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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Glückes, die es anschauen möchten, sprächen: ja,
das können auch wir ausführen, und das wollen
wir. Warum soll die Armuth uns hindern, un-
sere Kinder zu würdigen Menschen zu bilden?

Wohl stehet schon lange solch ein Gemälde vor
dem Volke auf der Staffelei. Es ist von einer
Meisterhand, und die hat es Lienhardt und
Gertrud überschrieben. Aber warum soll in der
deutschen Ausstellung nur eines dastehen? Wenn
nur Seraphine erst so weit ist, daß man sie mehr
anhaltend beschäftigen kann, dann lasse ich das
durch unsere jungen Mädchen thun, um täglich
ein Paar Stunden für diese Jdee zu gewinnen,
die mir wirklich am Herzen liegt. Bald müßt
Du mir auch wieder ein recht ausführliches Wort
über Deine drei schreiben, bis wir endlich ver-
einigt sind, und keines Schreibens weiter bedür-
fen; aber wann wird das seyn? wann? Wann
wird uns das freudige Erschrecken über die Lieb-
lichkeit Deiner uns unbekannten Virginia und
Kathinka, Deines Probus zu Theil, und Dir
das Entzücken über eine schöne holdselige Jung-

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Glückes, die es anſchauen möchten, ſprächen: ja,
das können auch wir ausführen, und das wollen
wir. Warum ſoll die Armuth uns hindern, un-
ſere Kinder zu würdigen Menſchen zu bilden?

Wohl ſtehet ſchon lange ſolch ein Gemälde vor
dem Volke auf der Staffelei. Es iſt von einer
Meiſterhand, und die hat es Lienhardt und
Gertrud überſchrieben. Aber warum ſoll in der
deutſchen Ausſtellung nur eines daſtehen? Wenn
nur Seraphine erſt ſo weit iſt, daß man ſie mehr
anhaltend beſchäftigen kann, dann laſſe ich das
durch unſere jungen Mädchen thun, um täglich
ein Paar Stunden für dieſe Jdee zu gewinnen,
die mir wirklich am Herzen liegt. Bald müßt
Du mir auch wieder ein recht ausführliches Wort
über Deine drei ſchreiben, bis wir endlich ver-
einigt ſind, und keines Schreibens weiter bedür-
fen; aber wann wird das ſeyn? wann? Wann
wird uns das freudige Erſchrecken über die Lieb-
lichkeit Deiner uns unbekannten Virginia und
Kathinka, Deines Probus zu Theil, und Dir
das Entzücken über eine ſchöne holdſelige Jung-

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[233/0241] Glückes, die es anſchauen möchten, ſprächen: ja, das können auch wir ausführen, und das wollen wir. Warum ſoll die Armuth uns hindern, un- ſere Kinder zu würdigen Menſchen zu bilden? Wohl ſtehet ſchon lange ſolch ein Gemälde vor dem Volke auf der Staffelei. Es iſt von einer Meiſterhand, und die hat es Lienhardt und Gertrud überſchrieben. Aber warum ſoll in der deutſchen Ausſtellung nur eines daſtehen? Wenn nur Seraphine erſt ſo weit iſt, daß man ſie mehr anhaltend beſchäftigen kann, dann laſſe ich das durch unſere jungen Mädchen thun, um täglich ein Paar Stunden für dieſe Jdee zu gewinnen, die mir wirklich am Herzen liegt. Bald müßt Du mir auch wieder ein recht ausführliches Wort über Deine drei ſchreiben, bis wir endlich ver- einigt ſind, und keines Schreibens weiter bedür- fen; aber wann wird das ſeyn? wann? Wann wird uns das freudige Erſchrecken über die Lieb- lichkeit Deiner uns unbekannten Virginia und Kathinka, Deines Probus zu Theil, und Dir das Entzücken über eine ſchöne holdſelige Jung- (30)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/241>, abgerufen am 30.04.2024.