die ſich leicht von einander ablöſen laſſenden Baſtlagen der Folge
nach neben einander legt, ſo ſieht man ſehr hübſch das Aufeinanderpaſſen
derſelben. Der „Lindenblüthenthee“ braucht nur genannt zu werden,
und das Geſumme der honigſuchenden Bienen in der blüthenbeladenen
Lindenkrone hat auch ſchon Jeder gehört.

Die Winterlinde heißt auch noch Spätlinde, Wald-, Sand- oder
glattblättrige Linde.

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[541/0597] gleich ſich Linden, namentlich Winterlinden, überall, ſelbſt bis in den Gebirgswald, bald mehr bald weniger häufig einmiſchen. Da die Linden ſehr reichlich Samen tragen und ſelbſt aus ſchlecht gewachſenen jungen Wildlingen, bei ihrem kräftigen Jugendleben und bei der Leichtigkeit, mit der ſich die Linde verpflanzen läßt, ſich noch gerade Stämme erziehen laſſen, ſo geſchieht zu ihrem kunſtmäßigen Anbau nur wenig. Doch werden die freiwillig aufkeimenden Samenpflänzchen, welche an ihren handförmig zerſchlitzten Samenlappen ſtets ſofort zu erkennen ſind, meiſt durch Gras- wuchs verdämmt. Wo man das wenig werthvolle Lindenholz dennoch gut verwerthen kann und ſie im gemiſchten Laubhochwalde mit erziehen will, hat man mit ihrer jugendlichen Schnellwüchſigkeit und ihrer dichten, daher ſtark beſchattenden Laubkrone zu kämpfen, wodurch andere Baumarten leicht übergipfelt und unterdrückt werden. Dieſelbe Bewandtniß hat es mit ihr im Mittelwalde als Oberbaum und ſelbſt auch als Unterholz, da ſie ihrerſeits keine ſtarke Beſchattung verträgt. Die Benutzung des Lindenholzes iſt ſeiner Weichheit gemäß auf ſolche Dinge beſchränkt, welche eben Leichtigkeit und Weichheit des Stoffes erfordern, weshalb es vorzugsweiſe zu Blindholz für die Tiſchlerei, zu leichten Kiſten, Backtrögen, Schuhleiſten, Küchengeräthen und zu vielerlei Schnitzereien verwendet wird. Der Lindenbaſt iſt mit dem Rüſterbaſt der gewöhnlich verwendete; zu den in Unmaſſe angewendeten Cigarrenbändern nur von der Linde, beſonders auch aus Amerika eingeführt. Wenn man ein friſch von der äußeren Borkenſchicht befreites zu einer regelmäßigen Tafel geſchnittenes Stück friſcher Birkenrinde eine Zeit lang im Waſſer faulen läßt, ſo kann man dann die Baſtlagen leicht von einander abſchälen und den auf S. 112 geſchilderten Bau leicht kennen lernen. Wenn man dann die ſich leicht von einander ablöſen laſſenden Baſtlagen der Folge nach neben einander legt, ſo ſieht man ſehr hübſch das Aufeinanderpaſſen derſelben. Der „Lindenblüthenthee“ braucht nur genannt zu werden, und das Geſumme der honigſuchenden Bienen in der blüthenbeladenen Lindenkrone hat auch ſchon Jeder gehört. Die Winterlinde heißt auch noch Spätlinde, Wald-, Sand- oder glattblättrige Linde.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/597>, abgerufen am 30.04.2024.