Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Baumaterialien.
in der folgenden Abteilung angelegt, während zugleich der Papierschieber
hinter 13 versetzt, und in diesem Abschnitt die Verbindung zum Schorn-
stein hergestellt wird, nachdem ein Stapel von frischen Ziegeln hier ein-
gebracht ist. So fortschreitend kann man nach einander jeden Tag eine
Abteilung mit Ziegeln garbrennen und immer eine bereits völlig ab-
gekühlte herausschaffen. Am dritten Tage wird im Abschnitt 8 gebrannt,
in 1 werden frische Ziegel eingestellt, während die frische Luft in 3 ein-
zieht. In 16 Tagen kommt man einmal um den Ofen herum, kann
aber ununterbrochen im Betriebe fortfahren. Es giebt Ringöfen, in
denen seit 20 Jahren das Feuer nicht ausgegangen ist, und dabei kann
man täglich 25000 bis 40000 Stück in einem Ofen garbrennen. Der
Hauptvorzug dieses Systems vor dem älteren ist natürlich, daß dadurch
sehr viel an Brennmaterial erspart wird, und zwar nicht weniger als
50 Prozent. Für das Hartbrennen von tausend Ziegeln braucht man
kaum drei Zentner Steinkohlen. In Fig. 179 erblicken wir die Hälfte
der Ansicht und des Längsschnittes unseres Ofens, und aus der Fig. 180
läßt sich unmittelbar ersehen, wie die Zirkulation der Luft und der
Feuergase innerhalb des Rauchkanals und des Schornsteins ermöglicht ist.

Bei der langen Flamme dieser Öfen eignen sie sich insbesondere
für die Verarbeitung kalkreicher Thone, weil diese leicht schmelzen. Für
die kalkärmeren Thone hat Escherich einen Gas-Ringofen konstruiert,
bei dem die Steine nicht direkt mit der Feuerung in Berührung kommen.
Die rote Farbe der Steine kommt übrigens von ihrem Gehalte an
Eisenverbindungen. Je weniger sie davon enthalten, desto mehr nähert
sich ihr Farbenton dem Schwefelgelb. Aber auch die Zusammensetzung
der Feuergase, die ihrerseits durch diejenige der Steinkohlen mit bedingt
ist, übt einen wesentlichen Einfluß auf die Farbe der Ziegel aus. Man
hat es durchaus in der Gewalt durch die Wahl des Brennmaterials
und durch Mischung der verschiedenen Thone immer andere Farben zu
erhalten. Für gewisse Zwecke bedarf man eines besseren Materials.
So werden Dachziegel, die dem Wetter besonderen Trotz zu bieten
haben, aus stein- und kalkfreieren Thonen zu gewinnen sein. Unter
"Verblendern" versteht man bessere Steine, die beim Bau von nicht zu
verputzenden Mauern angewendet werden, also einmal dauerhafter sein
müssen und das Auge des Beschauers nicht beleidigen dürfen. Auch
hohle Ziegel fertigt man und erreicht bei ihrer Verwendung, daß in den
Häusermauern eine stehende Luftschicht besteht, die als schlechter Wärme-
leiter der Wärme des Hauses den Austritt in die Atmosphäre wehrt.
Solche hohle Ziegel sind natürlich auch mit großer Ersparnis an
Material herzustellen und mit geringeren Transportkosten fortzuschaffen.
Sie werden, wie die Drainröhren, mit besonderen Preßmaschinen her-
gestellt.

Wo es sich um die Ausführung von besonders feuerfesten Bauten
handelt, da wird man andere Fabrikate anzuwenden haben. Man
verwendet dann die sogenannten Schamottesteine. Von den Ziegeln

