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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] zürnet/ nachgehends aber sich wiederumb zu frieden gegeben/ und im Fluß Ladon abgewaschen. Und also hat man ihr diese Zunamen gegeben/ Erinnys/ von einem Wort/ welches bey den Arcadiern so viel als rasen bedeutet; und Lusia/ weil sie sich im Fluß gebadet. Ja daher ist es auch kommen/ daß man Sie Die schwarze Ceres. die Schwartze genennet/ nämlich wegen deß schwartzen Kleides/ welches sie/ theils aus Zorn wider den Neptunus/ theils auch aus Traurigkeit über die Entführung der Proserpina/ angelegt haben solle; ingleichen weil sie sich in eine Höhle versteckt/ eine lange Zeit das Tages-Liecht geflohen; und auf solche Weise habe es sich begeben/ daß/ als hierauf/ wegen der Ceres Entfernung/ alle Erdfrüchte verdorben/ und eine grausame Pest die Menschen hin und wieder angesteckt hatte/ den andern Göttern auch die Schlupffwinckel nicht bekannt waren/ der Pan/ da er auf der Jagt in den Arcadischen Gebirgen sich verirret und an Elaium kommen/ allda die Ceres in einem solchen Schmuck und Kleidung angetroffen; worauf Jupiter/ nachdem er dieses vom Pan verstanden/ die Parcen dahin gesandt/ auf deren inständiges Bitten sie endlich den Zorn fahren lassen/ das Leid beyseit gelegt/ und sich wiederumb begütigen lassen. Zum Angedencken dessen/ saget man/ haben die Phligalenser diese Höle mit einem hölzernen Bildnus der Göttin Statua der Ceres. gewidmet und geheiliget; das Bildnus aber sey also gemacht gewesen/ daß es auf einem viereckigten Steine in Weibs-Gestalt gesessen/ ausgenommen das Haupt/ welches ein langbemähnter Pferde-Kopff gewesen/ an dem einige Schlangen und ander Ungezieffer gehangen; den übrigen Leib biß auf die Füsse habe ein Rock bedeckt/ sie selbst aber/ habe in der einen Hand einen Delphin/ und in der andern eine Taube getragen.

Nicht fern vom Tempel der Ceres Eleusina (schreibet Pausanias) waren sehr grosse Steine/ deren einer gantz genau an den andern gefügt/ und Petroma genennt war. Diese Steine schoben sie bey Herannahung der Täge deß jährlichen Festes/ welches sie die grossen Anfänge zu nennen pflegten/ von einander/ zogen gewisse Buchstaben hervor/ vermittels derer sie die Gebräuche der Procession/ und was sonsten nöhtig darzu war/ verzeichnet befanden. Diese Erklärungs-Schrifft haben sie vor dem Opffer-Priester lesen lassen/ und darauf die nächstfolgende Nacht wieder an ihren vorigen Ort gelegt: zu diesen Steinen verfügte sich eine unglaubliche Menge der Pheneaten/ welche daselbsten ihre Eyde abzulegen pflegten. Der obere Stein hatte einen runden Deckel/ worinnen die Bildnus der Ceres/ zubenamt Cidonia/ aufbehalten wurde: Diese Bildnus hat der Priester auf gewisse Tage/ bey ihnen die grossen Anfänge genannt/ gleichsam als eine Larve oder Maskera angezogen/ und nach altvätterlichem Gebrauch die Landsleute [Spaltenumbruch] mit Ruthen gestrichen; in diese Oerter solle/ wie die Pheneaten vorgegeben/ die Ceres vor dem Naus gekommen seyn/ als sie umbherschweiffend die Proserpina gesucht hatte/ Hülsen-Frucht von der Ceres ausgetheilt. allda sie denen/ so sie freund- und leutselig an- und aufgenommen/ alle Hülsen-Früchte/ ausgenommen die Bohnen/ mitgetheilet. Aus was vor Ursachen aber eigentlich die Bohne eine unreine Hülsen-Frucht sey/ hat gedachter Pausanias nicht angezeigt/ sondern nur dieses gemeldet/ daß es in denen geheimen Erklärungs-Büchern verzeichnet zu finden sey. Es Warum die Bohnen unrein. möchte aber vielleicht diese Ursach können gegeben werden/ daß sie darumb für unrein gehalten worden/ weil man sie in Versöhnung der Geister oder Seelen von den Abgestorbenen gebrauchet; dann indem der jenige/ der ein Anfänger dieser Opffer gewesen/ vermerkt/ daß in