Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



und dauert bei einigen Menschen während ihres
ganzen Lebens fort.

Seraphinen davor zu bewahren, soll meine
ernste Sorge seyn. Wenn dieses lebhafte Kind
einmal davon ergriffen wäre, würde es schwerlich
wieder zu heilen seyn.

Mit Hertha's Gewitterfurcht werden wir viel-
leicht auch eine Weile zu schaffen haben. Diese
macht einen sonderbaren Kontrast mit ihrer son-
stigen Keckheit. Wir sehen sie nicht selten von der
ausgelassensten Lustigkeit zur gänzlichen Verzagt-
heit übergehen, wenn sich schnell ein Gewitter zu-
sammenzieht. Dann schmiegt sie sich ängstlich an
mich, oder in Ermangelung meiner an eines von
den Andern, als ob nur in unserer Nähe Schutz
zu suchen wäre. Unser aller Heiterheit bei dieser
herrlichen Erscheinung scheint ihre krampfhafte
Angst allein mildern zu können. Aber ist dir
denn gar nicht bange, fragte sie neulich Jda? --
Bisweilen wohl ein wenig, sagte Jda, wenn die
Luft so ganz dick und schwül, und der ganze Him-



und dauert bei einigen Menſchen während ihres
ganzen Lebens fort.

Seraphinen davor zu bewahren, ſoll meine
ernſte Sorge ſeyn. Wenn dieſes lebhafte Kind
einmal davon ergriffen wäre, würde es ſchwerlich
wieder zu heilen ſeyn.

Mit Hertha’s Gewitterfurcht werden wir viel-
leicht auch eine Weile zu ſchaffen haben. Dieſe
macht einen ſonderbaren Kontraſt mit ihrer ſon-
ſtigen Keckheit. Wir ſehen ſie nicht ſelten von der
ausgelaſſenſten Luſtigkeit zur gänzlichen Verzagt-
heit übergehen, wenn ſich ſchnell ein Gewitter zu-
ſammenzieht. Dann ſchmiegt ſie ſich ängſtlich an
mich, oder in Ermangelung meiner an eines von
den Andern, als ob nur in unſerer Nähe Schutz
zu ſuchen wäre. Unſer aller Heiterheit bei dieſer
herrlichen Erſcheinung ſcheint ihre krampfhafte
Angſt allein mildern zu können. Aber iſt dir
denn gar nicht bange, fragte ſie neulich Jda? —
Bisweilen wohl ein wenig, ſagte Jda, wenn die
Luft ſo ganz dick und ſchwül, und der ganze Him-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0231" n="223"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
und dauert bei einigen Men&#x017F;chen während ihres<lb/>
ganzen Lebens fort.</p><lb/>
          <p>Seraphinen davor zu bewahren, &#x017F;oll meine<lb/>
ern&#x017F;te Sorge &#x017F;eyn. Wenn die&#x017F;es lebhafte Kind<lb/>
einmal davon ergriffen wäre, würde es &#x017F;chwerlich<lb/>
wieder zu heilen &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Mit Hertha&#x2019;s Gewitterfurcht werden wir viel-<lb/>
leicht auch eine Weile zu &#x017F;chaffen haben. Die&#x017F;e<lb/>
macht einen &#x017F;onderbaren Kontra&#x017F;t mit ihrer &#x017F;on-<lb/>
&#x017F;tigen Keckheit. Wir &#x017F;ehen &#x017F;ie nicht &#x017F;elten von der<lb/>
ausgela&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten Lu&#x017F;tigkeit zur gänzlichen Verzagt-<lb/>
heit übergehen, wenn &#x017F;ich &#x017F;chnell ein Gewitter zu-<lb/>
&#x017F;ammenzieht. Dann &#x017F;chmiegt &#x017F;ie &#x017F;ich äng&#x017F;tlich an<lb/>
mich, oder in Ermangelung meiner an eines von<lb/>
den Andern, als ob nur in un&#x017F;erer Nähe Schutz<lb/>
zu &#x017F;uchen wäre. Un&#x017F;er aller Heiterheit bei die&#x017F;er<lb/>
herrlichen Er&#x017F;cheinung &#x017F;cheint ihre krampfhafte<lb/>
Ang&#x017F;t allein mildern zu können. Aber i&#x017F;t dir<lb/>
denn gar nicht bange, fragte &#x017F;ie neulich Jda? &#x2014;<lb/>
Bisweilen wohl ein wenig, &#x017F;agte Jda, wenn die<lb/>
Luft &#x017F;o ganz dick und &#x017F;chwül, und der ganze Him-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0231] und dauert bei einigen Menſchen während ihres ganzen Lebens fort. Seraphinen davor zu bewahren, ſoll meine ernſte Sorge ſeyn. Wenn dieſes lebhafte Kind einmal davon ergriffen wäre, würde es ſchwerlich wieder zu heilen ſeyn. Mit Hertha’s Gewitterfurcht werden wir viel- leicht auch eine Weile zu ſchaffen haben. Dieſe macht einen ſonderbaren Kontraſt mit ihrer ſon- ſtigen Keckheit. Wir ſehen ſie nicht ſelten von der ausgelaſſenſten Luſtigkeit zur gänzlichen Verzagt- heit übergehen, wenn ſich ſchnell ein Gewitter zu- ſammenzieht. Dann ſchmiegt ſie ſich ängſtlich an mich, oder in Ermangelung meiner an eines von den Andern, als ob nur in unſerer Nähe Schutz zu ſuchen wäre. Unſer aller Heiterheit bei dieſer herrlichen Erſcheinung ſcheint ihre krampfhafte Angſt allein mildern zu können. Aber iſt dir denn gar nicht bange, fragte ſie neulich Jda? — Bisweilen wohl ein wenig, ſagte Jda, wenn die Luft ſo ganz dick und ſchwül, und der ganze Him-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/231
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/231>, abgerufen am 30.04.2024.