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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] worden: worinnen sich dann die Römer von den Griechen nicht übertreffen lassen; indem sie eine solche Menge Bilder hatten/ daß man ins gemein sich rühmte/ es wären so viel steinerne Statuen zu Rom/ als der Menschen daselbst lebten. So war auch bey vielen eine solche Begierde nach denselben/ daß Sie von allen Orten her/ die schönsten Bilder und Gemählde von den vortrefflichsten Künstlern ihnen bringen liessen/ darmit sie nicht allein die Häuser in Städten/ sondern auch die Strohhütten auf den Dörffern auszierten: welches dann zum Pracht und Verschwelgung auszuschlagen gedeutet worden/ als worvon der alten Römer Sparsamkeit und Mannhafftes Ansehen einen grossen Abscheu gehabt. Um welcher Ursach willen M. Agrippa eine vortrefflich-zierliche oration gehalten/ darinnen er gerahten/ daß man die Gemählde und Bilder aus den Privat-Häusern in ein gemein Stadtgebäu zusammen bringen solte/ welches/ deß Plinius Meinung nach/ viel besser gewesen/ als daß man solche auf die Landgüter verwiesen. Varro bezeuget/ es seyen sehr viel nach des Lucullus Gütern gereist/ bloß aus dieser Ursach/ daß sie die daselbst befindliche herrliche Bilder und Gemählde sehen möchten. Man bauete für solche vor Zeiten sehr bequeme Gemächer; welche Vitruvius sein groß und weit zu machen befiehlt: Ja die Statuen pflegten sie also zu verfertigen/ daß sie/ nach ihren Belieben/ das Haupt herabnemen/ und ein anders drauf setzen konten. Deswegen Suetonius/ als er von dem unerleidlichen Pracht des Caligula redete/ sagt/ daß selbiger/ weil er sich eingebildet/ er übertreffe alle andere Könige und Fürsten sehr weit/ endlich auch angefangen göttlicher Ehre zu begehren/ und befohlen/ daß man den Bildern der Götter/ die man wegen der ihnen gebührenden Furcht und daran befindlicher Kunst verehrte/ nemlich des Jovis Olympii und etlicher anderer/ die Häupter herabnehmen/ und seines drauf setzen solte. Lampridius erzehlt/ es habe Kayser Commodus deß Neronis Colosso das Haupt abnehmen/ und seines drauf fügen lassen.

Statuen oder Gemählde bey den Römern für sehr heilig gehalten. Uber diß hielte man die öffentlich aufgestellte Statuen und Gemählde/ wessen sie auch waren/ alle für heilig/ und durffte sie kein Mensch von ihrer Stelle verrucken/ oder wanckend machen/ wie Cicero wider den Verres schreibet/ worzu er der Rhodier Exempel anfuhret/ die/ ungeachtet sie einen Krieg wider den Mithridates angefangen/ und ihn heftig verfolgt/ sie dannoch dessen Statuam oder Bildnus/ so auf dem vornemsten Platz der Stadt stunde/ nicht verrucken/ ja auch nicht berühren lassen. Der Könige oder Fürsten Bildnussen aber/ hatten über dis noch diese Praerogativ, daß wann iemand seine Zuflucht dahin nahm/ er wider allen Gewalt gesichert war/ und von dannen/ wider seinen Willen/ nicht kunte weggenommen werden: Jedoch[Spaltenumbruch] hat dieses des M. Antonii Sohne keines weges etwas heissen mögen; dann Augustus ihn/ wie Suetonius bezeuget/ als er zu des Kaysers Bildnus geflohen/ von dar wegreissen und tödten lassen. Diese Bildnussen wurden unterweilen von den Künstlern nackend/ zum öfftern aber bekleidet ausgehauen/ bisweilen auch wol gantz mit Golde überzogen. Der aber das erste Bild in Italien also übergülden lassen/ soll/ nach des Plinius Aussage/ Acilius Glabrio gewesen seyn/ als welcher es seinem Vater/ dem Glabrio zu Ehren ausrichten lassen.