derselben Blüte einige Buchstaben eingeschrieben zu seyn geschienen/ welche ein Trauren und Leidwesen bedeuteten/ als hat Er mit höchster Billigkeit sich bey diesem Fest der Bohnen bedient: Dannenhero man ins gemein sagte/ daß die Seelen der Verstorbenen sich in die Bohnen zu verbergen pflegen. Es durfft auch kein Gottes-Priester die Bohnen weder anrühren noch nennen/ vielweniger gar essen. Pythagoras gebott gleichfalls/ daß man keine Bohnen essen solte; vielleicht der Ursach halber/ weil man sich besorgen müste/ es möchte einer deß andern Seele auf solche Weise hinunter schlingen; zumalen er in diesem Wahn ware/ es pflegten die Seelen immer aus einem Leibe in den andern zu wandern. Oder er hat derselben sich zu enthalten deßwegen erinnert/ umb dardurch anzudeuten/ daß der jenige/ so auf die Betrachtung Göttlicher Dinge sich legen wolle/ alle betrübte und leidtragende Gedancken/ weglegen müsse: oder aber er hat endlich auch hierdurch zu verstehen geben wollen/ wie wir uns hüten und vorsehen solten/ damit wir nicht bey lebendigem Leibe denen Todten gleich seyn möchten. Deme sey nun wie ihm wolle/ so stimmet Pythagoras doch dißfalls mit der Ceres überein/ daß beyde die Bohnen für eine unreine Hülsen-Frucht gehalten.

Dieweil aber/ wie wir oben vermeldet/ die unterschiedliche Kräffte oder Tugenden der Erden von den Alten verschiedenen Göttern zugeeignet worden/ als hat man die jenige/ so zur Viehwayde bequem und tauglich ist/ unter dem Namen der Pales vorgestellt/ welche Pales eine Göttin der Hirten. man der Hirten eigne Göttin zu nennen pflegen. Von dieser weiß ich nicht/ daß ihr einig Bildnus von den Alten aufgerichtet worden; dannenher ich allein anzeigen will/ was für Ceremonien man in Begehung ihrer Festen/ Palilia. Palilia genannt/ die eben auf der Stadt Rom Gründungs-Tag zu fallen pflegten/ gebraucht habe. An diesem Tage wurde kein Opffer geschlachtet; gleich als ob es eine Sünde wäre/ einem zu der Zeit das Leben zu nehmen/

[Spaltenumbruch] zürnet/ nachgehends aber sich wiederumb zu frieden gegeben/ und im Fluß Ladon abgewaschen. Und also hat man ihr diese Zunamen gegeben/ Erinnys/ von einem Wort/ welches bey den Arcadiern so viel als rasen bedeutet; und Lusia/ weil sie sich im Fluß gebadet. Ja daher ist es auch kommen/ daß man Sie Die schwarze Ceres. die Schwartze genennet/ nämlich wegen deß schwartzen Kleides/ welches sie/ theils aus Zorn wider den Neptunus/ theils auch aus Traurigkeit über die Entführung der Proserpina/ angelegt haben solle; ingleichen weil sie sich in eine Höhle versteckt/ eine lange Zeit das Tages-Liecht geflohen; und auf solche Weise habe es sich begeben/ daß/ als hierauf/ wegen der Ceres Entfernung/ alle Erdfrüchte verdorben/ und eine grausame Pest die Menschen hin und wieder angesteckt hatte/ den andern Göttern auch die Schlupffwinckel nicht bekannt waren/ der Pan/ da er auf der Jagt in den Arcadischen Gebirgen sich verirret und an Elaium kommen/ allda die Ceres in einem solchen Schmuck und Kleidung angetroffen; worauf Jupiter/ nachdem er dieses vom Pan verstanden/ die Parcen dahin gesandt/ auf deren inständiges Bitten sie endlich den Zorn fahren lassen/ das Leid beyseit gelegt/ und sich wiederumb begütigen lassen. Zum Angedencken dessen/ saget man/ haben die Phligalenser diese Höle mit einem hölzernen Bildnus der Göttin Statua der Ceres. gewidmet und geheiliget; das Bildnus aber sey also gemacht gewesen/ daß es auf einem viereckigten Steine in Weibs-Gestalt gesessen/ ausgenommen das Haupt/ welches ein langbemähnter Pferde-Kopff gewesen/ an dem einige Schlangen und ander Ungezieffer gehangen; den übrigen Leib biß auf die Füsse habe ein Rock bedeckt/ sie selbst aber/ habe in der einen Hand einen Delphin/ und in der andern eine Taube getragen.