Die Baumaterialien.
in der folgenden Abteilung angelegt, während zugleich der Papierſchieber
hinter 13 verſetzt, und in dieſem Abſchnitt die Verbindung zum Schorn-
ſtein hergeſtellt wird, nachdem ein Stapel von friſchen Ziegeln hier ein-
gebracht iſt. So fortſchreitend kann man nach einander jeden Tag eine
Abteilung mit Ziegeln garbrennen und immer eine bereits völlig ab-
gekühlte herausſchaffen. Am dritten Tage wird im Abſchnitt 8 gebrannt,
in 1 werden friſche Ziegel eingeſtellt, während die friſche Luft in 3 ein-
zieht. In 16 Tagen kommt man einmal um den Ofen herum, kann
aber ununterbrochen im Betriebe fortfahren. Es giebt Ringöfen, in
denen ſeit 20 Jahren das Feuer nicht ausgegangen iſt, und dabei kann
man täglich 25000 bis 40000 Stück in einem Ofen garbrennen. Der
Hauptvorzug dieſes Syſtems vor dem älteren iſt natürlich, daß dadurch
ſehr viel an Brennmaterial erſpart wird, und zwar nicht weniger als
50 Prozent. Für das Hartbrennen von tauſend Ziegeln braucht man
kaum drei Zentner Steinkohlen. In Fig. 179 erblicken wir die Hälfte
der Anſicht und des Längsſchnittes unſeres Ofens, und aus der Fig. 180
läßt ſich unmittelbar erſehen, wie die Zirkulation der Luft und der
Feuergaſe innerhalb des Rauchkanals und des Schornſteins ermöglicht iſt.

Bei der langen Flamme dieſer Öfen eignen ſie ſich insbeſondere
für die Verarbeitung kalkreicher Thone, weil dieſe leicht ſchmelzen. Für
die kalkärmeren Thone hat Eſcherich einen Gas-Ringofen konſtruiert,
bei dem die Steine nicht direkt mit der Feuerung in Berührung kommen.
Die rote Farbe der Steine kommt übrigens von ihrem Gehalte an
Eiſenverbindungen. Je weniger ſie davon enthalten, deſto mehr nähert
ſich ihr Farbenton dem Schwefelgelb. Aber auch die Zuſammenſetzung
der Feuergaſe, die ihrerſeits durch diejenige der Steinkohlen mit bedingt
iſt, übt einen weſentlichen Einfluß auf die Farbe der Ziegel aus. Man
hat es durchaus in der Gewalt durch die Wahl des Brennmaterials
und durch Miſchung der verſchiedenen Thone immer andere Farben zu
erhalten. Für gewiſſe Zwecke bedarf man eines beſſeren Materials.
So werden Dachziegel, die dem Wetter beſonderen Trotz zu bieten
haben, aus ſtein- und kalkfreieren Thonen zu gewinnen ſein. Unter
„Verblendern“ verſteht man beſſere Steine, die beim Bau von nicht zu
verputzenden Mauern angewendet werden, alſo einmal dauerhafter ſein
müſſen und das Auge des Beſchauers nicht beleidigen dürfen. Auch
hohle Ziegel fertigt man und erreicht bei ihrer Verwendung, daß in den
Häuſermauern eine ſtehende Luftſchicht beſteht, die als ſchlechter Wärme-
leiter der Wärme des Hauſes den Austritt in die Atmoſphäre wehrt.
Solche hohle Ziegel ſind natürlich auch mit großer Erſparnis an
Material herzuſtellen und mit geringeren Transportkoſten fortzuſchaffen.
Sie werden, wie die Drainröhren, mit beſonderen Preßmaſchinen her-
geſtellt.

Wo es ſich um die Ausführung von beſonders feuerfeſten Bauten
handelt, da wird man andere Fabrikate anzuwenden haben. Man
verwendet dann die ſogenannten Schamotteſteine. Von den Ziegeln