Warum die Bilder/ Gemählde oder Statuen nackend. Alexander Aphrodyseus hält dafür/ es seyen der Götter und Könige Bildnusse vor Alters nackend aufgerichtet worden/ dardurch anzudeuten/ daß deren Gewalt allen bloß und entdeckt/ und die Könige oder Fürsten aufrichtiges Gemüts/ mit Lastern durchaus nicht befleckt/ auch ohne allen Betrug seyn solten. Plinius erzehlet/ die Griechen haben diesen Gebrauch gehabt/ daß sie die Bilder alle nackend aufrichten lassen. Die Römer aber haben ihnen Brustharnische anzuziehen pflegen; dann sie anfänglich keinem einig Bild oder Statuen aufgerichtet/ als der es durch eine sonderbare That verdient gehabt/ damit also seines Namens Gedächtnus auf die Nachkommen mit gutem Ruhm fortgepflantzt würde: welches aber nachgehends nicht allezeit beobachtet worden; zumalen ihrer vielen um einer gantz andern Ursach/ als einiger Gemühts-Tugend Von wem die Statuen oder Bilder und Gemählde verachtet worden. willen/Statuen aufgerichtet worden. Weswegen Cato dieselben iederzeit verachtet/ und als er von einem gefragt worden/ warum man doch unter so vielen seines gleichen Bildnussen/ keine von ihm sähe/ er/ wie Marcellinus erzehlet/ gesagt haben solle: es wäre ihm lieber/ daß ehrliche Leute sich verwunderten/ warum ihm keine Bildnus aufgerichtet würde/ als daß sie sich schämten/ die Ursach zu sagen/ warum er eine hätte. So soll Agesilaus/ nach des Xenophon Zeugnus/ die Ehre der Statuen gleichfalls mit diesen Worten abgeschlagen haben: Die Statuen erwerben zwar den Künstlern/ die sie verfertiget/ ein sonderbares Lob/ mir aber sind vortreffliche Thaten eine unsterbliche Ehre.

Statuen in öffentlichen Processionen umhergetragen. Die Römer hatten im Gebrauch/ daß sie/ in öffentlichen Processionen/ der Götter/ Könige und anderer Durchläuchtigen Personen Bildnussen vom Marckte/ allwo sie beysammen zu stehen pflegten/ nahmen/ sie auf gewisse Pedal stellten/ und durch die Stadt trugen: das Bild des Scipio aber nahmen sie/ wie Appianus meldet/ aus dem Capitolio ; dieweil er/ da er noch im Leben/ mit klärlichen Gründen erwiesen/ daß alle seine Rahtschläge aus göttlichem Geiste herrührten/ und er sich/ gleich als ob Jupiter, was er thun sollen/ ihm vorgeschrieben/ unterweilen gantz allein in dessen/ im Capitolio stehenden/ Tempel verborgen/ des wegen ihm auch daselbst eine Statua aufgerichtet/ von dannen sie niemals gäntzlich weggethan

[Spaltenumbruch] worden: worinnen sich dann die Römer von den Griechen nicht übertreffen lassen; indem sie eine solche Menge Bilder hatten/ daß man ins gemein sich rühmte/ es wären so viel steinerne Statuen zu Rom/ als der Menschen daselbst lebten. So war auch bey vielen eine solche Begierde nach denselben/ daß Sie von allen Orten her/ die schönsten Bilder und Gemählde von den vortrefflichsten Künstlern ihnen bringen liessen/ darmit sie nicht allein die Häuser in Städten/ sondern