Nicht fern vom Tempel der Ceres Eleusina (schreibet Pausanias) waren sehr grosse Steine/ deren einer gantz genau an den andern gefügt/ und Petroma genennt war. Diese Steine schoben sie bey Herannahung der Täge deß jährlichen Festes/ welches sie die grossen Anfänge zu nennen pflegten/ von einander/ zogen gewisse Buchstaben hervor/ vermittels derer sie die Gebräuche der Procession/ und was sonsten nöhtig darzu war/ verzeichnet befanden. Diese Erklärungs-Schrifft haben sie vor dem Opffer-Priester lesen lassen/ und darauf die nächstfolgende Nacht wieder an ihren vorigen Ort gelegt: zu diesen Steinen verfügte sich eine unglaubliche Menge der Pheneaten/ welche daselbsten ihre Eyde abzulegen pflegten. Der obere Stein hatte einen runden Deckel/ worinnen die Bildnus der Ceres/ zubenamt Cidonia/ aufbehalten wurde: Diese Bildnus hat der Priester auf gewisse Tage/ bey ihnen die grossen Anfänge genannt/ gleichsam als eine Larve oder Maskera angezogen/ und nach altvätterlichem Gebrauch die Landsleute [Spaltenumbruch] mit Ruthen gestrichen; in diese Oerter solle/ wie die Pheneaten vorgegeben/ die Ceres vor dem Naus gekommen seyn/ als sie umbherschweiffend die Proserpina gesucht hatte/ Hülsen-Frucht von der Ceres ausgetheilt. allda sie denen/ so sie freund- und leutselig an- und aufgenommen/ alle Hülsen-Früchte/ ausgenommen die Bohnen/ mitgetheilet. Aus was vor Ursachen aber eigentlich die Bohne eine unreine Hülsen-Frucht sey/ hat gedachter Pausanias nicht angezeigt/ sondern nur dieses gemeldet/ daß es in denen geheimen Erklärungs-Büchern verzeichnet zu finden sey. Es Warum die Bohnen unrein. möchte aber vielleicht diese Ursach können gegeben werden/ daß sie darumb für unrein gehalten worden/ weil man sie in Versöhnung der Geister oder Seelen von den Abgestorbenen gebrauchet; dann indem der jenige/ der ein Anfänger dieser Opffer gewesen/ vermerkt/ daß in derselben Blüte einige Buchstaben eingeschrieben zu seyn geschienen/ welche ein Trauren und Leidwesen bedeuteten/ als hat Er mit höchster Billigkeit sich bey diesem Fest der Bohnen bedient: Dannenhero man ins gemein sagte/ daß die Seelen der Verstorbenen sich in die Bohnen zu verbergen pflegen. Es durfft auch kein Gottes-Priester die Bohnen weder anrühren noch nennen/ vielweniger gar essen. Pythagoras gebott gleichfalls/ daß man keine Bohnen essen solte; vielleicht der Ursach halber/ weil man sich besorgen müste/ es möchte einer deß andern Seele auf solche Weise hinunter schlingen; zumalen er in diesem Wahn ware/ es pflegten die Seelen immer aus einem Leibe in den andern zu wandern. Oder er hat derselben sich zu enthalten deßwegen erinnert/ umb dardurch anzudeuten/ daß der jenige/ so auf die Betrachtung Göttlicher Dinge sich legen wolle/ alle betrübte und leidtragende Gedancken/ weglegen müsse: oder aber er hat endlich auch hierdurch zu verstehen geben wollen/ wie wir uns hüten und vorsehen solten/ damit wir nicht bey lebendigem Leibe denen Todten gleich seyn möchten. Deme sey nun wie ihm wolle/ so stimmet Pythagoras doch dißfalls mit der Ceres überein/ daß beyde die Bohnen für eine unreine Hülsen-Frucht gehalten.