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0292" n="274"/><fw place="top" type="header">Die Baumaterialien.</fw><lb/>
in der folgenden Abteilung angelegt, während zugleich der Papier&#x017F;chieber<lb/>
hinter 13 ver&#x017F;etzt, und in die&#x017F;em Ab&#x017F;chnitt die Verbindung zum Schorn-<lb/>
&#x017F;tein herge&#x017F;tellt wird, nachdem ein Stapel von fri&#x017F;chen Ziegeln hier ein-<lb/>
gebracht i&#x017F;t. So fort&#x017F;chreitend kann man nach einander jeden Tag eine<lb/>
Abteilung mit Ziegeln garbrennen und immer eine bereits völlig ab-<lb/>
gekühlte heraus&#x017F;chaffen. Am dritten Tage wird im Ab&#x017F;chnitt 8 gebrannt,<lb/>
in 1 werden fri&#x017F;che Ziegel einge&#x017F;tellt, während die fri&#x017F;che Luft in 3 ein-<lb/>
zieht. In 16 Tagen kommt man einmal um den Ofen herum, kann<lb/>
aber ununterbrochen im Betriebe fortfahren. Es giebt Ringöfen, in<lb/>
denen &#x017F;eit 20 Jahren das Feuer nicht ausgegangen i&#x017F;t, und dabei kann<lb/>
man täglich 25000 bis 40000 Stück in einem Ofen garbrennen. Der<lb/>
Hauptvorzug die&#x017F;es Sy&#x017F;tems vor dem älteren i&#x017F;t natürlich, daß dadurch<lb/>
&#x017F;ehr viel an Brennmaterial er&#x017F;part wird, und zwar nicht weniger als<lb/>
50 Prozent. Für das Hartbrennen von tau&#x017F;end Ziegeln braucht man<lb/>
kaum drei Zentner Steinkohlen. In Fig. 179 erblicken wir die Hälfte<lb/>
der An&#x017F;icht und des Längs&#x017F;chnittes un&#x017F;eres Ofens, und aus der Fig. 180<lb/>
läßt &#x017F;ich unmittelbar er&#x017F;ehen, wie die Zirkulation der Luft und der<lb/>
Feuerga&#x017F;e innerhalb des Rauchkanals und des Schorn&#x017F;teins ermöglicht i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Bei der langen Flamme die&#x017F;er Öfen eignen &#x017F;ie &#x017F;ich insbe&#x017F;ondere<lb/>
für die Verarbeitung kalkreicher Thone, weil die&#x017F;e leicht &#x017F;chmelzen. Für<lb/>
die kalkärmeren Thone hat E&#x017F;cherich einen Gas-Ringofen kon&#x017F;truiert,<lb/>
bei dem die Steine nicht direkt mit der Feuerung in Berührung kommen.<lb/>
Die rote Farbe der Steine kommt übrigens von ihrem Gehalte an<lb/>
Ei&#x017F;enverbindungen. Je weniger &#x017F;ie davon enthalten, de&#x017F;to mehr nähert<lb/>
&#x017F;ich ihr Farbenton dem Schwefelgelb. Aber auch die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung<lb/>
der Feuerga&#x017F;e, die ihrer&#x017F;eits durch diejenige der Steinkohlen mit bedingt<lb/>
i&#x017F;t, übt einen we&#x017F;entlichen Einfluß auf die Farbe der Ziegel aus. Man<lb/>
hat es durchaus in der Gewalt durch die Wahl des Brennmaterials<lb/>
und durch Mi&#x017F;chung der ver&#x017F;chiedenen Thone immer andere Farben zu<lb/>
erhalten. Für gewi&#x017F;&#x017F;e Zwecke bedarf man eines be&#x017F;&#x017F;eren Materials.<lb/>
So werden Dachziegel, die dem Wetter be&#x017F;onderen Trotz zu bieten<lb/>
haben, aus &#x017F;tein- und kalkfreieren Thonen zu gewinnen &#x017F;ein. Unter<lb/>
&#x201E;Verblendern&#x201C; ver&#x017F;teht man be&#x017F;&#x017F;ere Steine, die beim Bau von nicht zu<lb/>
verputzenden Mauern angewendet werden, al&#x017F;o einmal dauerhafter &#x017F;ein<lb/>&#x017F;&#x017F;en <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> das Auge des Be&#x017F;chauers nicht beleidigen dürfen. Auch<lb/>
hohle Ziegel fertigt man und erreicht bei ihrer Verwendung, daß in den<lb/>
Häu&#x017F;ermauern eine &#x017F;tehende Luft&#x017F;chicht be&#x017F;teht, die als &#x017F;chlechter Wärme-<lb/>
leiter der Wärme des Hau&#x017F;es den Austritt in die Atmo&#x017F;phäre wehrt.<lb/>
Solche hohle Ziegel &#x017F;ind natürlich auch mit großer Er&#x017F;parnis an<lb/>