auch die Strohhütten auf den Dörffern auszierten: welches dann zum Pracht und Verschwelgung auszuschlagen gedeutet worden/ als worvon der alten Römer Sparsamkeit und Mannhafftes Ansehen einen grossen Abscheu gehabt. Um welcher Ursach willen M. Agrippa eine vortrefflich-zierliche oration gehalten/ darinnen er gerahten/ daß man die Gemählde und Bilder aus den Privat-Häusern in ein gemein Stadtgebäu zusammen bringen solte/ welches/ deß Plinius Meinung nach/ viel besser gewesen/ als daß man solche auf die Landgüter verwiesen. Varro bezeuget/ es seyen sehr viel nach des Lucullus Gütern gereist/ bloß aus dieser Ursach/ daß sie die daselbst befindliche herrliche Bilder und Gemählde sehen möchten. Man bauete für solche vor Zeiten sehr bequeme Gemächer; welche Vitruvius sein groß und weit zu machen befiehlt: Ja die Statuen pflegten sie also zu verfertigen/ daß sie/ nach ihren Belieben/ das Haupt herabnemen/ und ein anders drauf setzen konten. Deswegen Suetonius/ als er von dem unerleidlichen Pracht des Caligula redete/ sagt/ daß selbiger/ weil er sich eingebildet/ er übertreffe alle andere Könige und Fürsten sehr weit/ endlich auch angefangen göttlicher Ehre zu begehren/ und befohlen/ daß man den Bildern der Götter/ die man wegen der ihnen gebührenden Furcht und daran befindlicher Kunst verehrte/ nemlich des Jovis Olympii und etlicher anderer/ die Häupter herabnehmen/ und seines drauf setzen solte. Lampridius erzehlt/ es habe Kayser Commodus deß Neronis Colosso das Haupt abnehmen/ und seines drauf fügen lassen.

Statuen oder Gemählde bey den Römern für sehr heilig gehalten. Uber diß hielte man die öffentlich aufgestellte Statuen und Gemählde/ wessen sie auch waren/ alle für heilig/ und durffte sie kein Mensch von ihrer Stelle verrucken/ oder wanckend machen/ wie Cicero wider den Verres schreibet/ worzu er der Rhodier Exempel anfuhret/ die/ ungeachtet sie einen Krieg wider den Mithridates angefangen/ und ihn heftig verfolgt/ sie dannoch dessen Statuam oder Bildnus/ so auf dem vornemsten Platz der Stadt stunde/ nicht verrucken/ ja auch nicht berühren lassen. Der Könige oder Fürsten Bildnussen aber/ hatten über dis noch diese Praerogativ, daß wann iemand seine Zuflucht dahin nahm/ er wider allen Gewalt gesichert war/ und von dannen/ wider seinen Willen/ nicht kunte weggenommen werden: Jedoch[Spaltenumbruch] hat dieses des M. Antonii Sohne keines weges etwas heissen mögen; dann Augustus ihn/ wie Suetonius bezeuget/ als er zu des Kaysers Bildnus geflohen/ von dar wegreissen und tödten lassen. Diese Bildnussen wurden unterweilen von den Künstlern nackend/ zum öfftern aber bekleidet ausgehauen/ bisweilen auch wol gantz mit Golde überzogen. Der aber das erste Bild in Italien also übergülden lassen/ soll/ nach des Plinius Aussage/ Acilius Glabrio gewesen seyn/ als welcher es seinem Vater/ dem Glabrio zu Ehren ausrichten lassen.

