Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

König Carolus II.
mir nun Dero Gütigkeit zu leben, so lebe
ich ihr Diener; Wo nicht, gebiethet mir
ihre Ungenade, den Augenblick als Dero
Märtyrer zu sterben.
Die Gräfin erröthete,
und was ihr die Schamhafftigkeit durch Worte
auszudrücken nicht verstattete, das ersatzten die
languissanten Augen und unterbrochenen Seuff-
tzer; Endlich brach sie in diese Worte heraus: Sie
sollen leben, Großmächtigster König!
Sie sollen leben! und diejenige grausa-
me Weibs-Person, die ihren Liebhaber
sterben lässet, sey auf ewig verflucht.

Diese Erklärung sprach dem König einen solchen
Muth ein, daß er seine Liebe mit einer so tapffern
Attaque fortsatzte, biß die Dame freywillig die
Chamade schlug, und verhiesse, daß das Hertz,
welches er so heldenmüthig erobert hätte, ein un-
endliches Sieges-Zeichen von dieser angenehmen
Victorie seyn sollte. Nachdem der König diese
Versicherung von Madame Castlemain Nei-
gung erhalten hatte, that er einen offt wiederhol-
ten Anfall auf ihre Tugend, mit allem scheinbarsten
Vorwand, den ihn die Liebe einzugeben vermögend
war; Die Gräfin, welche ihr Hertz dem König
allbereit eingeräumet, trug auch kein Bedencken, das
Heiligthum ihrer Ehre seiner Brust mit gleicher
Aufrichtigkeit anzuvertrauen: Also beraubete sie
Se. Maj. mit freundlichen Caressen und liebli-

chen

Koͤnig Carolus II.
mir nun Dero Guͤtigkeit zu leben, ſo lebe
ich ihr Diener; Wo nicht, gebiethet mir
ihre Ungenade, den Augenblick als Dero
Maͤrtyrer zu ſterben.
Die Graͤfin erroͤthete,
und was ihr die Schamhafftigkeit durch Worte
auszudruͤcken nicht verſtattete, das erſatzten die
languiſſanten Augen und unterbrochenen Seuff-
tzer; Endlich brach ſie in dieſe Worte heraus: Sie
ſollen leben, Großmaͤchtigſter Koͤnig!
Sie ſollen leben! und diejenige grauſa-
me Weibs-Perſon, die ihren Liebhaber
ſterben laͤſſet, ſey auf ewig verflucht.

Dieſe Erklaͤrung ſprach dem Koͤnig einen ſolchen
Muth ein, daß er ſeine Liebe mit einer ſo tapffern
Attaque fortſatzte, biß die Dame freywillig die
Chamade ſchlug, und verhieſſe, daß das Hertz,
welches er ſo heldenmuͤthig erobert haͤtte, ein un-
endliches Sieges-Zeichen von dieſer angenehmen
Victorie ſeyn ſollte. Nachdem der Koͤnig dieſe
Verſicherung von Madame Caſtlemain Nei-
gung erhalten hatte, that er einen offt wiederhol-
ten Anfall auf ihre Tugend, mit allem ſcheinbarſten
Vorwand, den ihn die Liebe einzugeben vermoͤgend
war; Die Graͤfin, welche ihr Hertz dem Koͤnig
allbereit eingeraͤumet, trug auch kein Bedencken, das
Heiligthum ihrer Ehre ſeiner Bruſt mit gleicher
Aufrichtigkeit anzuvertrauen: Alſo beraubete ſie
Se. Maj. mit freundlichen Careſſen und liebli-

