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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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ja nicht entscheiden, so drolligt sie das auch
aussprechen, so schön es sie auch kleiden mag. Jn
unserer Welt, in unsern (weiblichen) Verhält-
nissen, wo, ohne den ernsten Richter in uns,
noch so viele Dinge außer uns über unser Thun
und Lassen gebieten, da muß dies "ich will, und
ich will nicht" überall hart anstoßen, und eben
so hart zurückprallen. O welche Kämpfe, welche
Bitterkeiten werden den armen so verwöhnten
Geschöpfen bereitet! Und selbst die Männer, die
das im Kinde dulden, ja wegen des komischen
Kontrastes mit der Schwäche, die sie belustigt, oft
begünstigen, gehen am härtesten dagegen an,
wenn sie es im erwachsenen Weibe begegnen, und
strafen den weiblichen Eigenwillen und die harte
Entschiedenheit ihres Wesens mit Spott, Ver-
achtung, oder, wo das bei dem übrigen Werth
der Person nicht möglich ist, mit Haß, wodurch
unser Daseyn bis zur Vernichtung elend wird, da
es nur in Liebe und Achtung des ersten Geschlechts
schön entblühen kann. --

Wenn also Kathinka z. B. des Morgens er-

ja nicht entſcheiden, ſo drolligt ſie das auch
ausſprechen, ſo ſchön es ſie auch kleiden mag. Jn
unſerer Welt, in unſern (weiblichen) Verhält-
niſſen, wo, ohne den ernſten Richter in uns,
noch ſo viele Dinge außer uns über unſer Thun
und Laſſen gebieten, da muß dies „ich will, und
ich will nicht‟ überall hart anſtoßen, und eben
ſo hart zurückprallen. O welche Kämpfe, welche
Bitterkeiten werden den armen ſo verwöhnten
Geſchöpfen bereitet! Und ſelbſt die Männer, die
das im Kinde dulden, ja wegen des komiſchen
Kontraſtes mit der Schwäche, die ſie beluſtigt, oft
begünſtigen, gehen am härteſten dagegen an,
wenn ſie es im erwachſenen Weibe begegnen, und
ſtrafen den weiblichen Eigenwillen und die harte
Entſchiedenheit ihres Weſens mit Spott, Ver-
achtung, oder, wo das bei dem übrigen Werth
der Perſon nicht möglich iſt, mit Haß, wodurch
unſer Daſeyn bis zur Vernichtung elend wird, da
es nur in Liebe und Achtung des erſten Geſchlechts
ſchön entblühen kann. —

Wenn alſo Kathinka z. B. des Morgens er-

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[58/0066] ja nicht entſcheiden, ſo drolligt ſie das auch ausſprechen, ſo ſchön es ſie auch kleiden mag. Jn unſerer Welt, in unſern (weiblichen) Verhält- niſſen, wo, ohne den ernſten Richter in uns, noch ſo viele Dinge außer uns über unſer Thun und Laſſen gebieten, da muß dies „ich will, und ich will nicht‟ überall hart anſtoßen, und eben ſo hart zurückprallen. O welche Kämpfe, welche Bitterkeiten werden den armen ſo verwöhnten Geſchöpfen bereitet! Und ſelbſt die Männer, die das im Kinde dulden, ja wegen des komiſchen Kontraſtes mit der Schwäche, die ſie beluſtigt, oft begünſtigen, gehen am härteſten dagegen an, wenn ſie es im erwachſenen Weibe begegnen, und ſtrafen den weiblichen Eigenwillen und die harte Entſchiedenheit ihres Weſens mit Spott, Ver- achtung, oder, wo das bei dem übrigen Werth der Perſon nicht möglich iſt, mit Haß, wodurch unſer Daſeyn bis zur Vernichtung elend wird, da es nur in Liebe und Achtung des erſten Geſchlechts ſchön entblühen kann. — Wenn alſo Kathinka z. B. des Morgens er-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/66>, abgerufen am 27.04.2024.