Warum die Bilder/ Gemählde oder Statuen nackend. Alexander Aphrodyseus hält dafür/ es seyen der Götter und Könige Bildnusse vor Alters nackend aufgerichtet worden/ dardurch anzudeuten/ daß deren Gewalt allen bloß und entdeckt/ und die Könige oder Fürsten aufrichtiges Gemüts/ mit Lastern durchaus nicht befleckt/ auch ohne allen Betrug seyn solten. Plinius erzehlet/ die Griechen haben diesen Gebrauch gehabt/ daß sie die Bilder alle nackend aufrichten lassen. Die Römer aber haben ihnen Brustharnische anzuziehen pflegen; dann sie anfänglich keinem einig Bild oder Statuen aufgerichtet/ als der es durch eine sonderbare That verdient gehabt/ damit also seines Namens Gedächtnus auf die Nachkommen mit gutem Ruhm fortgepflantzt würde: welches aber nachgehends nicht allezeit beobachtet worden; zumalen ihrer vielen um einer gantz andern Ursach/ als einiger Gemühts-Tugend Von wem die Statuen oder Bilder und Gemählde verachtet worden. willen/Statuen aufgerichtet worden. Weswegen Cato dieselben iederzeit verachtet/ und als er von einem gefragt worden/ warum man doch unter so vielen seines gleichen Bildnussen/ keine von ihm sähe/ er/ wie Marcellinus erzehlet/ gesagt haben solle: es wäre ihm lieber/ daß ehrliche Leute sich verwunderten/ warum ihm keine Bildnus aufgerichtet würde/ als daß sie sich schämten/ die Ursach zu sagen/ warum er eine hätte. So soll Agesilaus/ nach des Xenophon Zeugnus/ die Ehre der Statuen gleichfalls mit diesen Worten abgeschlagen haben: Die Statuen erwerben zwar den Künstlern/ die sie verfertiget/ ein sonderbares Lob/ mir aber sind vortreffliche Thaten eine unsterbliche Ehre.

Statuen in öffentlichen Processionen umhergetragen. Die Römer hatten im Gebrauch/ daß sie/ in öffentlichen Processionen/ der Götter/ Könige und anderer Durchläuchtigen Personen Bildnussen vom Marckte/ allwo sie beysammen zu stehen pflegten/ nahmen/ sie auf gewisse Pedal stellten/ und durch die Stadt trugen: das Bild des Scipio aber nahmen sie/ wie Appianus meldet/ aus dem Capitolio ; dieweil er/ da er noch im Leben/ mit klärlichen Gründen erwiesen/ daß alle seine Rahtschläge aus göttlichem Geiste herrührten/ und er sich/ gleich als ob Jupiter, was er thun sollen/ ihm vorgeschrieben/ unterweilen gantz allein in dessen/ im Capitolio stehenden/ Tempel verborgen/ des wegen ihm auch daselbst eine Statua aufgerichtet/ von dannen sie niemals gäntzlich weggethan

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 7/0059] worden: worinnen sich dann die Römer von den Griechen nicht übertreffen lassen; indem sie eine solche Menge Bilder hatten/ daß man ins gemein sich rühmte/ es wären so viel steinerne Statuen zu Rom/ als der Menschen daselbst lebten. So war auch bey vielen eine solche Begierde nach denselben/ daß Sie von allen Orten her/ die schönsten Bilder und Gemählde von den vortrefflichsten Künstlern ihnen bringen liessen/ darmit sie nicht allein die Häuser in Städten/ sondern auch die Strohhütten auf den Dörffern auszierten: welches dann zum Pracht und Verschwelgung auszuschlagen gedeutet worden/ als worvon der alten Römer Sparsamkeit und Mannhafftes Ansehen einen grossen Abscheu gehabt. Um welcher Ursach willen M. Agrippa eine vortrefflich-zierliche oration gehalten/ darinnen er gerahten/ daß man die Gemählde und Bilder aus den Privat-Häusern in ein gemein Stadtgebäu zusammen bringen solte/ welches/ deß Plinius Meinung nach/ viel besser gewesen/ als daß man solche auf die Landgüter verwiesen. Varro bezeuget/ es seyen sehr viel nach des Lucullus Gütern gereist/ bloß aus dieser Ursach/ daß sie die daselbst befindliche herrliche Bilder und Gemählde sehen möchten. Man bauete für solche vor Zeiten sehr bequeme Gemächer; welche Vitruvius sein groß und weit zu machen befiehlt: Ja die Statuen pflegten sie