chen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0320" n="300"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">Carolus II.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">mir nun Dero Gu&#x0364;tigkeit zu leben, &#x017F;o lebe<lb/>
ich ihr Diener; Wo nicht, gebiethet mir<lb/>
ihre Ungenade, den Augenblick als Dero<lb/>
Ma&#x0364;rtyrer zu &#x017F;terben.</hi> Die Gra&#x0364;fin erro&#x0364;thete,<lb/>
und was ihr die Schamhafftigkeit durch Worte<lb/>
auszudru&#x0364;cken nicht ver&#x017F;tattete, das er&#x017F;atzten die<lb/><hi rendition="#aq">langui&#x017F;&#x017F;ant</hi>en Augen und unterbrochenen Seuff-<lb/>
tzer; Endlich brach &#x017F;ie in die&#x017F;e Worte heraus: <hi rendition="#fr">Sie<lb/>
&#x017F;ollen leben, Großma&#x0364;chtig&#x017F;ter Ko&#x0364;nig!<lb/>
Sie &#x017F;ollen leben! und diejenige grau&#x017F;a-<lb/>
me Weibs-Per&#x017F;on, die ihren Liebhaber<lb/>
&#x017F;terben la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, &#x017F;ey auf ewig verflucht.</hi><lb/>
Die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung &#x017F;prach dem Ko&#x0364;nig einen &#x017F;olchen<lb/>
Muth ein, daß er &#x017F;eine Liebe mit einer &#x017F;o tapffern<lb/><hi rendition="#aq">Attaque</hi> fort&#x017F;atzte, biß die <hi rendition="#aq">Dame</hi> freywillig die<lb/><hi rendition="#aq">Chamade</hi> &#x017F;chlug, und verhie&#x017F;&#x017F;e, daß das Hertz,<lb/>
welches er &#x017F;o heldenmu&#x0364;thig erobert ha&#x0364;tte, ein un-<lb/>
endliches Sieges-Zeichen von die&#x017F;er angenehmen<lb/><hi rendition="#aq">Victorie</hi> &#x017F;eyn &#x017F;ollte. Nachdem der Ko&#x0364;nig die&#x017F;e<lb/>
Ver&#x017F;icherung von <hi rendition="#aq">Madame Ca&#x017F;tlemain</hi> Nei-<lb/>
gung erhalten hatte, that er einen offt wiederhol-<lb/>
ten Anfall auf ihre Tugend, mit allem &#x017F;cheinbar&#x017F;ten<lb/>
Vorwand, den ihn die Liebe einzugeben vermo&#x0364;gend<lb/>
war; Die Gra&#x0364;fin, welche ihr Hertz dem Ko&#x0364;nig<lb/>
allbereit eingera&#x0364;umet, trug auch kein Bedencken, das<lb/>
Heiligthum ihrer Ehre &#x017F;einer Bru&#x017F;t mit gleicher<lb/>
Aufrichtigkeit anzuvertrauen: Al&#x017F;o beraubete &#x017F;ie<lb/>
Se. Maj. mit freundlichen <hi rendition="#aq">Care&#x017F;&#x017F;en</hi> und liebli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0320] Koͤnig Carolus II. mir nun Dero Guͤtigkeit zu leben, ſo lebe ich ihr Diener; Wo nicht, gebiethet mir ihre Ungenade, den Augenblick als Dero Maͤrtyrer zu ſterben. Die Graͤfin erroͤthete, und was ihr die Schamhafftigkeit durch Worte auszudruͤcken nicht verſtattete, das erſatzten die languiſſanten Augen und unterbrochenen Seuff- tzer; Endlich brach ſie in dieſe Worte heraus: Sie ſollen leben, Großmaͤchtigſter Koͤnig! Sie ſollen leben! und diejenige grauſa- me Weibs-Perſon, die ihren Liebhaber ſterben laͤſſet, ſey auf ewig verflucht. Dieſe Erklaͤrung ſprach dem Koͤnig einen ſolchen Muth ein, daß er ſeine Liebe mit einer ſo tapffern Attaque fortſatzte, biß die Dame freywillig die Chamade ſchlug, und verhieſſe, daß das Hertz, welches er ſo heldenmuͤthig erobert haͤtte, ein un- endliches Sieges-Zeichen von dieſer angenehmen Victorie ſeyn ſollte. Nachdem der Koͤnig dieſe Verſicherung von Madame Caſtlemain Nei- gung erhalten hatte, that er einen offt wiederhol- ten Anfall auf ihre Tugend, mit allem ſcheinbarſten Vorwand, den ihn die Liebe einzugeben vermoͤgend war; Die Graͤfin, welche ihr Hertz dem Koͤnig allbereit eingeraͤumet, trug auch kein Bedencken, das Heiligthum ihrer Ehre ſeiner Bruſt mit gleicher Aufrichtigkeit anzuvertrauen: Alſo beraubete ſie Se. Maj. mit freundlichen Careſſen und liebli- chen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/320
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/320>, abgerufen am 28.04.2024.