Material herzu&#x017F;tellen und mit geringeren Transportko&#x017F;ten fortzu&#x017F;chaffen.<lb/>
Sie werden, wie die Drainröhren, mit be&#x017F;onderen Preßma&#x017F;chinen her-<lb/>
ge&#x017F;tellt.</p><lb/>
            <p>Wo es &#x017F;ich um die Ausführung von be&#x017F;onders feuerfe&#x017F;ten Bauten<lb/>
handelt, da wird man andere Fabrikate anzuwenden haben. Man<lb/>
verwendet dann die &#x017F;ogenannten Schamotte&#x017F;teine. Von den Ziegeln<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0292] Die Baumaterialien. in der folgenden Abteilung angelegt, während zugleich der Papierſchieber hinter 13 verſetzt, und in dieſem Abſchnitt die Verbindung zum Schorn- ſtein hergeſtellt wird, nachdem ein Stapel von friſchen Ziegeln hier ein- gebracht iſt. So fortſchreitend kann man nach einander jeden Tag eine Abteilung mit Ziegeln garbrennen und immer eine bereits völlig ab- gekühlte herausſchaffen. Am dritten Tage wird im Abſchnitt 8 gebrannt, in 1 werden friſche Ziegel eingeſtellt, während die friſche Luft in 3 ein- zieht. In 16 Tagen kommt man einmal um den Ofen herum, kann aber ununterbrochen im Betriebe fortfahren. Es giebt Ringöfen, in denen ſeit 20 Jahren das Feuer nicht ausgegangen iſt, und dabei kann man täglich 25000 bis 40000 Stück in einem Ofen garbrennen. Der Hauptvorzug dieſes Syſtems vor dem älteren iſt natürlich, daß dadurch ſehr viel an Brennmaterial erſpart wird, und zwar nicht weniger als 50 Prozent. Für das Hartbrennen von tauſend Ziegeln braucht man kaum drei Zentner Steinkohlen. In Fig. 179 erblicken wir die Hälfte der Anſicht und des Längsſchnittes unſeres Ofens, und aus der Fig. 180 läßt ſich unmittelbar erſehen, wie die Zirkulation der Luft und der Feuergaſe innerhalb des Rauchkanals und des Schornſteins ermöglicht iſt. Bei der langen Flamme dieſer Öfen eignen ſie ſich insbeſondere für die Verarbeitung kalkreicher Thone, weil dieſe leicht ſchmelzen. Für die kalkärmeren Thone hat Eſcherich einen Gas-Ringofen konſtruiert, bei dem die Steine nicht direkt mit der Feuerung in Berührung kommen. Die rote Farbe der Steine kommt übrigens von ihrem Gehalte an Eiſenverbindungen. Je weniger ſie davon enthalten, deſto mehr nähert ſich ihr Farbenton dem Schwefelgelb. Aber auch die Zuſammenſetzung der Feuergaſe, die ihrerſeits durch diejenige der Steinkohlen mit bedingt iſt, übt einen weſentlichen Einfluß auf die Farbe der Ziegel aus. Man hat es durchaus in der Gewalt durch die Wahl des Brennmaterials und durch Miſchung der verſchiedenen Thone immer andere Farben zu erhalten. Für gewiſſe Zwecke bedarf man eines beſſeren Materials. So werden Dachziegel, die dem Wetter beſonderen Trotz zu bieten haben, aus ſtein- und kalkfreieren Thonen zu gewinnen ſein. Unter „Verblendern“ verſteht man beſſere Steine, die beim Bau von nicht zu verputzenden Mauern angewendet werden, alſo einmal dauerhafter ſein müſſen und das Auge des Beſchauers nicht beleidigen dürfen. Auch hohle Ziegel fertigt man und erreicht bei ihrer Verwendung, daß in den Häuſermauern eine ſtehende Luftſchicht beſteht, die als ſchlechter Wärme- leiter der Wärme des Hauſes den Austritt in die Atmoſphäre wehrt. Solche hohle Ziegel ſind natürlich auch mit großer Erſparnis an Material herzuſtellen und mit geringeren Transportkoſten fortzuſchaffen. Sie werden, wie die Drainröhren, mit beſonderen Preßmaſchinen her- geſtellt. Wo es ſich um die Ausführung von beſonders feuerfeſten Bauten handelt, da wird man andere Fabrikate anzuwenden haben. Man verwendet dann die ſogenannten Schamotteſteine. Von den Ziegeln

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/292
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/292>, abgerufen am 08.05.2024.