also zu verfertigen/ daß sie/ nach ihren Belieben/ das Haupt herabnemen/ und ein anders drauf setzen konten. Deswegen Suetonius/ als er von dem unerleidlichen Pracht des Caligula redete/ sagt/ daß selbiger/ weil er sich eingebildet/ er übertreffe alle andere Könige und Fürsten sehr weit/ endlich auch angefangen göttlicher Ehre zu begehren/ und befohlen/ daß man den Bildern der Götter/ die man wegen der ihnen gebührenden Furcht und daran befindlicher Kunst verehrte/ nemlich des Jovis Olympii und etlicher anderer/ die Häupter herabnehmen/ und seines drauf setzen solte. Lampridius erzehlt/ es habe Kayser Commodus deß Neronis Colosso das Haupt abnehmen/ und seines drauf fügen lassen. Uber diß hielte man die öffentlich aufgestellte Statuen und Gemählde/ wessen sie auch waren/ alle für heilig/ und durffte sie kein Mensch von ihrer Stelle verrucken/ oder wanckend machen/ wie Cicero wider den Verres schreibet/ worzu er der Rhodier Exempel anfuhret/ die/ ungeachtet sie einen Krieg wider den Mithridates angefangen/ und ihn heftig verfolgt/ sie dannoch dessen Statuam oder Bildnus/ so auf dem vornemsten Platz der Stadt stunde/ nicht verrucken/ ja auch nicht berühren lassen. Der Könige oder Fürsten Bildnussen aber/ hatten über dis noch diese Praerogativ, daß wann iemand seine Zuflucht dahin nahm/ er wider allen Gewalt gesichert war/ und von dannen/ wider seinen Willen/ nicht kunte weggenommen werden: Jedoch hat dieses des M. Antonii Sohne keines weges etwas heissen mögen; dann Augustus ihn/ wie Suetonius bezeuget/ als er zu des Kaysers Bildnus geflohen/ von dar wegreissen und tödten lassen. Diese Bildnussen wurden unterweilen von den Künstlern nackend/ zum öfftern aber bekleidet ausgehauen/ bisweilen auch wol gantz mit Golde überzogen. Der aber das erste Bild in Italien also übergülden lassen/ soll/ nach des Plinius Aussage/ Acilius Glabrio gewesen seyn/ als welcher es seinem Vater/ dem Glabrio zu Ehren ausrichten lassen. Statuen oder Gemählde bey den Römern für sehr heilig gehalten. Alexander Aphrodyseus hält dafür/ es seyen der Götter und Könige Bildnusse vor Alters nackend aufgerichtet worden/ dardurch anzudeuten/ daß deren Gewalt allen bloß und entdeckt/ und die Könige oder Fürsten aufrichtiges Gemüts/ mit Lastern durchaus nicht befleckt/ auch ohne allen Betrug seyn solten. Plinius erzehlet/ die Griechen haben diesen Gebrauch gehabt/ daß sie die Bilder alle nackend aufrichten lassen. Die Römer aber haben ihnen Brustharnische anzuziehen pflegen; dann sie anfänglich keinem einig Bild oder Statuen aufgerichtet/ als der es durch eine sonderbare That verdient gehabt/ damit also seines Namens Gedächtnus auf die Nachkommen mit gutem Ruhm fortgepflantzt würde: welches aber nachgehends nicht allezeit beobachtet worden; zumalen ihrer vielen um einer gantz andern Ursach/ als einiger Gemühts-Tugend willen/Statuen aufgerichtet worden. Weswegen Cato dieselben iederzeit verachtet/ und als er von einem gefragt worden/ warum man doch unter so vielen seines gleichen Bildnussen/ keine von ihm sähe/ er/ wie Marcellinus erzehlet/ gesagt haben solle: es wäre ihm lieber/ daß ehrliche Leute sich verwunderten/ warum ihm keine Bildnus aufgerichtet würde/ als daß sie sich schämten/ die Ursach zu sagen/ warum er eine hätte. So soll Agesilaus/ nach des Xenophon Zeugnus/ die Ehre der Statuen gleichfalls mit diesen Worten abgeschlagen haben: Die Statuen erwerben zwar den Künstlern/ die sie verfertiget/ ein sonderbares Lob/ mir aber sind vortreffliche Thaten eine unsterbliche Ehre. Warum die Bilder/ Gemählde oder Statuen nackend. Von wem die Statuen oder Bilder und Gemählde verachtet worden. 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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/59>, abgerufen am 28.04.2024.