Dieweil aber/ wie wir oben vermeldet/ die unterschiedliche Kräffte oder Tugenden der Erden von den Alten verschiedenen Göttern zugeeignet worden/ als hat man die jenige/ so zur Viehwayde bequem und tauglich ist/ unter dem Namen der Pales vorgestellt/ welche Pales eine Göttin der Hirten. man der Hirten eigne Göttin zu nennen pflegen. Von dieser weiß ich nicht/ daß ihr einig Bildnus von den Alten aufgerichtet worden; dannenher ich allein anzeigen will/ was für Ceremonien man in Begehung ihrer Festen/ Palilia. Palilia genannt/ die eben auf der Stadt Rom Gründungs-Tag zu fallen pflegten/ gebraucht habe. An diesem Tage wurde kein Opffer geschlachtet; gleich als ob es eine Sünde wäre/ einem zu der Zeit das Leben zu nehmen/

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 82/0146] zürnet/ nachgehends aber sich wiederumb zu frieden gegeben/ und im Fluß Ladon abgewaschen. Und also hat man ihr diese Zunamen gegeben/ Erinnys/ von einem Wort/ welches bey den Arcadiern so viel als rasen bedeutet; und Lusia/ weil sie sich im Fluß gebadet. Ja daher ist es auch kommen/ daß man Sie die Schwartze genennet/ nämlich wegen deß schwartzen Kleides/ welches sie/ theils aus Zorn wider den Neptunus/ theils auch aus Traurigkeit über die Entführung der Proserpina/ angelegt haben solle; ingleichen weil sie sich in eine Höhle versteckt/ eine lange Zeit das Tages-Liecht geflohen; und auf solche Weise habe es sich begeben/ daß/ als hierauf/ wegen der Ceres Entfernung/ alle Erdfrüchte verdorben/ und eine grausame Pest die Menschen hin und wieder angesteckt hatte/ den andern Göttern auch die Schlupffwinckel nicht bekannt waren/ der Pan/ da er auf der Jagt in den Arcadischen Gebirgen sich verirret und an Elaium kommen/ allda die Ceres in einem solchen Schmuck und Kleidung angetroffen; worauf Jupiter/ nachdem er dieses vom Pan verstanden/ die Parcen dahin gesandt/ auf deren inständiges Bitten sie endlich den Zorn fahren lassen/ das Leid beyseit gelegt/ und sich wiederumb begütigen lassen. Zum Angedencken dessen/ saget man/ haben die Phligalenser diese Höle mit einem hölzernen Bildnus der Göttin gewidmet und geheiliget; das Bildnus aber sey also gemacht gewesen/ daß es auf einem viereckigten Steine in Weibs-Gestalt gesessen/ ausgenommen das Haupt/ welches ein langbemähnter Pferde-Kopff gewesen/ an dem einige Schlangen und ander Ungezieffer gehangen; den übrigen Leib biß auf die Füsse habe ein Rock bedeckt/ sie selbst aber/ habe in der einen Hand einen Delphin/ und in der andern eine Taube getragen. Die schwarze Ceres. Statua der Ceres.Nicht fern vom Tempel der Ceres Eleusina (schreibet Pausanias) waren sehr grosse Steine/ deren einer gantz genau an den andern gefügt/ und Petroma genennt war. Diese Steine schoben sie bey Herannahung der Täge deß jährlichen Festes/ welches sie die grossen Anfänge zu nennen pflegten/ von einander/ zogen gewisse Buchstaben hervor/ vermittels derer sie die Gebräuche der Procession/ und was sonsten nöhtig darzu war/ verzeichnet befanden. Diese Erklärungs-Schrifft haben sie vor dem Opffer-Priester lesen lassen/ und darauf die nächstfolgende Nacht wieder an ihren vorigen Ort gelegt: zu diesen Steinen verfügte sich eine unglaubliche Menge der Pheneaten/ welche daselbsten