Gott! auch da, wo dein Gang über meinen Ge- sichtskreis hinausgeht, auch alsdann, wenn das Herz ängstlich wird, wenn ich um Trost, um Erleichterung und Förderung im Leben bange bin, auch da laß doch mein Vertrauen zu dir nicht wanken. Jmmer müsse der Glaube an deinen Sohn, die Theilnehmung an seinem Verdienst, das innre Zeugniß deines Geistes, die Süs- sigkeit des Gebets, der beruhigende Unterricht aus dei- nem Wort, der Trost deiner Religion, die Bruderliebe und die Hoffnung auf ein festliches, segenvolleres, ruhi- geres, freundlicheres Leben, wie ein Licht, die Dun- kelheit des Geistes aufklären.
Laß den verschlossenen Kummer in der Brust so vie- ler guten Menschen etwas gelten vor dir.
Gieb mir, und den Meinigen alles Gute; und wenn du mich segnest, so erhöre auch die Wünsche und Gebete, die ich, leise und laut, unaufhörlich für andre thue.
Bey dem täglichen Anblick so vieler verdorbener Menschen laß mich deine Langmuth bewundern, und deine Liebe nachahmen.
Nimm dich der Gequälten väterlich an. Sey bey den Blinden, die deine Sonne nicht sehen, und laß die Hoffnung auf eine beßre Welt in ihnen nicht sterben.
Weil doch dies Leben eine Schule ist, so merke du auf meine Klage, und gewöhne mich, mein Herz vor dir auszuschütten.
Werd ich einst alt und brechlich, seh ich hinter dem Fenster, wie ein Halbtodter, dem Leben der Natur ohne Theilnehmung zu, so will ich dir dafür danken, daß ich
in
Unterredungen mit Gott.
Gott! auch da, wo dein Gang über meinen Ge- ſichtskreis hinausgeht, auch alsdann, wenn das Herz ängſtlich wird, wenn ich um Troſt, um Erleichterung und Förderung im Leben bange bin, auch da laß doch mein Vertrauen zu dir nicht wanken. Jmmer müſſe der Glaube an deinen Sohn, die Theilnehmung an ſeinem Verdienſt, das innre Zeugniß deines Geiſtes, die Süſ- ſigkeit des Gebets, der beruhigende Unterricht aus dei- nem Wort, der Troſt deiner Religion, die Bruderliebe und die Hoffnung auf ein feſtliches, ſegenvolleres, ruhi- geres, freundlicheres Leben, wie ein Licht, die Dun- kelheit des Geiſtes aufklären.
Laß den verſchloſſenen Kummer in der Bruſt ſo vie- ler guten Menſchen etwas gelten vor dir.
Gieb mir, und den Meinigen alles Gute; und wenn du mich ſegneſt, ſo erhöre auch die Wünſche und Gebete, die ich, leiſe und laut, unaufhörlich für andre thue.
Bey dem täglichen Anblick ſo vieler verdorbener Menſchen laß mich deine Langmuth bewundern, und deine Liebe nachahmen.
Nimm dich der Gequälten väterlich an. Sey bey den Blinden, die deine Sonne nicht ſehen, und laß die Hoffnung auf eine beßre Welt in ihnen nicht ſterben.
Weil doch dies Leben eine Schule iſt, ſo merke du auf meine Klage, und gewöhne mich, mein Herz vor dir auszuſchütten.
Werd ich einſt alt und brechlich, ſeh ich hinter dem Fenſter, wie ein Halbtodter, dem Leben der Natur ohne Theilnehmung zu, ſo will ich dir dafür danken, daß ich
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Unterredungen mit Gott.
Gott! auch da, wo dein Gang über meinen Ge-
ſichtskreis hinausgeht, auch alsdann, wenn das Herz
ängſtlich wird, wenn ich um Troſt, um Erleichterung und
Förderung im Leben bange bin, auch da laß doch mein
Vertrauen zu dir nicht wanken. Jmmer müſſe der
Glaube an deinen Sohn, die Theilnehmung an ſeinem
Verdienſt, das innre Zeugniß deines Geiſtes, die Süſ-
ſigkeit des Gebets, der beruhigende Unterricht aus dei-
nem Wort, der Troſt deiner Religion, die Bruderliebe
und die Hoffnung auf ein feſtliches, ſegenvolleres, ruhi-
geres, freundlicheres Leben, wie ein Licht, die Dun-
kelheit des Geiſtes aufklären.
Laß den verſchloſſenen Kummer in der Bruſt ſo vie-
ler guten Menſchen etwas gelten vor dir.
Gieb mir, und den Meinigen alles Gute; und
wenn du mich ſegneſt, ſo erhöre auch die Wünſche und
Gebete, die ich, leiſe und laut, unaufhörlich für andre
thue.
Bey dem täglichen Anblick ſo vieler verdorbener
Menſchen laß mich deine Langmuth bewundern, und
deine Liebe nachahmen.
Nimm dich der Gequälten väterlich an. Sey bey
den Blinden, die deine Sonne nicht ſehen, und laß die
Hoffnung auf eine beßre Welt in ihnen nicht ſterben.
Weil doch dies Leben eine Schule iſt, ſo merke du
auf meine Klage, und gewöhne mich, mein Herz vor
dir auszuſchütten.
Werd ich einſt alt und brechlich, ſeh ich hinter dem
Fenſter, wie ein Halbtodter, dem Leben der Natur ohne
Theilnehmung zu, ſo will ich dir dafür danken, daß ich
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/36>, abgerufen am 16.06.2024.
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