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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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geworden war. Sie wurden beide in unsere un-
tern Zimmer gebracht. Jch ließ hier Lager für
sie bereiten, und besorgte mit meinen Leuten,
was sonst zu ihrer Pflege nöthig war. Der Arzt
versprach auf mein Verlangen, ein paar Tage
bei uns zu bleiben.

Als der herbeigeholte Wundarzt das Seinige
gethan, welches bis tief in die Nacht dauerte,
nahm der Arzt seinen Platz im Zimmer, wo bei-
de Kranken lagen, und bestand darauf, die Nacht
hindurch selbst bei ihnen aufzubleiben. Auch für
mich war an keinen Schlaf zu denken.

Als die Kranken gegen Morgen eingeschlum-
mert waren, erzählte mir der Arzt den unglück-
lichen Vorfall mit folgenden Worten.

"Jch kam von einer kurzen Fahrt zu einem
Verwandten zurück, und wollte eilig zu Hause
nach O --, als ich an der Poststraße einen um-
gefallenen Reisewagen und zwei Reisende gewahr
ward, wovon der Jüngere sich mit der äußersten
Anstrengung bemühete, dem Aeltern aufzuhelfen,

geworden war. Sie wurden beide in unſere un-
tern Zimmer gebracht. Jch ließ hier Lager für
ſie bereiten, und beſorgte mit meinen Leuten,
was ſonſt zu ihrer Pflege nöthig war. Der Arzt
verſprach auf mein Verlangen, ein paar Tage
bei uns zu bleiben.

Als der herbeigeholte Wundarzt das Seinige
gethan, welches bis tief in die Nacht dauerte,
nahm der Arzt ſeinen Platz im Zimmer, wo bei-
de Kranken lagen, und beſtand darauf, die Nacht
hindurch ſelbſt bei ihnen aufzubleiben. Auch für
mich war an keinen Schlaf zu denken.

Als die Kranken gegen Morgen eingeſchlum-
mert waren, erzählte mir der Arzt den unglück-
lichen Vorfall mit folgenden Worten.

„Jch kam von einer kurzen Fahrt zu einem
Verwandten zurück, und wollte eilig zu Hauſe
nach O —, als ich an der Poſtſtraße einen um-
gefallenen Reiſewagen und zwei Reiſende gewahr
ward, wovon der Jüngere ſich mit der äußerſten
Anſtrengung bemühete, dem Aeltern aufzuhelfen,

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[43/0051] geworden war. Sie wurden beide in unſere un- tern Zimmer gebracht. Jch ließ hier Lager für ſie bereiten, und beſorgte mit meinen Leuten, was ſonſt zu ihrer Pflege nöthig war. Der Arzt verſprach auf mein Verlangen, ein paar Tage bei uns zu bleiben. Als der herbeigeholte Wundarzt das Seinige gethan, welches bis tief in die Nacht dauerte, nahm der Arzt ſeinen Platz im Zimmer, wo bei- de Kranken lagen, und beſtand darauf, die Nacht hindurch ſelbſt bei ihnen aufzubleiben. Auch für mich war an keinen Schlaf zu denken. Als die Kranken gegen Morgen eingeſchlum- mert waren, erzählte mir der Arzt den unglück- lichen Vorfall mit folgenden Worten. „Jch kam von einer kurzen Fahrt zu einem Verwandten zurück, und wollte eilig zu Hauſe nach O —, als ich an der Poſtſtraße einen um- gefallenen Reiſewagen und zwei Reiſende gewahr ward, wovon der Jüngere ſich mit der äußerſten Anſtrengung bemühete, dem Aeltern aufzuhelfen,

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/51>, abgerufen am 27.04.2024.