ihre Eyde abzulegen pflegten. Der obere Stein hatte einen runden Deckel/ worinnen die Bildnus der Ceres/ zubenamt Cidonia/ aufbehalten wurde: Diese Bildnus hat der Priester auf gewisse Tage/ bey ihnen die grossen Anfänge genannt/ gleichsam als eine Larve oder Maskera angezogen/ und nach altvätterlichem Gebrauch die Landsleute mit Ruthen gestrichen; in diese Oerter solle/ wie die Pheneaten vorgegeben/ die Ceres vor dem Naus gekommen seyn/ als sie umbherschweiffend die Proserpina gesucht hatte/ allda sie denen/ so sie freund- und leutselig an- und aufgenommen/ alle Hülsen-Früchte/ ausgenommen die Bohnen/ mitgetheilet. Aus was vor Ursachen aber eigentlich die Bohne eine unreine Hülsen-Frucht sey/ hat gedachter Pausanias nicht angezeigt/ sondern nur dieses gemeldet/ daß es in denen geheimen Erklärungs-Büchern verzeichnet zu finden sey. Es möchte aber vielleicht diese Ursach können gegeben werden/ daß sie darumb für unrein gehalten worden/ weil man sie in Versöhnung der Geister oder Seelen von den Abgestorbenen gebrauchet; dann indem der jenige/ der ein Anfänger dieser Opffer gewesen/ vermerkt/ daß in derselben Blüte einige Buchstaben eingeschrieben zu seyn geschienen/ welche ein Trauren und Leidwesen bedeuteten/ als hat Er mit höchster Billigkeit sich bey diesem Fest der Bohnen bedient: Dannenhero man ins gemein sagte/ daß die Seelen der Verstorbenen sich in die Bohnen zu verbergen pflegen. Es durfft auch kein Gottes-Priester die Bohnen weder anrühren noch nennen/ vielweniger gar essen. Pythagoras gebott gleichfalls/ daß man keine Bohnen essen solte; vielleicht der Ursach halber/ weil man sich besorgen müste/ es möchte einer deß andern Seele auf solche Weise hinunter schlingen; zumalen er in diesem Wahn ware/ es pflegten die Seelen immer aus einem Leibe in den andern zu wandern. Oder er hat derselben sich zu enthalten deßwegen erinnert/ umb dardurch anzudeuten/ daß der jenige/ so auf die Betrachtung Göttlicher Dinge sich legen wolle/ alle betrübte und leidtragende Gedancken/ weglegen müsse: oder aber er hat endlich auch hierdurch zu verstehen geben wollen/ wie wir uns hüten und vorsehen solten/ damit wir nicht bey lebendigem Leibe denen Todten gleich seyn möchten. Deme sey nun wie ihm wolle/ so stimmet Pythagoras doch dißfalls mit der Ceres überein/ daß beyde die Bohnen für eine unreine Hülsen-Frucht gehalten. Hülsen-Frucht von der Ceres ausgetheilt. Warum die Bohnen unrein.Dieweil aber/ wie wir oben vermeldet/ die unterschiedliche Kräffte oder Tugenden der Erden von den Alten verschiedenen Göttern zugeeignet worden/ als hat man die jenige/ so zur Viehwayde bequem und tauglich ist/ unter dem Namen der Pales vorgestellt/ welche man der Hirten eigne Göttin zu nennen pflegen. Von dieser weiß ich nicht/ daß ihr einig Bildnus von den Alten aufgerichtet worden; dannenher ich allein anzeigen will/ was für Ceremonien man in Begehung ihrer Festen/ Palilia genannt/ die eben auf der Stadt Rom Gründungs-Tag zu fallen pflegten/ gebraucht habe. An diesem Tage wurde kein Opffer geschlachtet; gleich als ob es eine Sünde wäre/ einem zu der Zeit das Leben zu nehmen/ Pales eine Göttin der Hirten. Palilia.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/146>, abgerufen am 07.05.2024.